Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
Ihnen auch, Frau Haller. Auf Wiederhören.“ Herr Ebert sah sich um. „Puh, in seiner Haut möchte ich nicht stecken. Seine Mutter war ganz schön geladen.“
Georg hatte von dem Gespräch nichts mitbekommen, er schnarchte und lehnte mit sein em ganzen Gewicht auf Frau Schäufele, die froh war, dass sie bald die Schubartstraße erreichen würden.
Zu Haus e angekommen, parkte Herr Ebert den alten Ascona in die Lücke ein, die immer für Georg freigehalten wurde. Alle Hausbewohner respektierten das als ungeschriebenes Gesetz. Der Hüter von Recht und Ordnung sollte allzeit fahrbereit sein und schnell zu seinem Einsatz kommen. Heute Abend war er allerdings kaum noch dazu fähig, allein die Treppe hochzusteigen. Mit vereinten Kräften gelang es den Herrschaften, Georg in seine Wohnung zu bringen und ihn ins Bett zu befördern. Seine Jacke und Schuhe zogen sie ihm noch aus, den Rest musste er morgen selbst erledigen. Herr Ebert verabschiedete sich, er wolle sich noch einmal in Ruhe mit einer Taschenlampe die Beschädigungen am Auto ansehen und überlegen, was da zu machen sei.
Frau Schäufele und Frau Helmle deckten Georg noch zu und schlossen leise die Schlafzimmertür. Da es sich der Mops auf dem Schuhabstreifer bequem gemacht hatte und leise schnarchend von einem Knochen oder seiner wilden Jugend träumte, hatten es die Damen nicht eilig , nach Hause zu kommen. Herr Schäufele würde sowieso schon schlafen. Er hatte keine Lust auf den Abend im Venezia gehabt, er wollte unbedingt das Fußballspiel sehen und konnte es auch nicht verstehen, dass der Italiener gerade diesen Abend gewählt hatte. Seine Vermutung war, dass Adriano Felice wahrscheinlich nur neidisch war, weil seine Mannschaft es nicht ins Endspiel geschafft hatte.
Auf Frau Helmle wartete niemand. Die beiden Fra uen schauten sich in Georgs Junggesellen-Wohnung um. Was die beiden Hausfrauen sahen, weckte ihren Ehrgeiz und ohne sich groß absprechen zu müssen, legten sie Hand an. Da verschwanden Wäscheberge aus der Sofaecke, da wurde Geschirr gespült und eine kleine Badreinigung vorgenommen. Im Handumdrehen hatten die beiden schwäbischen Heinzelfrauen dem Chaos den Garaus gemacht und waren sehr zufrieden mit ihrem Werk, als sie schließlich die Wohnungstür hinter sich zuzogen.
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Samstagmorgen / Krisensitzung
„Danke, Herr Pirchow, dass Sie sofort gekommen sind. Wir müssen uns dringend beraten. Sie haben schon von der Sache gehört?“ Wellensteins Assistent schloss die Tür zu seinem Büro im Rathaus auf und bat seinen Chef einzutreten.
Hans-Peter Wellenstein war ein großer Mann, eine repräsentative Erscheinung. Er schritt raumgreifend auf den großen Schreibtisch zu und ließ sich auf einem der bequemen Sessel davor nieder. Ronny Pirchow kannte den Maestro mittlerweile lang genug, um zu merken, wie aufgewühlt er war und dass er sich nur mühsam beherrschen konnte. Aufregung brachte sie jetzt allerdings nicht weiter, sie mussten einen kühlen Kopf bewahren. Und genau das versuchte er seinem Gegenüber mit schonenden Worten beizubringen. Wellenstein war es nicht gewohnt, sich zu mäßigen. Er war impulsiv und konnte durchaus aufbrausend sein, wenn man seine Pläne durchkreuzte.
Was man ihm angetan hatte, hätte er nicht für möglich gehalten. Und jetzt sollte er sich beherrschen? Der Jungspund verstand die Tragweite des Ereignisses doch überhaupt nicht und setzte sich doch tatsächlich vor ihn hin und predigte mit pastoraler Stimme Mäßigung. Wellenstein schüttelte ungeduldig den Kopf. „Es geht um meine Ehre, Herr Pirchow. Da kann ich nicht einfach ruhig herumsitzen, Däumchen drehen und zuschauen, wie man mein Lebenswerk in den Schmutz zieht.“
„Herr Wellenstein, i ch bin doch auf Ihrer Seite. Bitte beruhigen Sie sich und erzählen Sie mir alles am besten ganz von Anfang an.“ Der Assistent sah seinen Gesprächspartner aufmerksam an. Wellenstein war der Schweiß auf die Stirn getreten, aber er schien sich zu besinnen. „In ganz Bärlingen pfeifen es schon die Spatzen von den Dächern. Gestern Nacht hat irgend so ein Schmierfink über die ganze Hausbreite der Musikschule Hochmut kommt vor dem Fall gepinselt. So eine Frechheit!“
Pirchow runzelte die Stirn und wollte es genauer wissen. „Mensch, Pirchow, das ist doch klar, wer damit gemeint ist. Schließlich findet im Festsaal der Musikschule morgen meine Ehrung statt. Jahrelang gibt es keine Schmiererei an der Fassade und just zu dem Zeitpunkt, wo der große Sohn der
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