Todesfracht
warnen konnte. Ich bin sicher, dass einige von ihnen von der Staatspolizei kassiert wurden, was bedeuten dürfte, dass auch die anderen aufgeflogen sind. Diese Kontakte kann ich also nicht mehr benutzen.«
Er schwieg. Cabrillo fragte kein drittes Mal.
»Ich habe noch einige Ausweispapiere in einem Bankschließfach in L. A. deponiert, von denen die CIA keine Ahnung hat.
Ich habe sie anfertigen lassen, ehe Hongkong an China übergeben wurde, für den Fall, dass ich noch mal zurückkehren und einigen Freunden helfen müsste. Sie sind seitdem nach Vancouver geflüchtet, daher kann ich die Papiere noch benutzen. Ich ruf gleich morgen früh meinen Anwalt an und lasse die Papiere mit einem Kurierdienst nach Singapur schicken. Von dort kann ich mit Cathay Airlines nach Peking fliegen.«
»Shanghai«, korrigierte Juan. »Julia meinte, das Dorf liegt in der Provinz Fujian. Wenn ich mich nicht irre, heißt die nächste größere Stadt Shanghai.«
»Oh, das wird ja immer besser«, sagte Eddie, als wäre seine Mission nicht schon schwierig genug.
»Warum?«
»Die Bewohner von Fujian haben einen eigenen Dialekt. Und den beherrsche ich nicht besonders gut.«
»Dann blasen wir diese Geschichte ab«, entschied Juan. »Wir müssen sehen, ob wir mehr über die
Kra
oder die
Maus
in Erfahrung bringen können.«
»Nein.« Eddie schüttelte heftig den Kopf. »Es könnte Wochen dauern, um diesen Schweinen über die Schiffspapiere und die Eignerfirmen auf die Spur zu kommen. Falls illegale Immigranten in den Plänen der Piraten eine Rolle spielen, müssen wir sofort Bescheid wissen. Wir beide wissen, dass diejenigen, die von der
Kra
ins Meer geworfen wurden, nicht die Einzigen sind, die gekidnappt wurden.«
Juan nickte entschlossen. »Okay. Dann triff deine Vorbereitungen.«
Der Hauptschirm an der Stirnwand des Operationszentrums lieferte einen seltsam verzerrten Blick auf den Ozean, wo die Schaumkronen auf den flachen Wellen wie grüne Blitze aussahen, die über das schwarze Wasser tanzten. Durch das Kameraobjektiv betrachtet erschien das rhythmische Pulsieren des Meeres wie das schlagende Herz eines lebendigen Wesens. Das Bild zuckte und verschwamm für einen kurzen Moment, und George Adams stieß einen leisen Fluch aus.
Adams war der Pilot sowohl des Robinson-R-44-Helikopters der
Oregon
wie auch zweier unbemannter Flugkörper, sogenannter UAVs, die von einer freien Fläche nicht weit von der Backbordreling des Frachters gestartet werden konnten. Während das amerikanische Militär Millionen für seine Predator-Drohnen ausgab, waren die UAVs der Corporation frei erhältliche und für kommerzielle Zwecke einsetzbare ferngesteuerte Flugzeuge mit lichtempfindlichen Kameras. George konnte im Operationszentrum gemütlich an einem Computerterminal sitzen und das jeweilige Modell mit Hilfe eines Joysticks innerhalb eines Radius von fünfzehn Meilen um das Schiff lenken.
Als einer der wenigen ehemaligen Angehörigen der Army an Bord der
Oregon
hatte sich George »Gomez« Adams seine Meriten damit erworben, dass er Eliteteams für Spezialeinsätze nach Bosnien, Afghanistan und in den Irak geflogen hatte. Vierzig Jahre alt und ledig, war Adams sozusagen der Prototyp des Kampfpiloten. Er hatte dunkle Haare und ebenso dunkle Augen, war hochgewachsen und schlank und verfügte über jene Art charmanter Großspurigkeit und Arroganz, die es niemals versäumte, ihn zum Mittelpunkt des weiblichen Interesses zu machen. Sein gutes Aussehen hatte sich in mehr als einer der zurückliegenden Missionen der Corporation als äußerst nützlich erwiesen. Seinen Spitznamen hatte er einer dieser Missionen zu verdanken, in deren Verlauf er die Geliebte eines peruanischen Drogenbarons verführte, die eine auffallende Ähnlichkeit mit der TV-Persönlichkeit Morticia Addams besaß.
Die Videoverbindung versetzte Adams in die Lage, alles zu sehen, was sich vor und unter der Kamera befand, die in der Nase des UAVs kardanisch aufgehängt war, allerdings spürte er nichts von den Auf- und Querwinden, die den Kurs des etwa anderthalb Meter langen Flugkörpers beeinflussten. Er glich mit einer behutsamen Joystickbewegung die Böe aus, die den Flugkörper unvorbereitet getroffen hatte, und zog den Stick dann ein wenig zurück, um an Höhe zu gewinnen.
»Wie sieht es mit der Entfernung aus?«, wollte er von Linda Ross wissen, die den Radarschirm überwachte. »Wir befinden uns vier Meilen hinter und drei Meilen an Backbord der
Maus
.«
Das UAV war sogar zu klein,
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