Todesflirt
deinen Mörder finden und vernichten! Du warst einer unserer Besten …« Robin war ermordet worden? Ich kam mir vor wie im falschen Film. Scheiße! Da unten saß ein Typ, der einen Freund durch einen Mord verloren hatte! Irgendwie schämte ich mich, weil ich immer so unfreundlich zu Torsten war, auch wenn mir klar war, dass ich von seinem Schicksal ja nichts hatte ahnen können. Tabea, schimpfte ich mich, verurteile Menschen nicht immer so schnell, nur weil sie komisch angezogen rumlaufen. Und ich musste zugeben, dass ich vor allem Menschen gegenüber, die konservativ wirkten, so kritisch war. Einem Rastafari wäre ich sicher weitaus offener begegnet als diesem pseudoalpenländischen Möchtegern-Bayern auf unserer Terrasse.
Wer wohl die Einträge auf Robins Seite nach seinem Tod gepostet hatte? Gruselige Vorstellung: Man war tot, aber die eigene Seite im Internet noch lebendig. Ob er eine Freundin gehabt hatte? Oder schrieb etwa Torsten auf der Seite? Gerade als ich mir Robins Freundesliste anschauen wollte, rief meine Mutter von unten zum Abendessen. Irgendwie interessierte mich, was Torsten sonst so auf seiner Facebook-Seite von sich gab, und ich schickte ihm kurzentschlossen eine Freundschaftsanfrage. Vielleicht konnte das meine Vorurteile ja weiter entkräften. Sollte keiner behaupten, ich wäre nicht lernfähig. Als ich den Computer runterfuhr, spürte ich, wie sehr mir der Kopf juckte, so wie schon öfter in den letzten Tagen. Bestimmt die Hitze. Ich gab dem Bedürfnis nach und fuhr mit meinen kurzen Fingernägeln kräftig über die Kopfhaut – ah, das tat gut!
Bald wird er zum endgültigen Schlag ausholen. Langsam ist der Verräter mürbe und müde. Er hat es gesehen, als sie sich neulich das erste Mal Auge in Auge gegenüberstanden, umtost von den verbotenen Akkorden, gebettet in die Worte der Macht. Das war nicht geplant gewesen und er hätte es gerne vermieden. Er hatte auf den Überraschungsschlag gehofft. Aber die Angst in seinen Augen abzulesen – das war gut gewesen. Er hatte dem Verräter noch einmal klargemacht, dass er erst Ruhe finden würde, wenn er den Beweis abliefern würde. Der Verräter hatte sich in die Höhle des Löwen wagen müssen, in seine Höhle, und er hatte gesehen, dass er keine Chance haben würde. Kein Wunder, dass er so schnell abgehauen war, mit hängenden Schultern. Keine gute Voraussetzung für den Kampf. Aber gut für ihn. Bald wird er noch eins draufsetzen. Noch näher kommen. Ganz nah. Er könnte kichern, so freut er sich über seine eigene Genialität. Und so wie es aussieht, kann er seinen Plan ganz alleine in die Tat umsetzen. Es wird keine Mitwisser geben. Wenn der Kampf beendet ist, werden alle Spuren beseitigt und nichts mehr zu beweisen sein. Für die Zukunft hat er einen neuen Plan entwickelt. Er weiß, dass er sich in Acht nehmen muss, mehr als bisher, seine Spuren verwischen. Dass er sich nicht mehr selbst die Hände schmutzig machen darf. Wie leicht kann da was passieren. Einmal nicht aufgepasst – und zack, gibt es Schwierigkeiten. In Zukunft werden die anderen die Dreckarbeit für ihn machen. Dann wird er endlich nach oben schreiten, Schritt für Schritt, unaufhaltsam. Er wird auf große Distanz gehen für einige Zeit, aber er wird zurückkommen, wenn es so weit ist. Auch aus der Ferne wird er Gutes tun können. Sie brauchen doch Leute wie ihn. Die überzeugt sind, die sich nicht vom Weg abbringen lassen. Die andere mitreißen können und dabei auch noch klug sind. Und er wird sich nicht von falschen Versprechungen leiten lassen, sich nicht blenden lassen von den Insignien der Macht. Er wird das alles für sich einsetzen, aber sich nicht verführen lassen. Das machen nur Dumme und Dumme gibt es genug. Wer eine Führungsrolle einnehmen will, der muss klug sein und willensstark. Genau wie er. Die da unten interessieren ihn sowieso nicht. Oben muss man ansetzen, wenn man etwas verändern will. Beinahe hätte es ja schon mal geklappt. Diesmal, mit ihm an der Spitze, wird es mit Sicherheit funktionieren. Denn er ist der Herr über Leben und Tod.
9. Kapitel
Der nächste Arbeitstag war genauso nervig wie der davor. Die Schneider lamentierte und meckerte, Jessica und Regine erwähnten, so oft es ging, Davids angebliches Vergehen. Annegret bemühte sich verbissen um eine harmonische Atmosphäre und ging mir mit ihrem »Dideldü« und »Heitatei« furchtbar auf die Nerven. Was sicher ein wenig ungerecht war. Besser wurde es erst am Mittag, als sich David auf dem
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