Todesflut: Thriller
sah sich auf dem leeren Dach um. »Wo sind die anderen?«
»Wir brauchen Sie, Sie müssen mitkommen.«
»Was? Wohin?«
»Ein Mann ist verletzt. Allein schaffen wir es nicht, ihn zu tragen.«
»Machen Sie einen Witz?«
»Was glauben Sie?« Sie wrang ihr Jackett aus, wie um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
»Ich kann den Helikopter nicht allein hier stehen lassen.«
»Was ist mit Ihnen?«, fragte Rachel die sportliche Kamerafrau. »Er ist bewusstlos und zu schwer für uns drei. Zu viert wäre es nur eine Frage von Minuten.«
Die Kamerafrau hatte schweigend zugehört.
»Ich bin kein Sani, ich soll filmen.«
»Wir brauchen nur Hilfe beim Tragen.«
Die Kamerafrau wandte sich zum Piloten. »Bei dem Anruf war nicht die Rede davon, dass wir den Hubschrauber verlassen sollen.«
»Bitte«, sagte Rachel. »Er stirbt sonst.«
»Wissen Sie, wie viele Menschen heute schon gestorben sind?«
»Wollen Sie, dass es noch mehr sind?« Rachel deutete auf das Meer, das sich bereits wieder zurückzog. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
Die Kamerafrau dachte nach, seufzte und legte die Kamera auf den Sitz.
»Hoffen wir, dass ich ein paar gute Aufnahmen machen kann. Wo ist er?«
»Danke. Hier lang.«
Rachel führte sie die Treppe hinunter.
Unterwegs rief sie Kai an und informierte ihn über die Hundert-Meter-Welle, die auf dem Weg nach Hawaii war, und dass Reggie ihnen einen Helikopter geschickt hatte.
»Steigst du gerade ein?«
»Nein, bei uns ist ein Verletzter. Jemand hilft, ihn aufs Dach zu tragen.«
»Mit wem sprechen Sie?«, fragte die Kamerafrau.
»Meinem Mann. Er ist auf dem Dach eines anderen Gebäudes.«
»Wir haben keinen Platz für Sie alle und schon gar nicht für eine zweite Gruppe.«
»Ich weiß. Kommen noch mehr Helikopter?«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein. Können Sie mit dem Ding auch andere Frequenzen erreichen?«
»Keine Ahnung. Ich programmiere es nicht selbst.« Sie drückte auf den Knopf. »Einen Moment, Kai.« Sie reichte das Walkie-Talkie der Kamerafrau, die es kurz untersuchte und ihr dann wiedergab.
»Sieht ganz danach aus. Drehen Sie einfach den seitlichen Knopf, damit könnten Sie die Frequenz der Piloten einstellen. Vielleicht erreichen Sie jemanden, der die andere Gruppe von ihrem Dach holt.«
»Kai«, sagte Rachel, »in diesem Helikopter ist nicht genug Platz für euch, ihr müsst einen anderen rufen.« Sie gab ihm die Frequenz durch. »Wir müssen den bewusstlosen Jerry aufs Dach bringen. Ich rufe dich später auf der neuen Frequenz an.«
»Okay. Rachel?«, sagte Kai.
»Was?«
»Ich kann ihn sehen. Den Tsunami. Verschwinde so schnell du kannst.«
»Mach ich. Und du, bring Lani in Sicherheit.« Sie steckte das Gerät wieder in ihren Gürtel.
In diesem Moment erbebte der Turm, als hätte ihn ein gigantischer Vorschlaghammer getroffen. Einen Augenblick lang verloren sie das Gleichgewicht.
»Gütiger Gott!«, rief die Kamerafrau aus. »Geht es los?«
Rachel nickte grimmig, sie kannte das Gefühl bereits.
»Schnell«, sagte sie. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
Zum dritten Mal an diesem Tag erlebte Kai, wie sich ein gigantischer Tsunami über Honolulu ergoss. Nur hatte er diesmal einen spektakulären Rundblick.
Wie eine gigantische Faust fegte die dritte Welle an Land. Für viele der bereits in ihren Fundamenten erschütterten Gebäude bedeutete sie das sichere Ende. Der sechsundfünfzig Meter hohe Aloha Tower war seit vielen Jahren der höchste Bau auf Hawaii. Es war ein Wunder, dass er die beiden ersten Wellen überstanden hatte. Kai konnte seine Spitze zwischen den anderen Wolkenkratzern ausmachen. Unter dem Aufprall der dritten Welle knickte er wie ein Strohhalm zusammen. Das Hyatt, das Waikiki Beachside und das Hilton stürzten ebenfalls ein wie Kartenhäuser.
»Darryl und Eunice«, murmelte Teresa. Sie und Brad stützten Mia, Kai hielt Lani fest im Arm. Tom stand bei ihnen, nur Denise und Chuck hielten sich abseits.
»Wer?«, fragte Kai.
»Ein Paar, das ich am Strand traf. Sie wohnten im Hilton. Ich hoffe, sie haben sich retten können.«
Kai wartete in Todesangst darauf, dass die Welle auf das Grand Hawaiian aufprallte. Kurz bevor es so weit war, barg Lani ihr Gesicht an seiner Brust.
Der Kamm der Woge reichte bis zum fünfzehnten Stock und schien zu explodieren, als das Wasser den Turm traf. Die Gischt spritzte über hundert Meter weit in die Luft. Einen Augenblick schien sich das Gebäude nach hinten zu biegen. Kai hielt den Atem an.
Aber es
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