Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
Vom Netzwerk:
für mich … und, äh, für Sie.« Seine Stimme erstarb und er spielte mit dem Becher in seinen Händen.
    »Haben Sie eigentlich den Brief da?«, fiel mir ein. »Irgendetwas kam mir komisch vor, ich weiß nur nicht, was.« Frau Rahimi stand auf, verließ kurz den Raum und kehrte mit dem Blatt Papier zurück. Sie reichte es mir.
    Berivan verstand nicht viel, sie malträtierte Davids Locken – zog und zwirbelte, kniff und versuchte, ihn zu kitzeln.
    Ich starrte auf die beiden Fotos. Ganz klar, das große war wirklich vor ein paar Wochen entstanden – ich war selbst dazugekommen, als David Berivan hochgehoben hatte, damit sie die Blumen gießen konnte. Mir war an der Situation nichts seltsam vorgekommen. Der kleine Ausschnitt zeigte etwas ganz anderes. Ich sah auf den Bund der pinkfarbenen Badehose, unter dem sich die Finger hindurchquetschten. Widerwärtig. Ich schaute mir erneut das große Foto an. Irgendein Unterschied war da – es war wie so ein Rätsel für Kinder: Finde fünf Fehler. Man musste nur konzentriert genug schauen. Und dann sah ich es. Wenn man es einmal hatte, wunderte man sich, warum einem der Fehler nicht sofort aufgefallen war.
    »David«, sagte ich aufgeregt. »Schau mal.« Ich deutete auf die Badehose auf dem großen Bild. »Siehst du das? Diesen Streifen da rechts? Das ist der Wasserschlauch.«
    Er runzelte die Stirn, nickte.
    »Und jetzt da – auf der Ausschnittsvergrößerung.«
    »Da ist der Schlauch weg«, sagte er.
    »Genau«, ich war total aufgeregt. »Schau mal, auf dem Originalbild verläuft der Schlauch wie ein Streifen über die Badehose, er berührt beinahe die Finger. Das heißt, der müsste in der Ausschnittsvergrößerung auch zu sehen sein.« Berivans Mutter war aufgestanden und sah mir über den Rücken.
    »Aber auf der Vergrößerung ist die Badehose durchgehend pink, da ist der Schlauch weg«, ergänzte sie.
    David schüttelte den Kopf. »Da hat jemand an den Fotos rumgebastelt. Irgendetwas zusammenkopiert, was gar nicht zusammengehört!«, rief ich.
    David schien skeptisch. »Aber woher hat derjenige das Grapscher-Bild?«
    »Na, die bekommst du in einschlägigen Kreisen doch an jeder Netzecke.«
    »Reicht das als Beweis?«
    Ich zuckte die Achseln. Keine Ahnung …
    Aber Frau Rahimi setzte sich neben David und nahm seine Hand. »Ich glaube Ihnen«, sagte sie ruhig. »Ich sehe mein Kind unbesorgt mit Ihnen umgehen und ich sehe, da ist ein Foto, mit dem eindeutig etwas nicht stimmt. Ich jedenfalls werde Sie nicht anzeigen und auch den Kindergarten bitten, Ihnen zu glauben.«
    »Danke«, sagte David und sah sie völlig erstaunt an. »Vielen Dank! Das … äh, hätte ich nicht erwartet.«
    Ich grinste von einem Ohr zum andern, schnappte mir Berivan und tanzte mit ihr durchs Zimmer. Sie quiekte vergnügt, riss sich aber los und stürzte sofort wieder auf David zu.
    »Ich will, dass du wieder bei uns bist im Kindergarten«, sagte sie mit ernstem Gesicht. »Kommst du wieder?«
    »Ich hoffe es«, antwortete David und erstmals seit Tagen strahlten seine türkisblauen Augen hoffnungsfroh.
    »Meinst du, wir überzeugen die Schneider und die Eisenstädter?«, fragte David trotzdem unsicher, als wir von Berivans Haus in Richtung Bushaltestelle liefen.
    »Die Eisenstädter bestimmt. Bei der Schneider bin ich mir nicht sicher. Aber es ist ja eh voll die finanzielle Krise ausgebrochen. Wer weiß, wie es mit dem ganzen Verein weitergeht. Ich glaube, sie werden gottfroh sein, wenn da nicht noch irgendwelche Skandale dazukommen.«
    »Scheiß-Gefühl«, sagte David finster.
    »Warum sagst du mir …«, hob ich an. Und stockte. Bohr nicht immer rum, redete ich mir ein. Ich wusste, dass er mir nichts darüber sagen würde, wen er hinter dieser Schmutzkampagne vermutete.
    »Was?«, fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Nichts weiter.
    »Rrrring«, machte mein Handy und zeigte damit den Eingang einer SMS an. Ich hoffte, sie wäre von Toni, die sich endlich dazu bequemte, ein Date mit mir auszumachen.
    Der Posteingang vermeldete ein Foto. Ich klickte es an und es dauerte ein paar Sekunden, bis es scharf zu sehen war. Beinahe hätte ich das Handy fallen lassen. War das ein wüster Albtraum? David musterte mich irritiert.
    »Was ist los?« Stumm reichte ich ihm das Gerät. Es war nur ein Foto, ein weiteres mieses, kleines Foto. Im Gegensatz zu Berivans Bild war dies hier aber garantiert authentisch. Ich hatte das Gefühl, meine Welt ging immer weiter unter. Wie die Sonne sank sie dem Abgrund entgegen.

Weitere Kostenlose Bücher