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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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Luisa mit einem Jungen, der wohl Robin war. Die Wangen eng aneinanderschmiegt, Kussmündchen in die Kamera streckend. Luisa, wie sie ihre Locken über Robins kurz geschorenen Kopf ausbreitete. Der große, breitschultrige Robin, wie er Luisa um die schmale Taille griff und sie an sich zog. Bilder aus besseren Tagen. Luisa mit einem anderen Jungen, ebenso kahlköpfig wie Robin, wie er in schwarzen Klamotten. Sie lachten. Doch ihre fröhlichen Mienen wirkten bedroht. Ich zoomte das Bild größer. Ich konnte es nicht glauben. Ich musste mich täuschen. Aber es gab keinen Zweifel. Überhaupt keinen. Der Junge neben ihr, das war David. Nur die Bildunterschrift behauptete das Gegenteil: »Luisa, Malte. Once upon a time …«
    »Bist du seine Freundin?« ploppte die Frage mit einem herzlichen »Pling« in dem kleinen Chatfeld am rechten unteren Bildrand auf. Luisa war online.
    Meine Finger schwebten einen Moment unschlüssig über der Tastatur.
    »Ja. Und du?«, schrieb ich zurück. Mein Nacken war angespannt, meine Schultern ebenso, meine Kehle trocken.
    »Nein, sorry: Oh, ich dachte, du wüsstest, dass ich seine Schwester bin. Seine Zwillingsschwester.«
    Beinahe hätte ich sofort geschrieben: David hat eine Zwillingsschwester???? Ich wählte eine nüchternere Variante. »Ah so«, schrieb ich zurück. »David hat nichts von dir erzählt, sry.«
    »Und alles andere sicher auch nicht, oder? Nicht mal, dass er Malte heißt.« Die Antwort dauerte keine fünfzehn Sekunden.
    »Nein.« Mein Herz fing ganz furchtbar zu pochen an, mir war schlecht. Ich starrte auf den Bildschirm. Los, schreib was, Luisa. Rette mich. David war Malte und Malte war David. Wieso? Es dauerte drei Minuten, eine Zeitspanne so lang wie das Mittelalter.
    »Lass uns mal länger reden. Ich muss jetzt weg, sry. Gib mir deine Nummer. Ich ruf dich morgen so um die Zeit an, okay? CU!«
    Ich bedankte mich, tippte meine Handynummer ein, drückte die Enter-Taste und wartete noch eine Weile. Kein Pling. Kein aufploppendes Fenster. Sie war weg. Und ich allein. Mit meinen vielen Fragen. Mit meiner Unwissenheit. Mit meiner Angst. Wie sollte ich die nächsten 24 Stunden nur überstehen?
    »Komm, Tabi, laufen«, rief Juli vom Fuß der Treppe. Okay, das war schon mal ein Anfang.
    Beinahe wäre ich zu seiner Wohnung gefahren. Nicht, weil ich sehnsüchtig war. Ich wollte diese Fragen beantwortet bekommen, die wie Granatsplitter in meinem Hirn festsaßen und mich bei jeder Bewegung, jedem Satz, den ich sprach, bei jedem Gedanken quälten. Ich konnte es mir gerade noch verkneifen. Auch weil ich nicht wusste, wie ich ihn zum Reden hätte bringen sollen. Sein Wille zu schweigen, war eisern.
    »Tabea«, riss mich meine Mutter aus meinen Gedanken. Auf Haushaltshilfenjobs hatte ich jetzt gar keinen Bock. Doch ihre Stimme klang irgendwie drängend.
    »Komm mal«, rief sie von unten und ich stieg langsam die Treppe hinunter. Vor ihr stand der prall gefüllte Waschkorb mit frischer Wäsche, die sie gerade aus dem Keller hochgeholt hatte. Okay, dann würde ich die eben verteilen. Ihre Lippen waren eine dünne Linie, die Augenbrauen leicht zusammengezogen. Schweigend dirigierte sie mich am Oberarm in die Küche, in der Hand ein T-Shirt. Immer noch stumm, breitete sie es vor mir auf dem Küchentisch aus. Ich betrachtete es und brauchte ein bisschen, bis ich kapierte, was ich da sah.
    »Wo kommt das her?«, wollte meine Mutter wissen. Ratlos hob ich die Schultern. Der Größe nach konnte das T-Shirt nur von einem Mann sein, die Frauen unserer Familie sind alle eher zierlich.
    Auf dem weißen Shirt prangte ein riesiges rotes Hakenkreuz, das in die stilisierte Silhouette eines Landser- oder Soldatenprofils überging. Darunter stand in martialischen Runenbuchstaben »Nicht länger verstecken. Endlich 18!«.
    Ein Nazi-T-Shirt! Nervös fuhr ich mit den Fingern über die Embleme. An manchen Stellen war die schwarze Schrift noch nicht ganz zum Vorschein getreten, sondern von weißen Partikeln verschleiert.
    »Ich hab keine Ahnung«, sagte ich gedehnt. »Von mir kommt das nicht. Frag doch mal Annika. Dieser Torsten ist eh ein total komischer Vogel.«
    »Immerhin ist er offen und freundlich. Im Gegensatz zu deinem David.«
    »Mhm und er hat einen ›Todesstrafe-für-Kinderschänder‹-Aufkleber auf seinem Auto. Dem passt das T-Shirt sicher!«
    »Aber er hat keinen Grund, in unserem Haus ein T-Shirt auszuziehen. Soviel ich weiß, ist er mit Annika nur befreundet. Während David hier ja schon

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