Todesfracht
dort und entscheiden an Ort und Stelle, was weiter geschehen soll.«
»Und wenn sie den Kurs ändert und ein neues Ziel ansteuert?«
»Dann bleibt bei ihr.«
»Dir ist doch hoffentlich klar, dass sie nicht mehr als drei Knoten macht. Wir könnten sie am Ende vierzehn Tage lang beschatten, ehe sie irgendwo anlegt.«
»Ich weiß. Aber es lässt sich nicht ändern, alter Junge. Betrachte dich als einen der Cops, die OJ während seiner Schleichfahrt über die Schnellstraßen von L. A. verfolgt haben.«
»Schleichfahrt? Verdammt, Hummer wandern schneller als dieses verdammte Schwimmdock.« Max wurde ernst. »Erinnerst du dich, dass das letzte Schiff, das aus der Flotte deines japanischen Freundes verschwand, ein Tanker war? Die, äh …«
»
Toya Maru
«, half Juan aus. »Richtig. Durchaus wahrscheinlich, dass sie es ist, die im Becken der
Maus
liegt. Warum alarmieren wir nicht einfach die Marine oder die japanische Küstenwache?«
»Oh, ich bin sogar ganz sicher, dass es die
Toya Maru
ist.
Aber hier geht es nicht nur um ein Schiff, und ich habe meine Zweifel, dass uns irgendjemand auf diesen Schleppern wesentliche Informationen liefern kann. Die Piraten verhalten sich in dieser Geschichte viel zu raffiniert. Denk an meine Worte: Einen Tag, nachdem sie aus Taipeh ausgelaufen sind, erhalten sie Befehl, den Kurs zu ändern. Wenn wir die
Maus
jetzt aufbringen, dann schnappen wir ein Schiff und ein paar unwichtige Leute. Wenn wir sie jedoch dorthin verfolgen, wo sie die
Toya
entweder verschrotten oder so weit unkenntlich machen, dass sie sie selbst benutzen können, dann haben wir ihnen einen empfindlichen Schlag versetzt.«
»Das klingt einleuchtend«, gab Max zu. »Wir spielen Hase und Igel mit ihnen und warten ab, was uns die Verfolgungsjagd einbringt.«
»Ich gebe das Telefon gleich an Eddie weiter. Er hat eine ganze Liste von Dingen, die er für seinen Besuch in China braucht. Du kannst jemanden als Kurier losschicken, wenn ihr die Koreastraße passiert. Der Robinson verfügt über genügend Reichweite, um bis nach Pusan zu kommen. Von dort aus kann der Kurier eine Frachtmaschine nach Singapur nehmen und Eddie am Flughafen treffen.«
»Warte einen Augenblick, ich hole einen Stift. Und Papier.
Und meine Lesebrille.«
Fünfhundert Meilen nördlich der
Oregon
und ihres Jagdwilds, der
Maus
, verließ ein anderes Schwimmdock, genau genommen das Schwesterschiff der
Maus
, die Straße von La Perouse, die die Nordspitze Japans von den Sachalin-Inseln trennt, und gelangte in die eisigen Gewässer des Ochotskischen Meers. Dieses Schwimmdock, von weitaus stärkeren Schleppern gezogen als die
Maus
, schaffte sechs Knoten, obgleich das Schiff in seinem Innenbecken beträchtlich größer war als der Tanker, den Linda in der
Maus
gesehen hatte.
Der Seegang um die Schiffe, Schlepper wie Schwimmdock, baute sich nach und nach zu hohen, pulsierenden Wellen auf, die die langen Schleppleinen abwechselnd spannten und wieder schlaff werden ließen, sodass sie in der einen Sekunde untertauchten und schon in der nächsten so stramm und starr wie Stahlstangen waren, von denen das Wasser nach allen Seiten wegspritzte. Die Schlepper warfen sich dem Seegang entgegen und drängten die Wellen beiseite, während sie nach Norden pflügten und dem Ozean Paroli boten, wie es sich für ein richtiges Schiff gehörte, nachgiebig und unerschütterlich zugleich, je nach den Launen des nassen Elements. Das Schwimmdock verzichtete auf solche Spielereien. Es fing mit seinem stumpfen Bug die Wellen in voller Breite auf, sodass weiße Gischtwolken bis auf sein Oberdeck geschleudert wurden. Dann schüttelte es die Wassermassen ab, träge und unwillig, als wäre das Meer nur eine harmlose, aber lästige Unannehmlichkeit.
Wie bei der
Maus
waren die Kammern des Schwimmdocks abgedeckt, in diesem Fall hatte man jedoch Stahlplatten auf einen stählernen Rahmen gelegt und damit verschweißt. Die Kammer wäre also praktisch luftdicht verschlossen gewesen, wären am Heck nicht mehrere Industrieventilatoren installiert worden. Diese kraftvollen Propeller bewegten in der Minute Tausende Kubikmeter Luft und sorgten für einen ständigen Luftstrom in der Kammer des Schwimmdocks. Die ausströmende Luft wurde durch ein System von chemischen Filtern geleitet, um den Gestank zu eliminieren, der von den Decks des eingesperrten Schiffes aufstieg, ein Geruch, der seit fast zweihundert Jahren auf hoher See nicht mehr wahrgenommen worden war.
Cabrillo saß in Tokio fest,
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