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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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hatte, huschte zu ihr, stöhnte erleichtert auf, als ich ihr Atmen wahrnahm. Vorsichtig, dennoch mit unterdrückter Anspannung, flüsterte ich ihren Namen, berührte sie sanft an der Schulter.
    »Annika, wach auf.« Sie begann, sich zu bewegen, gab unwillige Laute von sich, als wolle sie mich verscheuchen wie einen bösen Traum. »Bitte«, flehte ich weiter. »Es ist wichtig.« Mit einem Ruck fuhr sie hoch, knallte fast an mein Kinn und sah mich blinzelnd an.
    »Was ist?«, fragte sie schlaftrunken. Ich streichelte ihre warme Schulter, zog ihre Bettdecke zurecht.
    »Entschuldige«, sagte ich. »Aber du musst mir helfen!«
    »Jetzt? Mitten in der Nacht? Wie spät ist es?« Ich zuckte ratlos die Schultern. Das war doch jetzt egal.
    »Ich glaube, ich weiß, was Davids Geheimnis ist und dass dein Torsten da auch mit drinhängt.«
    Sie fuhr mit den Händen vom Nacken aufwärts durch ihre Haare, rieb sich die Augen.
    »Torsten?«
    »Bitte, Anni«, meine Stimme war drängend. »Sag mir alles, was du über ihn weißt! Ich habe Angst, dass er David was antut.«
    Jetzt war Annika endgültig wach. Sie blinzelte ein paar Mal sehr bewusst und sah mich dann verärgert an.
    »Die kennen sich doch gar nicht!«
    »Doch, ich vermute schon!« Und dann erzählte ich ihr, was ich herausgefunden hatte – was ich glaubte, herausgefunden zu haben.
    »Never!«, sagte Annika am Ende meiner Ausführungen empört. »Der ist doch kein Nazi. Der hat weder ’ne Glatze noch Springerstiefel oder Lonsdale-Klamotten.« Ich schüttelte genervt den Kopf.
    »Mann, so rennen die ja heute auch nicht mehr alle rum. Manchmal siehst du nicht mal, ob einer zu den Linken oder zu den Rechten gehört. Schwarzes Outfit und kurze Haare haben die einen genau wie die anderen. Die Nazis machen zum Teil sogar auf nette Onkels und versuchen, so unauffällig wie möglich zu sein.«
    »Na, mit der Masche gewinnen sie aber auch keine Fans.«
    »Ach, das ist doch viel subtiler. Die verteilen CDs mit rechter Musik auf dem Schulhof, die machen toll auf Lagerfeuerromantik und die Teenies kapieren gar nicht, worauf sie sich da einlassen. Und dann macht es ›schnapp‹ und sie sind gebrainwasht.«
    »Mh. Also, ich habe nicht gemerkt, dass mich Torsten brainwashen würde.«
    »Das ist ja der Trick!«
    »Hey! Ich glaube, du siehst Gespenster! Wer bringt denn hier die Fascho-Shirts an? Dein David! Nicht Torsten!«
    »Bitte, Annika. Glaub mir. Einmal! Ist dir nicht irgendwas komisch an ihm vorgekommen? Ich meine, der fiese Aufkleber, dieser bayerische Look, dann denk mal an die altmodische Badehose …«
    »Mei, er lebt halt traditionelle Werte aus, aber damit ist er doch nicht gleich einer von den Bösen.«
    »Nein, natürlich nicht.« Ich fröstelte langsam und rutschte näher an sie heran, streckte meine kalten Füße unter ihre Decke. Wie oft hatten wir als kleine Mädchen zusammen in einem Bett geschlafen, manchmal sogar zu dritt. Es war uns nie zu eng gewesen. Mir fiel auf, wie groß der Abstand zwischen mir und meiner Schwester inzwischen geworden war. Ich kannte sie kaum noch, wir gingen unserer Wege. Und meinten beide, der jeweils eigene sei der bessere.
    »Bitte, Tabea«, nölte sie jetzt. »Können wir nicht morgen reden? Es ist mitten in der Nacht, ich schreib morgen eine Klausur in Buchführung – lass mich schlafen. Heute Nacht wird sicher keiner abgemurkst. Das ist völlig absurd!« Sie schubste mich aus ihrem Bett.
    Als ich schon fast an der Tür war, rief sie mir zischend nach: »Du musst nicht ständig die Welt retten, echt nicht!«
    Aber wer sollte es denn dann tun?
    Er hat es nicht anders verdient, dieser Verräter. Das muss er jetzt begreifen. Er muss ihm geben, was ihm gehört. Aber er ist störrisch wie ein Esel. Eigentlich war er nie ein guter Soldat. Hatte immer zu sehr seinen eigenen Kopf. Das hätte ihm damals schon auffallen müssen. Und als er sich dann mit Robin, dem Schaf, einließ, war alles zu spät. Wieso hatte er nicht … egal. Das ist vorbei. Robin ist fort und er muss sich nur noch des Problems Malte annehmen. Auch das wird bald gelöst sein. Seine Schlampe ahnt nichts, überhaupt nichts. Ein bisschen einfältig, die Gute. Na, so sind sie eben, diese Gutmenschen. Ihm kommt das Kotzen, wenn er sie sieht. Und ihre bräsigen Schwestern. Glauben wirklich, er habe Blümchen lieb. Zu süß. Aber als Trumpfkarten sind sie nicht zu übertreffen. Der Verräter hat es nie gelernt, sich unabhängig von anderen Menschen zu machen. Im Gegensatz zu ihm.

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