Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
schließlich nicht wissen, welche Pflicht ihn rief. Und es war nicht einmal gelogen. Aber so schnell kam Georg nicht davon. Frau Schäufele legte nach. „Stimmt es eigentlich, was man sich so erzählt, dass Frau Wellenstein Senior - Gott habe sie selig - ermordet und bestohlen wurde?“
Noch ehe der Hauptkommissar seine Standardantwort auf diese Frage geben konnte, holte die alte Dame Luft und empörte sich. „Soweit ist es also mit der Sicherheit schon gekommen, dass man nicht einmal mehr im Altersheim seine Ruhe haben kann. Das ist doch allerhand! Willst du deine Mutter jetzt nicht lieber wieder nach Hause holen? Immerhin hat Frau Wellenstein doch unmittelbar neben ihr gewohnt.“
Georg fühlte sich wie zwischen Scylla und Charybdis und sah hilfesuchend zu Frau Helme hinüber, die seinen Blick richtig deutete. „Aber Sie wissen doch, dass Georgs Mutter selbst ins Heim wollte. Allerdings hat Frau Schäufele schon Recht, Schorsch, die Welt ist heute einfach gefährlicher, besonders für alte Menschen. Was ich da schon alles im Fernsehen gesehen habe.“ Sie machte ein besorgtes Gesicht und drehte die offene Hand hin und her.
„Sie wissen, meine Damen, dass ich im Dienst alles gebe. Hier im Haus kann ich Ihnen wirklich für Ihre Sicherheit garantieren.“ Georg sah auf die Uhr, er musste los.
„Das wissen wir auch sehr zu schätzen“, meinte Frau S chäufele, „aber was ist draußen? Da sind wir schutzlos. Du kannst nicht immer bei uns sein und auf uns aufpassen. Das müssen wir schon selbst tun.“
Und Frau Helmle pflichtete ihr bei. „Stimmt. Wenn ich mein Ernschdle nicht hätte, dann würd e ich in der Dunkelheit überhaupt nicht mehr vor die Tür gehen. Sie haben wenigstens noch Ihren Mann.“
Wie sollte er aus dieser Nummer nur wieder herauskommen? Georg wollte sich verabschieden, was Frau Helmle vereitelte, indem sie aus ihrer Handtasche einen kleinen gebundenen Kalender zog und ihn Georg überreichte, der sie nur fragend ansah. „Auf der Fahrt ins Venezia hast du uns doch erzählt, dass du glaubst, dass der Wirt Dreck am Stecken hat. Jetzt kannst du nachschauen, was der Kerle so treibt. Bitte.“
„Frau Helmle, ist das der Kalender von Adriano Feli ce?“
„Wonach sieht’s denn sonst aus? Hör mal Georg, jetzt mach kein Theater, sondern schau dir das Heftle in aller Ruhe an. Wenn du’s nicht mehr brauchst, dann bring ich es einfach wieder zurück. Ich klau doch dem Italiener nicht seinen Kalender. Also hör mal!“
Georg war sprachlos, damit hatte er nicht gerechnet. Da er die Diskussion nicht weiter vertiefen wollte - erstens weil die Wände im Treppenhaus Ohren hatten und zweitens weil er jetzt wirklich los musste, wenn er noch einigermaßen pünktlich bei seiner Mutter ankommen wollte, - steckte er das Notizheft kurzerhand ein.
„Ist schon recht, Schorsch. Ich weiß, dass du dich dafür nicht bedanken kannst. Hoffentlich hilft’s dir trotzdem. Aber einen Gefallen könntest du uns dafür doch tun, oder?“
Ohne seine Antwort abzuwarten, unterbreitete Frau Helmle dem Hauptkommissar ihren Deal. Sie wünsche sich für die Bewohner der Schubartstraße ein Sicherheitstraining, das Georg anbieten soll e. Schließlich würden die Zeiten immer unsicherer werden und sie wäre gern gegen alles gewappnet, wenn sie in den Straßen von Bärlingen unterwegs sei. Georg wollte nur noch weg und willigte ein. Was genau dieses Sicherheitstraining beinhalten sollte, das würden die Damen ihm überlassen, er sei schließlich der Mann vom Fach. Georg war jetzt jedes Mittel recht und über die konkrete Umsetzung des Projekts konnte er sich auch noch später Gedanken machen. Jetzt hatte er ein ganz anderes Problem, denn angelockt durch das Gespräch der Damen streckte Herr Ebert den Kopf durch seine Wohnungstür, vor welcher der kleine Treppenhaus-Schwatz stattgefunden hatte. Der hatte ihm gerade noch gefehlt!
„Herr Ebert, was sagen Sie dazu, wenn wir im Alter eine gemeinsame WG gründen würden, statt uns im Altersheim abmurksen zu lassen? Vielleicht will sich auch Georg umorientieren und bei uns auf 400-Euro-Basis als Sicherheitsmann anfangen.“
Als Antwort auf Frau Schäufeles Vorschlag lachte Herr Ebert nur und nahm Georg am Arm und führte ihn nach unten. „Junge, ich habe alles mitgehört. Mach dir nichts draus, die beiden meinen es nicht böse.“
Hatte Herr Ebert da eben zugegeben, dass er heimlich hinter der Wohnungstür lauschte? „Was willst du mit deinem Wagen machen?“
Noch einer, der
Weitere Kostenlose Bücher