Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
gleich zum Kern kam. Vielleicht hatte es mit dem Alter zu tun, dass sich seine Oldies das zeitraubende Drumherum einfach sparten, dachte sich Georg und fand diese Einstellung eigentlich ganz sympathisch. Er berichtete Herrn Ebert von seinen Plänen.
„Wenn du willst, dann kümmere ich mich um die Reparatur. Ist billiger als in der Werkstatt und schneller.“
Georg wusste nicht, was er von diesem Angebot halten sollte. Er wollte den Ascona eigentlich nicht irgendeinem Hobby-Schrauber überlassen, der die Dellen mit dem Hammer ausbeulte. Herr Ebert spürte das Zögern und nahm es Georg nicht übel.
„Komm mal mit, ich zeige dir meine Werkstatt und danach entscheidest du dich. Ich fühle mich ein wenig mitschuldig am Zustand deines Wagens und würde das gern wieder gutmachen. Wir hätten dir die Schlüssel abnehmen müssen und dich nicht fahren lassen dürfen.“ Und entschuldigend fügte er noch hinzu „Aber du bist schließlich der Polizist und weißt, was richtig ist.“
Herr Ebert führte Georg hinters Haus in den Garagenhof und öffnete mit einem automatischen Türöffner die einzige Doppelgarage. Georg war lange nicht hier gewesen; seine Mutter hatte die Garage, die zu ihrer Wohnung gehörte, schon vor vielen Jahren verkauft. Als alleinerziehende Mutter war der Erlös zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber er half ihr damals aus einer finanziell klammen Situation. Früher hatte Georg im Hof Fußball gespielt und die Bälle gegen die Garagentore gedonnert, so lange, bis einer der Besitzer kam und ihn und seine Freunde vertrieben hatte.
Jetzt traute Georg seinen Augen kaum, was in der Doppelgarage zum Vorschein kam. Herr Ebert hatte sich eine komplette Werkstatt eingerichtet. Weil die Decke für eine Hebebühne zu niedrig war, hatte er in den Boden der Garage eine Vertiefung eingelassen, um auch unter dem Auto arbeiten zu können. Auf dieser Arbeitsrampe stand ein blank polierter Mercedes 190 D, schwarz, rote Polster und mit Heckflosse.
„ Also da bin ich jetzt sprachlos! Damit hätte ich nicht gerechnet!“ Georg trat näher und fuhr ehrfurchtsvoll mit der Hand über den Lack. Herr Ebert war sichtlich stolz auf das, was er ihm hier präsentierte. „Auf meine kleine Flosse bin ich sehr stolz. Den Wagen habe ich selbst komplett auseinandergebaut, Ersatzteile eingesetzt und generalüberholt. Der läuft jetzt besser als jemals zuvor. Ich hab da auch noch ein wenig nachgeholfen, wenn du verstehst, was ich meine.“ Georg nickte nur.
„Lass mich den Ascona wieder auf Vordermann bringen. So lange die Reparatur dauert, kannst du den 190er fahren. Ich denke, dass ich die Schrammen in einem Tag draußen habe.“ Herr Ebert überreichte Georg den Schlüssel und nahm ihm den Autoschlüssel für seinen Opel ab. „Wenn du den Wagen noch ein oder zwei Tage länger entbehren könntest, dann kann ich ihn auch gern richtig gründlich nachsehen und vielleicht das eine oder andere optimieren.“
Georg dankte Herrn Ebert für sein Angebot , wollte aber gern vorher wissen, welche Rechnung er ihm denn dafür schreiben wolle. Herr Ebert lachte nur. Auf Rechnung mache er in seiner Werkstatt überhaupt nichts, aber das sollte Georg am besten sofort wieder vergessen. Er wolle von Georg auch kein Geld; das Sicherheitstraining, über das er sich mit den beiden Damen vorhin im Treppenhaus unterhalten habe, das würde er sich auch wünschen. Sie besiegelten ihr Geschäft mit einem Handschlag unter Männern und Georg manövrierte den Mercedes vorsichtig aus der Garage heraus.
Als er vor dem Altersheim vorfuhr, sah er, dass seine Mutter chic frisiert und mit ihrem Ausgeh-Handtäschchen vor dem Gertrudenstift stand. Er hupte, aber sie reagierte nicht. Erst als er direkt vor ihr hielt, beugte sie sich zum Beifahrerfenster herunter und erkannte ihn. Georg stieg aus und half seiner Mutter beim Einsteigen. „Mit was für einem heißen Schlitten bist du denn heute unterwegs? Wo ist der Opel?“
Georg versuchte einen beiläufigen Ton. „Ölwechsel, du weißt schon. Der Kundendienst war dir doch immer so wichtig. Stell dir vor, Herr Ebert war so nett und hat mir seinen Wagen geliehen, als er erfahren hat, dass du heute gern einen Ausflug machen willst.“
„Herr Ebert, ja , das ist ein feiner Kerl. Und er hat Geschmack.“ Bewundernd strich seine Mutter über die Inneneinrichtung des Autos und hielt sich erschrocken fest, als Georg das Gaspedal drückte. Der Wagen hatte mehr PS unter der Haube, als es sein Baujahr vermuten
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