Todesfracht
er machten Anstalten, einen Händedruck auszutauschen. »Es ging leider nicht anders. Es sind bereits Vorbereitungen im Gange, Ihren Mann zu befreien, aber dazu brauchen wir Ihre Hilfe. Sie sind die Einzige, die ihn in Regensdorf besuchen darf, und er muss über die augenblickliche Entwicklung informiert werden.«
»Sie sagten, dass jemand meinen Rudy töten will?« Sie ließ sich in einen Sessel sinken. Tränen glitzerten bereits in ihren Augen.
»Ja. Sie werden es wahrscheinlich nicht wissen, aber gewisse Teile der palästinensischen Befreiungsbewegung glauben, dass der Weg zu großen Teilen ihrer Gelder über Ihren Mann führt.
Die Rede ist von Milliarden Dollars.«
»Aber … aber er hat immer beteuert, dass das, was er für die Palästinenser tut, völlig legal sei.«
Juan ging vor der verängstigten Frau in die Knie und ergriff ihre zitternden Hände. »Das mag zutreffen, aber für diese Leute sind Gerüchte so gut wie die Wahrheit. Sie werden ihn am Montag entweder töten oder versuchen, ihn zu entführen. Wir müssen auf jeden Fall vor ihnen handeln.«
»Ich weiß nicht … ich weiß nicht, was man tun kann. Sollten Sie nicht die Polizei benachrichtigen?«
»Die Aussagen Ihres Mannes haben bereits die Karrieren zahlreicher Prominenter in Wirtschaft und Politik unsanft beendet. Es gibt noch viele andere mächtige Leute, denen nichts lieber wäre, als Ihren Mann zum Schweigen zu bringen.«
Juan konnte erkennen, dass er sich zu allgemein ausdrückte.
Kara Isphording war bereits am Ende ihrer mentalen und emotionalen Belastbarkeit angelangt und konnte nicht begreifen, was er sagte. Das konnte er ihr nicht übel nehmen. Noch vor einem Jahr war sie die Frau eines erfolgreichen Anwalts gewesen und hatte das geruhsame und komfortable Dasein einer Schweizer Hausfrau genossen. Heute dagegen wurde sie von Reportern verfolgt und täglich mit immer neuen Enthüllungen über die kriminellen Aktivitäten ihres Mannes bombardiert.
»Was ich Ihnen klarzumachen versuche, ist, dass die Polizei niemals versuchen würde, ein Attentat auf Ihren Mann zu verhindern.«
»Aber das ist doch nicht recht!«, rief sie entrüstet. »Wir zahlen schließlich regelmäßig unsere Steuern!« Cabrillo musste über ihre Naivität beinahe grinsen. »Wie die Amerikaner sagen, hat Ihr Mann ein Hornissennest aufgescheucht. Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass er nicht der Letzte ist, der gestochen wird.«
Sie tupfte sich die Augen mit einem Papiertaschentuch ab, das aussah, als hätte es schon so lange in der Tasche ihres Bademantels gesteckt, wie sie ihn besaß. Sie versuchte, sich aufzurichten und ihre Schultern zu straffen. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Was soll ich Rudy sagen? Wie lautet Ihr Plan?«
»Sie brauchen gar nichts zu tun, Frau Isphording.« Juan wandte den Kopf und rief ins Esszimmer: »Ludmilla!«
Julia trat in den Lichtkegel der Treppenbeleuchtung. Es verschlug Kara den Atem, ihr Ebenbild zu erblicken, und sie presste ihre Fingerknöchel gegen ihren Mund. Für einen kurzen Moment befürchtete Juan, sie könnte ohnmächtig werden, doch sie riss sich so weit zusammen, dass sie es schaffte, sich zu erheben.
Sie ging zu Julia hinüber und studierte ihre Doppelgängerin.
»Das ist meine Geschäftspartnerin Ludmilla Demonova. Sie wird an Ihrer Stelle morgen nach Regensdorf fahren. Ich will Sie nicht beleidigen, aber es ist für den weiteren Verlauf der Dinge sicherer, wenn sie Ihre Position einnimmt, als Ihnen die Einzelheiten des Plans zu erklären. Wenn uns mehr Zeit geblieben wäre, hätten Sie selbst Ihren Mann aufsuchen können, aber …«
Juan brach ab und überließ es der Frau, ihre Schlussfolgerungen zu ziehen, wie immer sie auch aussehen mochten. »Dürfen Sie Ihrem Mann irgendetwas mitbringen?«
Kara Isphording starrte Julia weiterhin an und zwang Juan, seine Frage zu wiederholen.
»Nein, eigentlich nicht, aber ich stecke ihm oft kurze Notizen zu. Die Wächter haben es mir bisher nicht verboten.«
»Okay, das ist gut. Sie müssen Ihrem Mann schreiben. Teilen Sie ihm mit, dass wir Ihnen nichts getan haben und dass er auf das hören soll, was Ludmilla ihm erzählt. Können Sie das für mich tun?«
»Ja, ja, das kann ich.« Sie kam wieder zur Besinnung und schien zu akzeptieren, dass Juan und Julia ihr helfen würden.
»Was geschieht danach?«
»Sie meinen, sobald wir Ihren Mann befreit haben? Das weiß ich nicht. Ich soll ihn nur in eine konspirative Wohnung bringen.
Danach« – Juan zuckte die
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