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Todesfrauen

Todesfrauen

Titel: Todesfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Diehl machte unvermittelt einen Satz nach vorn und packte den dürren Friedhelm bei den Schultern. »Jetzt ist Schluss mit der Scharade! Sagen Sie mir, wie Ihre Vereinbarung mit Gabriele lautet. Worin besteht Ihre Aufgabe? Wie lange sollen Sie auf ein Zeichen Ihrer Schwester warten, bevor Sie etwas unternehmen?«
    Friedhelm schüttelte die Hände des weitaus kräftigeren Kommissars ab und antwortete gereizt. »Vereinbarung? Pah! Wir haben nur lose etwas ausgemacht. Ich bin für Gabi doch sowieso nur der Lückenbüßer, der einspringen darf, wenn sie Besseres vorhat.«
    »Was genau haben Sie lose ausgemacht?«
    »Na ja, ich sollte hier halt die Stellung halten. Und wenn sie sich nicht zurückmeldet, dann sollte ich …« Friedhelm zögerte. »So ganz genau haben wir das nicht besprochen.«
    Diehl lief rot an vor Zorn: »Weichen Sie mir nicht ständig aus! Ich habe den dringenden Verdacht, dass Ihrer Schwester etwas zugestoßen sein könnte oder dass sie zumindest in großer Gefahr schwebt. Ich weiß, dass sie und ihre Begleiterin sich in der Oberpfalz aufhalten. Dass sie dort zu einem geheimen Treffpunkt gelockt worden sind. Von Ihnen will ich gleich und sofort wissen: Wo liegt dieser Treffpunkt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Noch so eine Antwort und ich nehme Sie in Beugehaft!«
    »Verdammt, wenn Sie Gabriele zurückholen, macht sie mir hier die Hölle heiß!«, wimmerte Friedhelm.
    »Die Hölle wird Ihnen so oder so heiß gemacht. Also?«
    »Grafenwöhr«, rückte Friedhelm mit der Wahrheit heraus. »Sie sind auf dem Truppenübungsplatz.« Mit bangem Blick fügte er schnell hinzu: »Aber die genaue Stelle kenne ich nicht. Ehrenwort!«
     
    »Harry!« Diehl brüllte den Namen seines Untergebenen, worauf dieser sein Gespräch im Nachbarbüro sofort einstellte und zu seinem Chef rannte. »Gibt es endlich etwas Neues über diesen Ami? Habt ihr Spencer ausfindig machen können?«
    »Bedauerlicherweise noch immer nicht«, antwortete Harry betrübt. »Wir waren bei seiner Wohnung, in seinem Büro, beim Appartement seiner Freundin – überall Fehlanzeige. Auch die Nachbarn wissen nicht, wo er abgeblieben ist.«
    Getürmt?, fragte sich Diehl. Doch er wusste nur zu genau, dass es ebenso gut die andere Möglichkeit gab: dass Spencer selbst in der Klemme steckte. »Also gut«, brummte er. »Dann richten wir jetzt unsere volle Konzentration auf den Hinweis des Bruders: Wir müssen nach Grafenwöhr!«
    »Aber, Chef«, wandte Harry furchtsam ein. »Dies ist kein Mordfall, also nicht unser Ding. Und für die Oberpfalz sind wir schon gar nicht zuständig.«
    Diehl warf dem wesentlich jüngeren Harry einen vernichtenden Blick zu: »Besorgen Sie mir sämtliche Unterlagen, die Sie über den Truppenübungsplatz in die Hände bekommen. Und finden Sie heraus, an wen wir uns wenden müssen, damit wir uns dort umsehen dürfen. Machen Sie schnell!«
    »Aber …« Harry traute sich nicht, einen zweiten Widerspruch einzulegen. Er trollte sich zurück ins Nachbarbüro und begann zu telefonieren.
    Eine Stunde später – Diehl hatte inzwischen seinen fünften schwarzen Kaffee an diesem Tag getrunken, und der Aschenbecher quoll über – legte ihm Harry einen Stapel Fotokopien und Ausdrucke auf den Tisch: Informationen, die er in aller Eile dem zentralen Archiv und dem Polizeicomputer entlockt hatte. Zudem händigte er Diehl eine Liste mit Namen und Telefonnummern aus.
    Diehl ließ die Ausdrucke zunächst unbeachtet und las die Liste: »Militärpolizei? Hmm. Die lassen sich bestimmt nicht gern von uns in die Karten sehen. Und hier steht der Name einer Pressesprecherin. Auch nicht das Richtige für unsere Zwecke. Aber da: Verbindungsoffizier Roger Curtis. Bei dem könnte man es versuchen.«
    »Soll ich ihn anrufen?«, fragte Harry wenig begeistert, denn wie Diehl bekannt war, stand es mit Harrys Englischkenntnissen nicht zum Besten.
    »Nein, nein, lassen Sie. Ich kümmere mich selbst drum.« Dann schob Diehl noch ein Danke nach und schickte Harry aus dem Zimmer. Er wählte die angegebene Nummer, erwischte Curtis auf Anhieb und stellte sich und sein Anliegen vor. Curtis zeigte sich sofort kooperationsbereit und lud Diehl für denselben Tag zu einem Gespräch ein.

22
     
    Diehl interpretierte die Vorschrift, dass das Martinshorn nur bei Gefahr in Verzug einzusetzen sei, zu seinen Gunsten und pflanzte das Blaulicht aufs Dach seines zivilen Dienst-BMWs. Er verließ Mittelfranken und damit seinen Zuständigkeitsbereich über die Berliner Autobahn

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