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Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)

Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)

Titel: Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wierlemann
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Wochenende unter Menschen. Doch heute hatte er frei.
    Jetzt nutzte Tiffi die Gunst der Stunde; endlich hatte ihr Herrchen etwas Zeit für sie. Der kleine weiße Hund legte sich vor Vergnügen auf den Rücken und lud sein Herrchen dazu ein, seine Pause ein wenig auszudehnen und mit ihm zu schmusen. Michael knuddelte seinen vierbeinigen Freund. Tiffi schöpfte bereits Hoffnung, dass der Computer für heute abgeschrieben war, lief in den Flur und kam mit ihrer Leine im Maul zurück. Aber Michael saß bereits wieder auf seinem Schreibtischstuhl und hatte das Spiel gestartet. Das auffordernde Schwanzwedeln nahm er nicht mehr wahr und der kleine Mischling trottete zurück in sein Körbchen. Michael drehte nur kurz den Kopf. „Bald bin ich fertig, Schätzchen, dann gehen wir noch eine Runde raus. Versprochen. Jetzt drück mir erst einmal die Pfoten, damit ich den dunklen Fürst der Finsternis beseitigen kann.“ Tiffi war es herzlich egal, was ihr Herrchen da an seinem Rechner veranstaltete, für sie bedeutete die neue Spielrunde nur, sich noch ein wenig länger gedulden zu müssen, bevor sie draußen das tun konnte, was allen Hunden das Liebste war. Rennen, schnüffeln, Beinchen heben und Stöckchen holen.
    Michael vermisste nichts. Seine Spielwelt war ihm längst schon zum Ersatz für Kontakte im wirklichen Leben geworden. Mit seinen Spielpartnern verabredete er sich im Internet, hier war immer jemand für ihn da. Niemand stellte komische Fragen und er konnte der sein, der er wollte. Hier war er der geschickte Taktiker, der starke Held.
    Seine kleine Zweizimmerwohnung war sparsam möbliert, aber sorgfältig aufgeräumt. Den Nachbarn gegenüber war der junge Mann zurückhaltend. Er erwiderte jeden Gruß; wenn man ihn aber nicht bemerkte, dann richtete er an niemanden das Wort.
    Mit Tiffi an seiner Seite fühlte Michael sich der Welt da draußen gewachsen; sie gab ihm die Sicherheit, die ihm fehlte. An das Leben im Heim dachte er zwar nur noch ganz selten, die Gedanken hatte er verdrängt. Aber seit er auf eigenen Beinen stand, trieb ihn die Suche nach etwas um, das er nicht genauer hätte benennen können. Anfangs glaubte er, das fehlende Puzzlestück in der kleinen Mischlingsdame gefunden zu haben, die sein treuer Begleiter wurde, nachdem er den herrenlosen Hund bei sich aufgenommen hatte. Tiffi war ihm aufgefallen, weil sie einen ganzen Tag lang in der Nähe des großen Einkaufszentrums an einem Fahrradständer angebunden war.
    Um ungestört in den Erotik-Magazinen blättern zu können, fuhr Michael gern in das Einkaufszentrum außerhalb der Stadt. Im kleinen Supermarkt um die Ecke war das Zeitschriftenregal in unmittelbarer Nähe der Kasse und dem strengen Blick des Personals wollte er sich nicht aussetzen.
    Als Michael an dem kleinen weißen Hund vorbeiging, sprang dieser sofort auf und wollte schwanzwedelnd auf ihn zukommen. Die kurze Leine ließ ihm jedoch wenig Bewegungsfreiheit und so blieb der Hund mit hängender Rute zurück, als Michael sich abwandte. Die Begrüßung wiederholte sich nach seinem Einkauf und der Hund freute sich über das Würstchen, das Michael für ihn mitgebracht hatte. Es schien, als habe der Hund lange nichts mehr zu fressen bekommen. Der kleine weiße Kerl gefiel ihm, der würde gut zu ihm passen. Michael zögerte, er konnte doch nicht einfach so einen fremden Hund mitnehmen. Er wusste, dass das nicht ging. Deshalb überließ er es dem Schicksal und beschloss, am Abend noch einmal herzukommen. Wenn Tiffi, wie er den kleinen Vierbeiner schon getauft hatte, dann immer noch hier säße, würde er den kleinen Kerl mitnehmen. Den ganzen Tag konnte Michael an nichts anderes mehr denken und er war überglücklich, den Hund an der gleichen Stelle vorzufinden, an der er ihn zurückgelassen hatte. Der kleine Mischling begrüßte ihn wie einen alten Bekannten und wich ihm von da an nicht mehr von der Seite.
    Michael freute sich über die Gesellschaft, aber er merkte, dass ein Hund nicht das war, wonach er suchte. Er wollte geliebt werden, nicht nur als Herrchen, sondern als Mensch. Es verlangte ihn nicht nach sexuellen Reizen, das hatten ihm die Beziehungsversuche zu Frauen gezeigt. Er wollte nicht Partner sein in einer Beziehung. Er wollte angenommen sein, im Arm gehalten werden und er wünschte sich, dass ihm jemand sagte, dass alles gut werden würde. Er sehnte sich danach, Geborgenheit zu spüren und rückhaltlos vertrauen zu können. Seine Suche führte ihn in die Arme von Frauen wie Männern,

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