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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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lassen, ließ sich den Bericht erläutern. Fred Roos ist in seinem eigenen Auto aus nächster Nähe, nämlich vom Hintersitz aus, in den Hinterkopf geschossen worden. Geld und Papiere sind gestohlen worden, das Opfer völlig ausgeraubt.
    Wir sitzen auf den Rädern, ich habe die leichteste Stufe im dritten Grad eingestellt, da komme ich keinesfalls ins Schwitzen. Was Sven tritt, weiß ich nicht.
    An jenem ersten Sonntagabend ist Sven auf ›Holsten‹ gewesen. Das Bienenhaus gehört zu ›Holsten‹, Frau Chantal Platen-Alt ist mit ihren Hunden in der Nähe gesehen worden, Frau Meret Platen hat Felix Gamba gefunden. Es war reine Routine gewesen, wobei er bisher noch nie eine Gelegenheit hatte, ein derartiges Haus zu betreten – schön. Auch Mattis Platen-Alt war anwesend. Die Leute waren beeindruckend höflich, zuvorkommend. Sie hatten natürlich kaum Kontakt gepflegt zu Felix Gamba. Sie leben in ganz anderen Kreisen. Es war ein Zufall, dass Chantal Platen-Alt kurz vor seinem Tod mit ihm in seinem Bienenhaus gesprochen hat. Sie hatte gefragt, ob er nächstens Honig verkaufen könne. Es war auch naheliegend, dass jemand aus der nächsten Umgebung auf die offene Tür des Bienenhauses aufmerksam wurde und auf den Toten stieß.
    Sven stemmt Gewichte, legt noch eines und noch eines drauf, ächzt und schwitzt – wir treffen uns nach dem Duschen an der Fitnessbar, sind schon wieder für den Berufsalltag gekleidet. Sven wirkt umwerfend vital, die Haare noch feuchtdunkel, italienische Machokleider sind eben Macho, ein hellgrauer Anzug mit passendem hellgrauem Hemd, was die blauen Augen noch blauer erscheinen lässt, breite Schultern, Taille, schmale Hüften, irgendwie betonte Oberschenkel. Was hat er vor, wenn er so aussieht?
    Ganz langsam schlürfen wir unsere giftig orangefarbenen Fitnessdrinks.
    Sven steht zu seinen Bedenken. Es handelt sich um Knut. Man kann nicht so einfach darüber hinweggehen. Immerhin sind zwei Mitglieder seiner ›Jass‹-Runde kurz nacheinander auf ungewöhnliche Art umgekommen. Dass Sven mit mir darüber redet, lässt sich vertreten. Einerseits vertraut er mir unbedingt und total, andererseits, wenn ich ihm mithelfe, diese Sache zu verstehen, kommt er mit der Untersuchung schneller voran.
    Übrigens hat Sven heute Morgen die Daten erhalten, die Straßburg auch an die ›Delton Biotec‹ geschickt hat. Er ist mit dem Auto hier und fährt jetzt gleich zur ›Delton Biotec‹. Er hat einen Termin mit der Personalabteilung, dann lässt sich dieser Teil abschließen.
     
    Wieder treffen wir uns zum Fitness, ich habe mir zum roten Trägertop eine rosa Radlerhose gekauft, dazu ein rosa Stirnband und ein rosa-gelb geblümtes Minihandtuch. Es ist Frühling, ich fühle mich gut.
    Ich bin neugierig, warte aber eisern, bis Sven davon anfängt. Das dauert beinah den ganzen Parcours.
    Sven kommt sich auch im Nachhinein sehr klein vor. Es war das erste Mal, dass er eines der Gebäude dieser Riesenfirma betrat; die Stadt ist nicht sein Bezirk, er hat korrekterweise den zuständigen Kollegen orientiert. Ob ich je auf dem Platz vor dem Firmensitz stand und hochblickte? Sven ist sichtlich beeindruckt von der Dimension der Eingangsfassade. Sie ist ein architektonisches Highlight, dieser Spiegeleffekt ist verblüffend, mehr als ein Gag: Wo du auch stehst, wenn du über den Platz kommst, du meinst, unterschiedliche Gebäude zu sehen, völlig verschiedene Silhouetten und Fassaden, eine perfekte Augenspielerei.
    Der Leiter der Personalabteilung im Rang eines Vizedirektors war schon von Herrn Direktor Platen-Alt informiert, er war höflich und zuvorkommend. Die Personalakte von Fred Roos lag bereit. Sven fielen sofort die unterschiedlichen Lohneinstufungen auf. Der Vizedirektor suchte in seinem Computer danach. Dann verhedderte er sich. Seine Sekretärin ließ den Sachbearbeiter holen.
    Sven ging mit dem Sachbearbeiter, der Raven heißt, an dessen Arbeitsplatz. Dort erklärte ihm dieser die Führung der Dateien, quer durch alle Abteilungen. Er bringt sie täglich auf den neusten Stand. Die Daten des Fred Roos hat er gleich vor zwei Wochen in die Datei ›Archiv‹ in die Unterdatei der während des aktiven Mitarbeiterstatus Verstorbenen verschoben. Bei Fred Roos gibt es keine Hinterbliebenen, also gibt es auch keine Rentenauszahlung und keine Pensionskassenansprüche, die zu regeln sind. Das kommt sehr selten vor. Deswegen hat er ihn schon in die Unter-Unterdatei ›Heimfall‹ gesetzt. Auf Mausklick lassen sich diese

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