Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
nicht spielen, nicht einmal Wellenstein, dem ich übrigens mehr zutraue, als du glaubst. Auch wenn er seine Mutter und seine Frau vielleicht gern für immer los wäre, warum sollte er diese Schmutz-Kampagne gegen sich selbst inszenieren?“
Otto war sich nicht sicher. „Es könnte auch ein taktisches Ablenkungsmanöver sein, ein Teil seiner raffinierten Strategie. Und es gab auch schon genügend Fälle, wo eine Mordserie nur dazu diente, einen bestimmten Mord zu vertuschen und erklärbar zu machen.“
Gerda schüttelte den Kopf. „Dass Wellenstein dahinter steckt, glaube ich kaum. Das Konzert nächste Woche ist Wellenstein wirklich wichtig und er hat schon immer sehr viel Wert darauf gelegt, was die Medien über ihn berichten. Schlechte PR ist das Letzte, was er jetzt gebrauchen kann. Außerdem ist er kein Mörder. Nein, ich glaube Wellenstein. Ich denke, da will ihm jemand ganz übel mitspielen. Und wer weiß, was da noch alles kommt.“
„ Wenn du mich fragst, Gerda, wird er sich wohl überraschen lassen müssen. Vielleicht war’s das aber jetzt auch. Zwei Tote sind immerhin eine ziemlich heftige Bilanz.“
„Ich glaube, dass Wellenstein noch einen letzten Brief erhalten wird. Schau mal hinten auf die Briefe, Otto, da sind ganz klein mit Bleistift Zahlen vermerkt. Wir haben einen Umschlag mit 1/4, einen mit 2/4 und auf diesem hier steht 3/4. Brief Nummer vier von vier fehlt also noch.“
Otto führte den Gedanken seiner Frau weiter. „Wenn der Briefeschreiber auch der Mörder ist, dann gibt es jetzt eigentlich nur noch eine Steigerung, jetzt wird wohl Wellenstein um sein Leben fürchten müssen.“
Gerda unterbrach ihn aufgeregt. „Wenn du Recht hast, dann wird der letzte Brief auch eine konkrete Androhung enthalten. Die letzten Briefe sollten Wellenstein wenigstens im Rückblick die Augen über die Tat öffnen. Das ist bei einem Attentat auf ihn wohl schlecht im Nachhinein möglich.“
Otto zog den Teller mit den belegten Broten zu sich heran und begann zu essen. Obwohl Gerda die Schnittchen selbst hergestellt hatte, hätte sie ihm das Brot am liebsten wieder aus der Hand genommen. „Dass du jetzt etwas essen kannst! Wir können hier doch nicht tatenlos herumsitzen, während da draußen ein Attentäter frei herumläuft.“ Sie sprang auf. „Wir sollten Wellenstein sofort anrufen.“
Otto hielt sie am Arm fest und legte sein Brot beiseite. „Und was willst du ihm sagen? Dass er ziemlich tief in der Tinte sitzt oder was? Gerda, überleg doch mal. Wir können ihm nur erzählen, was er selbst schon weiß. Und glaube mir, schlecht schläft der Mann auch so schon. Setz dich wieder hin. Wir haben noch eine andere Spur, die wir verfolgen können.“
Gerda war noch nicht überzeugt, nahm aber wieder Platz. „ Welche Spur meinst du denn?“
„Ich habe vorhin versucht, die Briefe zu durchleuchten, um zu sehen, aus welcher Zeitung die Wortfetzen stammen könnten. Vielleicht gibt uns das einen Hinweis auf den Täter.“
„Wenn du mich fragst, dann stammen die Schnipsel nicht aus einer Zeitung, sondern aus Illustrierten. Das Papier ist dicker und glänzender. Außerdem passen die Schrifttypen zu Hochglanzmagazinen und“, Gerda brach den Satz ab und starrte ihren Mann an. „Otto! Unsere Lesezirkel-Hefte! Da fehlen Seiten!“
Otto schaute skeptisch. Aber Gerda ließ sich nicht beirren, sie hatte einen Verdacht und den wollte sie sofort überprüfen. „Sei so gut und hol mir die Stehleuchte von drüben, ich brauche ein gutes helles Licht. Ich hole schnell die zerfledderten Illustrierten. Ich muss einfach wissen, ob die Drohbriefe aus unseren Magazinen zusammengeklebt wurden.“
Gerda hielt die Briefe vor die helle Lampe. „Es wäre schon möglich, dass die Schnipsel aus Illustrierten stammen. Das hier zum Beispiel könnte doch das Stück einer Parfum-Werbung sein.“ Gerda wies auf die Rückseite eines ganzen Wortes. „Und hier könnte es sich um das Gesicht dieser Schauspielerin handeln. Wie heißt sie doch noch gleich?“
Otto blätterte unterdessen in den Lesezirkel-Heften und suchte die Stellen, an denen Seiten herausgerissen waren. „Gerda, selbst wenn die Sch nipsel aus solchen Hochglanzzeitschriften stammen, dann werden wir nicht herausbekommen, ob sie aus unseren Magazinen herausgerissen wurden. Immerhin wurde jeweils die ganze Seite herausgetrennt.“
Doch so schnell wollte Gerda nicht aufgeben. Sie wusste, dass sie auf einer wichtigen Spur war. „Es muss doch eine Möglichkeit geben, um
Weitere Kostenlose Bücher