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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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Lust auf ausführlichere Erklärungen. »Na ja, so kann man das nicht sagen. Es hat halt einfach nicht mehr gepasst.«
    Sie nickte, ruckelte an ihrer hellblauen Brillenfassung und sah mich traurig an.
    »Wie schade!« Sie griff nach meinem Oberarm. »Denn ich hab dich wirklich gern, Tabea. Du bist so ein nettes Mädchen. Herrje, ich kann’s gar nicht glauben.«
    »Ja, tut mir leid. Aber so was passiert ab und an.« Wie altklug ich klingen konnte. Frau Würster nickte bestätigend zu meinen Worten.
    »Richtig. Und andere Mütter haben ja auch schöne Töchter. Der Max wird nicht lange allein sein«, sagte sie dann, drehte sich um und stieg in ihren Wagen.
    Wider besseres Wissen sah ich ständig auf mein Handy. Keine SMS, kein verpasster Anruf. Auch mein E-Mail-Account verzeichnete keine nennenswerten Eingänge. Ich las mich ein bisschen durch Facebook und wurde geradezu mütterlich besorgt, als ich mir Annikas Einträge und Fotos ansah, die sie hochgeladen hatte. Auf einem sah sie deutlich betrunken aus. Auf einem anderen präsentierte sie einen tiefen Blick in ihr Dekolleté, ein weiteres zeigte sie beim Knutschen – mit ihrer besten Freundin Dorothee. Ihre Einträge bestanden zum größten Teil aus Icons, Hunderten von »geil«, »wow« und »OMG« und waren ansonsten ziemlich inhaltsleer. Ich fand Facebook größtenteils doof und nutzte es nur, weil es praktisch war, um mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die man sonst selten sah. Ich war mit allen möglichen politischen Gruppierungen befreundet, sodass ich immer nachschauen konnte, wo irgendwelche Demos oder Flashmobs geplant waren, was es für Unterschriftenlisten gegen Flughafenstartbahnen oder Kürzungen im Sozialbereich gab. Ich hatte nur mein Profilfoto eingestellt und auf dem war mein Gesicht mit einer Antiatomkraft-Sonne angemalt. Spaßeshalber gab ich David Liebig ein – aber natürlich gab es viel zu viele. Einige – aus Bangalore in Indien etwa – fielen gleich raus, bei anderen waren die Infos so knapp, dass ich ihn darin nicht erkennen konnte. Und außerdem – ich wusste doch, dass er mit Internet und dem ganzen Zeug nichts am Hut hatte. Dieser Mistkerl, dachte ich dann. Wieso behandelt er mich so? Irgendwie kann man doch immer eine ganz kurze Nachricht schicken, wenn man es wirklich will. Verdammt!
    Der Nachmittag kroch ganz langsam und verwandelte sich in einen samtig warmen Abend. Wir schmissen den Grill auf der Veranda an und legten Würstchen neben Gemüse-Schafskäse-Spießen darauf. Juli zupfte emsig frischen Pflücksalat aus dem Garten und verschiedene Kräuter dazu. Sie liebte es zu ernten, und wir mussten sie oft bremsen, sonst hätte sie Salat für 25 Leute gemacht. Eigentlich hätte es ein angenehmer Abend sein können, nicht mal Annika nervte mit ihrem üblichen Gezicke. Juli brachte mir Coolpacks für mein Knie und hatte großen Spaß, meine Krankenschwester zu spielen. Sie umwickelte meine Verletzung mit Verbänden, packte sie wieder aus, tauschte die Coolpacks aus, schmierte hingebungsvoll Salbe darauf und küsste die Schrunden auf meinem Schienbein. »Dann wird das schnell heile«, sagte sie.
    »Wie war’s beim Laufen heute?«, fragte ich.
    »Gut«, antwortete sie schlicht. Ich nahm ihr die Brille von der Nase und putzte sie. Wie immer war sie ziemlich verschmiert, aber dafür erstaunlich unversehrt. Juli benötigte meist drei Brillen im Jahr, weil die Gestelle ständig verbogen, zerbrachen oder die Gläser kaputtgingen.
    Nach längeren Gesprächen stand mir heute nicht der Sinn, ich verfolgte unkonzentriert Annikas Schilderungen aus der Berufsschule und das, was Juli aus ihrer Waldorfschule erzählte, wohin sie seit sieben Jahren ging. Ich stellte mir vor, wie es gleich klingeln würde oder er einfach so um die Ecke gelatscht käme. Mein Herz erfand einen Blumenstrauß dazu, den er in Händen halten würde. Aber nichts geschah.
    »Ich gehe schlafen«, verkündete ich um kurz vor zehn, es war noch nicht einmal richtig dunkel. Alle schoben meine angebliche Müdigkeit auf mein Bein.
    Ich wollte allein sein, nachdenken. Auch wenn ich das schon den ganzen Tag getan hatte. Völlig ergebnislos.
    Ich ließ mich auf das schon etwas durchgesessene Sofa mit den orange-lila gemusterten Kissen und der türkisblauen Tagesdecke darauf fallen, das unter dem geöffneten Fenster stand. Mein Lieblingsplatz. Hinter mir rauschten zärtlich die Bäume im Garten. Ich hatte das ganze Zimmer im Blick, dessen orientalische Pracht sicher manchen erschlagen

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