Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
Gummihandschuhe an, die der Hauptkommissar ihm entgegenhielt. Georg prüfte ob die Luft vor dem Badezimmer rein war und schickte nacheinander Gerda und Otto auf ihren Posten, bevor er selbst nach unten in die Küche ging.
Ge rda wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr gab. Sie ging auf Zehenspitzen den Flur entlang in Richtung Arbeitszimmer, trat allerdings nicht ein, weil sie durch die geöffnete Tür jemanden im Raum stehen sah. Vorsichtig schlich sie sich näher heran und beobachtete, wie ein dunkel gekleideter Mann etwas vom Schreibtisch aufhob und durchblätterte. Anschließend hob der Mann sein Jackett und steckte sich ein dickes Heft hinten in den Hosenbund. Hatte Gerda das richtig gesehen, war da gerade jemand dabei, Wellensteins Partitur zu stehlen? Der Mann prüfte den Sitz seiner Beute und schien zufrieden zu sein. Gerda wusste, dass sie jetzt schnell sein musste. Rasch ging sie die wenigen Schritte bis zur Treppe zurück und tat so, als sei sie gerade auf dem Weg nach oben. Aus dem Arbeitszimmer kam ihr Ansgar Wellenstein entgegen und Gerda sprach ihn an. „Wie gut dass ich Sie treffe, Sie kennen sich hier doch aus. Ich suche das Badezimmer, unten war gerade besetzt.“ Ansgar Wellenstein lächelte, als habe er nicht gerade die Grundlage für ein erfolgreiches Probenwochenende und ein reibungsloses Konzert nächste Woche entwendet und wies ihr freundlich den Weg.
Gerda wartete , bis Wellensteins Bruder nach unten verschwunden war und ging dann in das Arbeitszimmer. Um die Partitur konnte sie sich jetzt nicht kümmern. Dieses Problem musste Wellenstein alleine lösen. Immer auf der Hut vor weiteren Überraschungen suchte Gerda im Papierkorb und auf dem Schreibtisch nach Zeitschriftenresten. Der Schreibtisch selbst war verschlossen und auch sonst fand sie keine Hinweise darauf, dass Frau Wellenstein hier Drohbriefe an ihren Mann zusammengeklebt haben könnte.
Erleichtert verließ die Friseurin das Arbeitszimmer. Insgeheim hoffte sie, da ss auch ihr Mann und Georg keine verdächtigen Spuren finden würden. Die Todesfälle waren schon genug für Wellenstein, wenn er jetzt noch erfahren müsste, dass es seine Frau war, die hinter den Anschlägen und den Drohbriefen steckte, dann brächte ihn das um, da war sich Gerda sicher.
Otto wusste, dass er nicht einfach so aus dem Haus gehen und die Mülltonnen seiner Gastgeber durchwühlen konnte. Also inszenierte er sein Vorhaben als Raucher-Pause. Zum Glück hatte er seine Nostalgie-Zigaretten, von denen Gerda nichts wusste, dabei. Er nahm eine Zigarette in den Mund und steckte sie sich an. Sofort fühlte er sich in seine Jugend versetzt. Der Tabak schmeckte für ihn nach Abenteuer und weiter Welt. Im Alltag gab es nur wenige Situationen, in denen er ungestört eine rauchen und für ein paar Züge in eine andere Welt abtauchen konnte. Gerda glaubte, ihm das Zigarettenrauchen schon zu Beginn ihrer Beziehung total abgewöhnt zu haben und Otto ließ sie in diesem Glauben, nachdem er für anfängliche Rückfälle auf dem Klo streng getadelt worden war. Da Otto allerdings wusste, dass es mit zunehmendem Alter ratsam war, nicht alle Laster der Jugend beizubehalten, beschränkte er den Tabak-Konsum mittlerweile auf absolute Notfälle und auf die Gourmet-Abende mit seinen Freunden.
Jetzt schlenderte er m it der Zigarette im Mund über die Garageneinfahrt und verschwand hinter der Hausecke, wo die Mülltonnen standen. Er behielt die Zigarette im Mund, während er mit beiden Händen die Mülltüten auf Drohbrief-Überreste untersuchte. Gewissenhaft nahm er sich einen Beutel nach dem anderen vor und war froh, dass er diese etwas entwürdigende Arbeit geschützt vor den Blicken der Nachbarn verrichten konnte. Falls Frau Wellenstein die Briefe gebastelt haben sollte, hier jedenfalls hatte sie die Reste nicht entsorgt. Otto schloss die Mülltonne und streifte die Gummihandschuhe von den Händen. Weil er sich nicht sicher war, ob er sie einfach im Müll entsorgen konnte, steckte er sie in die Seitentasche seines Jacketts und trat um die Ecke.
In der Haustür sah er Frau Wellenstein stehen, die sich gerade bückte und etwas aufhob. Als Otto näherkam, wurde die Gastgeberin auf ihn aufmerksam und musste sich bemühen, die Fassung zu bewahren. „Herr König, kommen Sie bitte herein. Sie müssen doch nicht hier draußen stehen zum Rauchen.“
Otto merkte an ihrer Stimme, dass irgendetwas nicht stimmte. Frau Wellenstein stütze sich an der Haustür ab , als ob ihr schwindelig
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