Todesfeuer
fuhr gerade rückwärts auf einen Behindertenparkplatz, als wir eintrafen. Außer unseren waren keine anderen Fahrzeuge in Sicht. Die Tür des Vans glitt zurück, eine Rampe wurde ausgefahren. Bis wir aus unserem Zivilfahrzeug gestiegen waren, war Holman bereits mit seinem Stuhl heruntergerollt und betrachtete die Brecher.
Er trug Turnsachen, die seinen kräftigen Oberkörper betonten und mit den dünnen Beinen das Gleiche versuchten. Sein Bart war ordentlich gestutzt, die Haare waren mit Gel an den Kopf geklatscht, damit sie dem Wind widerstanden.
Wir bauten uns zwischen seinem Rollstuhl und dem Sand auf.
»Danke, dass Sie gekommen sind, meine Herren. Hierher gehe ich immer, wenn ich ausspannen will.«
»Was haben Sie auf dem Herzen, Professor?«
Holman betrachtete einen einsamen Strandläufer, der parallel zur Hochwassermarke ging und mit einem Metalldetektor im Sand herumstocherte. Er blieb stehen und untersuchte etwas Glänzendes, warf es dann wieder weg.
»Ich sehe die Vögel ständig hier draußen«, sagte Holman. »Keiner von ihnen findet irgendwas.« Er lächelte. »Vielleicht ist ja schon alles entdeckt worden.«
»Ach, ich weiß nicht, Sir«, sagte Milo. »In meinem Beruf stoße ich ständig auf Neues.«
»Schön für Sie.« Holman leckte sich die Lippen. »Diese Sache ist äußerst schwierig, aber ich habe das Gefühl, dass ich sie loswerden muss.«
Er trommelte mit seinen dicken Fingern auf die Räder seines Rollstuhls. »Eins möchte ich von vornherein klarstellen: Ich liebe meine Frau. Sie sorgt gut für mich.«
Die letzten drei Worte klangen schärfer als beabsichtigt. »Warum sollte ich mich beklagen, wenn auch sie gewisse Bedürfnisse hat?« Holmans breite Brust hob und senkte sich. »Wie viele Menschen in unserer Situation machen Marjie und ich uns gegenseitig etwas vor. Sie tut so, als ob ihr das, was wir einst hatten, nicht fehlen würde, und ich tue so, als wüsste ich nicht, dass sie nur so tut als ob.« Er holte Luft. »Achtunddreißig gemeinsame Jahre haben unsere Beziehung gefestigt.«
»Nachvollziehbar«, sagte Milo.
»Deshalb mache ich ihr keine Vorwürfe«, sagte Holman. »Ich will nicht behaupten, dass es mich nicht stört, aber es quält mich auch nicht.«
Der Strandläufer hob etwas anderes hoch. Hielt es ins Licht. Warf es weg.
Holman verfolgte es zufrieden. Wurde grimmig. »Diejenigen, die mich geärgert haben, waren so genannte Freunde von mir, und selbst da bin ich mir darüber im Klaren, dass es unvernünftig ist. Zwei Männer vor allem, aus unserem Bekanntenkreis. Nach meinem Unfall hat sich mein Verhältnis zu ihnen verändert, weil es hauptsächlich auf Tennis, Basketball und Squash beruhte, all den schönen Sachen.«
Ein Reiher schwang sich gen Westen auf. Ein blaugrauer Pterodactylus mit nadelspitzem Schnabel und über anderthalb Metern Spannweite. Wenn er meinen Koiteich heimsuchen würde, wäre der Vogel mein ganz persönlicher Feind. Hier draußen war er ein herrliches Lebewesen.
»Ich lasse mich darüber aus, weil ich möchte, dass Sie Marjie verstehen. Sie ist keine Schlampe, sie ist eine prima Frau.«
Mit einem Druckknopf drehte er den Rollstuhl von uns weg. Wir stellten uns wieder vor ihn. Die im Westen stehende Sonne umgab seinen massigen Leib mit einer silbern leuchtenden Aura.
»Manchmal folge ich ihr, wenn sie ausgeht«, sagte er. »Nicht immer, nicht einmal oft. Ich weiß nicht, warum ich es mache. Vielleicht, weil das Haus auf eine so unangenehme Art und Weise still wird, wenn sie weg ist. Wie eine Leichenhalle, und wenn ich alleine bin, komme ich mir vor wie sterbenskrank. Marjie macht es mir leicht, sie ist ein Gewohnheitstier, landet immer an den gleichen Orten.«
Milo schaute mich an.
»Wo, Professor Holman?«, sagte ich.
»In diskreten Motels, wie man so schön sagt«, erwiderte Holman. »Am Washington Boulevard, nahe der Marina, in einem von vier noblen Etablissements. Ich postiere mich auf der anderen Straßenseite, dann kann ich direkt zu ihnen reinsehen. Früher habe ich mir immer eingeredet, ich würde das alles Marjie zuliebe tun. Damit ihr nichts passiert. Das ist natürlich Blödsinn. Ich tue es, um mir vorzumachen, ich hätte alles im Griff. Allerdings muss ich sagen, dass ich es mittlerweile ziemlich satt habe. Vielleicht hat Marjie es eines Tages ja ebenfalls satt.«
»Vier Motels«, sagte ich, »aber es gab eine Ausnahme.«
Holman richtete seine hellblauen Augen auf mich. »Ich schwafle hier herum, und Sie wissen bereits die
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