Todesformel
über Internet alle Computer im näheren Umkreis der Krete zu durchsuchen, es gibt Spezialisten. Bei dir sind sie fündig geworden. Da werden dir die Knie weich.«
Alja hätte ihren Computer gegen einen neuen Laptop wechselt sollen, sie spricht doch schon lange davon. Hätte sie den Computer im Wald vergraben, kein Mensch hätte je die Verbindung zu ihr hergestellt.
Zum Abschied meint Alja traurig: »Felix fehlt mir, ich hätte nie gedacht, wie selbstverständlich er immer in der Nähe war. Er hätte verhindert, dass einer hereinkommt, während ich schlafe.«
Bin ich jetzt die, die krank ist, innerlich?
* * *
Nachts erwache ich mit klappernden Zähnen, meine, auf dem Boden in Aljas Tenne zu stehen, fühle die Vibration, die von der einen dunklen Ecke im Gebälk ausgeht, meine, dort das Glimmen einer CD-ROM zu sehen – ›besonders grausame Morde‹. Bewusst an etwas nicht denken zu können, Affen – Menschen, Moshe – Noël, Gen-Waffen? Ich habe bisher jede Meldung dazu überhört, jetzt knallt die Realität in einer CD auf mein Pult.
Spielt es eine Rolle, ob man ein großes oder ein kleines Labor benötigt, um das Endprodukt zu fabrizieren? Was zählt, ist die Forschung. An den Grundlagen sind Unzählige beteiligt. Die spezifischen Weiterentwicklungen, dazu genügt dann ein kleines Forscherteam. In der letzten Phase braucht es vor allem gewaltig viele Mittel und Beziehungen, um die Tests im Geheimen so durchzuführen, wie die CD-ROM es zeigt.
Wir wissen mehr, als gut ist.
Alja hat von Meret Platens Gesicht am Küchenfenster gesprochen, Meret Platen schien sich zu fürchten. Sie wusste genau, wessen Hand es war, sie weiß, wer oder was zu fürchten ist. Dieser Droz war der Leiter der Abteilung, in der sie arbeitet. Alja findet eher geschmacklos, dass er ihr Liebhaber war.
* * *
Alja wird älter, anders lässt es sich nicht erklären. Einerseits ist sie schreckhaft und misstrauisch geworden, fühlt sich beobachtet und misstraut jedem Fremden, der irgendwo wandert. Jetzt, da ich von dieser CD-ROM weiß, denke ich, sie hat mir deshalb Meret Platen als Klientin angehängt, was immer sie sich gedacht haben mag. Da ist also mit einem Mal die Welt in unserem schönen Hinterland alles andere als in Ordnung und dann ist sie imstande und erlaubt Noël lächelnd, allein mit dem Rad unterwegs zu sein. Ist sie denn von einem anderen Planeten! Wenn sich in einer Gegend etwas zu bewegen beginnt, das nicht da sein sollte, lässt man doch einen so kleinen Jungen nicht allein losziehen. Zugegeben, dass sein Ziel ›Holsten‹ war, konnte sie nicht wissen. Doch ausgerechnet dorthin musste er fahren.
Noël erzählt es mir am Abend begeistert. Er ist mit seinem Rad nach ›Holsten‹ gefahren, es ist gar nicht weit; Frau Platen hat doch gesagt, er solle sie einmal besuchen, sie werde sich freuen. Er ist noch nie diese Teerstraße zum Waldrand hochgefahren. Das große Stück durch den Wald musste er sein Rad schieben, die ganze lang gestreckte Kurve hoch, es war anstrengend. Doch dann hört der Wald auf, die Straße führt fast flach zwischen Feldern durch, er konnte das Rad wieder besteigen und die Straße entlangfahren, geradewegs zu der hohen langen Mauer, das war ›Holsten‹. Er hat es sich gut gemerkt: Frau Platen, die die zwei Bilder gemalt hat, wohnt in dem niederen, alten Haus mit dem großen Dach. Im weißen Glashaus wohnen andere Leute. Das große Tor war verschlossen. Er fuhr auf dem schmalen Pfad der Mauer entlang. Dort, wo die Mauer einen Knick macht, da war auch schon eine schmale Tür, an der Hinterseite des alten Hauses. Da war auch ein eiserner Klingelzug.
Er lehnte sein Rad an die Mauer, zog am Klingelgriff, hörte im Innern ein Gebimmel, das war interessant: Rasche Schritte, Riegel, die geschoben wurden, ein Schlüssel, der sich im Schloss drehte. Knarrend ging die Tür auf, sie musste sehr schwer sein. Da stand Frau Platen, gekleidet wie ein Maler, eine weiße Hose und ein hellblaues Kleid darüber. Sie freute sich, lächelte froh: »Komm, lass dich anschauen, wir kennen uns von Ostern her. Aber dass du allein mit dem Rad herkommst, das hätte ich mir nicht gedacht. Weiß deine Mama, wo du bist?« Alja habe erlaubt, dass er mit dem Rad ins Dorf fahre, zu Tante Uschi. Er habe gedacht, jetzt komme er hierher zu Besuch. Er durfte hereinkommen. Wenn sie gewusst hätte, dass er kommt, hätte sie Cola gekauft, jetzt habe sie nur Himbeersirup mit Sprudelwasser hier. Dass er einfach so hergefahren war, genau
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