Todesfracht
glühendem Stahl war überwältigend, und ein Metallsplitter wurde von der Kette abgesprengt, landete auf Cabrillo und brannte ein Loch in seinen Nasstauchanzug.
Sie erreichten eine weitere Treppe und rannten hinauf, nur darauf bedacht, sich von der tödlichen Säge so fern wie möglich zu halten. Als ob die Maschine gewusst hätte, wohin sie wollten, folgte sie ihnen und zertrümmerte die Treppe wie ein urweltliches Raubtier. Das Geländer wurde von der Wand zurückgeschleudert, als die Säge es aus seinen Verankerungen riss. Juan konnte kaum etwas erkennen. Die Kombination aus Blut und dem, was er als leichte Gehirnerschütterung identifizierte, bremste ihn erheblich. Aber Tory wich ihm nicht von der Seite.
Gemeinsam flüchteten sie vor der unersättlichen Gier der Schiffssäge. Sie rannten an Mannschaftsquartieren vorbei, und als sie um eine weitere Ecke bogen, spurteten sie zu einer Außenklappe. Es war ein Wettrennen, denn sie bewegten sich parallel zur dicken Kettensäge und konnten nicht länger verfolgen, wie sie die
Toya Maru
auseinanderschnitt.
Gut drei Meter von der offenen Tür entfernt begann die Wand zu ihrer Rechten zu glühen und zu vibrieren, während die Sägezähne eine erste Kostprobe des Schotts nahmen. Da der japanische Tanker nicht genau ausgerichtet im Schuppen lag, fraß sich die Säge zuerst durch die Ecke, um die sie soeben gebogen waren, und begann wie ein Reißverschluss, der aufgezogen wurde, die Wand zu durchtrennen.
Juan blickte über die Schulter. Die Kette hatte sich bereits durch die ersten drei Meter Korridor gefressen, und während er ihr Werk verfolgte, wurde ein weiteres Stück auseinandergerissen. Metallspäne füllten den Korridor wie ein Schwarm gereizter Wespen, während sich die Säge durch den Korridor wühlte.
Mit knapp zwei Metern vor ihnen, die sie noch zurücklegen mussten, schlug Cabrillo Tory zwischen die Schulterblätter. Der Schlag ließ sie stolpern, ihr Schwung aber trieb sie weiter. Juan warf sich hinter ihr her, während die Säge dicht über ihnen genau in dem Moment vorbeiglitt, als sie auf das offene Deck hinausgelangten.
Und in einen weiteren Hinterhalt gerieten.
Vier Männer mit Turban hatten auf sie gewartet und verfolgten ihren Sturz durch die Visiereinrichtungen ihrer AKs. Juan und Tory waren in einem Durcheinander von Gliedmaßen gelandet, das so etwas wie ein Liebesspiel parodierte. Ehe sie ihre Pistolenhände frei bekamen, richteten die Sikhs Gewehrmündungen auf ihre Köpfe. Die Schiffssäge kam ratternd zur Ruhe. »Ich hatte gehofft, dass die Säge Sie noch nicht erwischt«, dröhnte eine Stimme von einem Laufgang, der über dem Schiff verlief.
Juan und Tory wurden die Waffen abgenommen und ihnen gestattet aufzustehen, wobei sie die Hände hinter ihren Köpfen verschränken mussten. Cabrillo studierte den Mann über sich.
Indem er sein Alter schätzte und seine Ähnlichkeit mit Abhay registrierte, kam er zu der Vermutung, der Mann müsse der Anführer des Piratenrings sein.
»Shere Singh«, knurrte Juan.
»Ich hoffe, Sie haben gefunden, was Sie suchten«, sagte der Sikh. »Ich würde es hassen, mir vorstellen zu müssen, dass Sie immer noch voll ungestillter Neugier in Ihr Grab sinken müssten.« Er gab einen Befehl in einer Sprache, die Juan nicht verstand, und er und Tory wurden zum Schiffsbug geschoben.
Über ihnen richtete ein unsichtbarer Techniker wieder die Schiffssäge aus. Schienen dicht unter der Decke ließen zu, dass sie in dem Schuppen an fast jede Stelle manövriert werden konnte. Das in Segmente unterteilte Sägeblatt umspannte das Deck etwa fünf Meter hinter der Stelle, wo der Bug abgeschnitten worden war. Dabei war sie so stramm, dass sie trotz ihrer Länge von fast siebzig Metern nicht durchhing. Wie Hunderte von Dolchen glitzerten im grellen Licht der Deckenlampen die Spitzen ihrer Zähne aus einer Speziallegierung.
Wenig später erreichte Shere Singh das Deck der
Toya Maru
und näherte sich, flankiert von zwei weiteren Wächtern. Er trug ein seltsames Stahlrohr mit langen, senkrechten Griffen. Juan und Tory wurden von jeweils zwei Männern festgehalten, sodass ihre Füße kaum das Deck berührten. Cabrillo versuchte, sein Gewicht so zu verlagern, dass er genug Halt fand, um sich loszureißen. Doch jede Bewegung veranlasste seine Peiniger, ihn höher zu heben. Als Singh nahe genug war, um ihn riechen zu können, schob er das Rohr auf Juans Rücken unter seine Arme. Die Wächter packten die Griffe so, dass sie ihn an
Weitere Kostenlose Bücher