Todesfeuer
bereits vor einer Mordanklage gerettet, was ist da schon ein weiteres Paar, zweitausend Meilen weit weg?«
»Außerdem ist er ein Diktator«, sagte Reed, »der gewöhnt ist, seinen Kopf durchzusetzen.«
»Ein Diktator, der seinen Palast für die Bauern öffnet, weil er sich darüber im Klaren ist, dass er auf Sand gebaut ist«, sagte ich. »Irgendwelches Gerede darüber, dass Teddy ein Mädchen ermordet hat und ungestraft davongekommen ist, könnte den Sand bedenklich in Bewegung bringen.«
Milo stand auf und begann, auf und ab zu gehen. »Eine großartige Story, die hoffentlich nicht stimmt«, knurrte er, »denn wie wollen wir jemals an so jemand rankommen? Außerdem stellt sich die gleiche große Frage: Wenn der Bauplatz an der Borodi Lane ein Tatort war, warum hat ihn dann der Sultan nicht abgestoßen? Warum lässt man ihn von einem lahmen, unbewaffneten Schlappschwanz bewachen? Und warum nicht einmal rund um die Uhr?«
»Was ist, wenn die Leiche dort begraben ist?«, sagte Reed.
»Umso mehr, Moses. Grab sie aus, beseitige sie, zieh weiter. Warum behält er das Grundstück?«
Darauf hatten weder Reed noch ich eine Antwort.
Ich holte mein Handy heraus. Kurz darauf beendete ich ein frostiges Gespräch mit Elena Kotsos. »Sie ist sich sicher, dass Brigid keine Europäerin war. »Reinrassige Amerikanerin< - so hat sie sich ausgedrückt. Was sie eindeutig für eine Beleidigung hält.«
Milo setzte sich wieder. »Moses, spannen Sie das Netz über den gesamten Staat aus. Und danke, dass Sie das ausgegraben haben. Gut gemacht.«
»Das ist meine Aufgabe, Lieutenant.«
»Hey, mein Junge, denken Sie dran, was ich Ihnen immer sage?«
»Nimm jedes Lob mit, aber keine Vorwürfe.«
»Besser als Prozac, mein Junge. Und nun zischen Sie ab.«
17
Milo ging auf Bildersuche nach dem Sultan und Prinz Tariq.
Sie waren zwei eher kleine Männer, die einander ähnelten, mit jungenhaften Gesichtern, gespaltenem Kinn, gepflegtem Schnurrbart. Beide lächelnd und in vollem Lametta. Der Sultan mit entschlossenem Blick. Der Gesichtsausdruck des Bruders wirkte trotz der ebenmäßigen weißen Zähne eher unbehaglich.
Milo druckte die Bilder aus und surfte weiter, weibliches skandinavisches mordopfer u.s.a.
Der Hinweis auf eine junge Frau aus Göteborg, die seit drei Jahren vermisst wurde, wirkte vielversprechend. Inge Samuelson hatte als Barhostess in diversen europäischen und asiatischen Städten gearbeitet, hatte es zuletzt in Las Vegas versucht und war auf einmal verschwunden. Aber am Schluss die gute Nachricht: Sie war in Neuseeland wiederaufgetaucht, lebte in einer Kommune und hütete Schafe.
»Die Glückliche«, sagte Milo. »Südpazifik, dazu das ganze Lanolin.«
Das Telefon klingelte. Sean Binchy sagte: »Hey, Lieutenant, zu guter Letzt ist es mir doch gelungen, die Personalunterlagen von Beaudry rauszuleiern. Die haben zwar schwer gemauert, aber nur solange, bis ich ihnen gedroht habe, mich an die Presse zu wenden und das Ganze als Bauskandal zu bezeichnen.«
»Sehr kreativ, Sean.«
»Eigentlich wollte ich bloß einen Witz machen, aber die haben sofort angebissen. Zwei der Anzugträger, mit denen ich zu tun hatte, sind daraufhin in einem Büro verschwunden. Sie müssen einen Anwalt angerufen haben, denn als sie wieder rausgekommen sind, haben sie bekanntgegeben, dass sich der Maulkorbvertrag nicht auf Subunternehmer bezieht, deshalb könnten sie mir die Namen nennen, wenn sie sie gefunden hätten. Das würde allerdings eine Weile dauern, da es keine zentrale Liste gäbe. Ich habe gesagt, ihr übernehmt Regierungsprojekte, ich habe Freunde bei der Einwanderungsbehörde, die sich für illegale Bauarbeiter ziemlich interessieren. Worauf sie noch mal nachgeschaut und dann gesagt haben: >Ob Sie’s glauben oder nicht, aber wir haben doch eine Liste.< Der Haken ist nur, dass sie ihre sämtlichen alten Unterlagen in Costa Mesa aufbewahren. Ich mache mich sofort auf den Weg dorthin, aber bei dem Verkehr wird das eine Weile dauern.«
»Höchste Zeit für ein bisschen Skapunk, Sean.
»Pardon?«
»Hören Sie eine CD im Auto, kehren Sie zurück zu Ihren Wurzeln. Das wird Ihnen die Fahrt versüßen.«
»Ich habe einen Haufen Downloads. Third Day, Mercy-Me, Switchfood. Alles glaubensorientiert, Lieutenant.«
»Ich könnte im Moment ein bisschen Glauben gebrauchen, Sean.«
Milo wandte sich wieder dem Bildschirm zu und dehnte seine Suche nach weiblichen Opfern auf ganz Europa aus. Er hatte sich durch eine unergiebige
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