Todesgeil
krampfte sich sein Magen zusammen. Es war eine rein körperliche Reaktion. Eigentlich empfand er kein Mitleid mit ihr.
»Bitte ... hilf ... mir ...«
»Nein.«
Er ballte die rechte Hand zur Faust und versetzte ihr einen Hieb mitten ins Gesicht. Zufrieden vernahm er das Brechen von Knochen, während sie auf die Seite fiel. Sie stöhnte leise und rührte sich nicht mehr.
Chuck fing an, an dem Klebeband zu zerren, das seine Beine an den Stuhl fesselte. Das Herz pochte ihm bis zum Hals. Vielleicht hatten sie alle ja doch noch eine Chance. Wenn Zoe es schaffte, den beiden Mädchen lange genug davonzulaufen, konnte er sich befreien, an ein Telefon gelangen und die Cops rufen.
Schritte. Da kam jemand.
Rob.
Er ging in die Küche und fing an, die Schubladen aufzuziehen. Chuck hörte Besteck klappern und versuchte verzweifelt, sich von dem Klebeband loszumachen. Er fluchte. Wenn seine Hände doch nur aufhören würden zu zittern. Diese Arschlöcher hatten Unmengen von Klebeband benutzt. Es dauerte ewig.
Rob kehrte wieder ins Wohnzimmer zurück.
In der rechten Hand hielt er ein riesiges Tranchiermesser, von der Art, mit der man an Thanksgiving den Truthahn aufschnitt. Er fuchtelte damit vor Chuck herum. »Hör’ auf!«
Chuck machte damit weiter, das Klebeband abzuziehen. Ihm blieb nichts anderes übrig. Vielleicht konnte er ja mit dem Kerl reden und ihn zur Vernunft bringen, ehe die Mädchen wieder zurückkamen. Wenn es je eine Zeit gegeben hatte, die offenkundig einander widerstreitenden Gefühle dieses Typs auszunutzen, dann jetzt. »Ich kann nicht. Ich habe nicht vor, hier rumzusitzen und nichts zu tun. Ramm’ mir doch das Messer rein, wenn du willst. Mir ist das scheißegal.«
Chuck fuhr damit fort, das Klebeband von seinem rechten Bein zu wickeln. Es ging jetzt immer schneller ab. »Du solltest mir helfen. Das werde ich den Cops sagen. Und ich werde ihnen auch erzählen, dass du bei dem wirklich üblen Scheiß nicht mitgemacht hast. Vielleicht kommst du dann mit einem blauen Auge davon.«
»Dafür ist es jetzt zu spät.«
Chuck schrie auf, als Rob ihm das Messer quer übers Gesicht zog.
Er empfand nicht dasselbe dabei wie die Mädchen, als er es tat. Er sah zu, wie das Blut aus der Wunde des Typs gepumpt wurde, und verspürte keinen Adrenalinschub. Er empfand Abscheu und Ekel vor sich selbst. So etwas törnte ihn nicht an. Niemals. Er tat einfach, was getan werden musste.
Das Mädchen mit der Brandwunde im Gesicht schrie ihn an: »Du Scheißkerl! Weshalb tust du das?«
Rob sagte ihr die Wahrheit. »Ich weiß nicht, keine Ahnung.«
Sie nannte ihn noch einmal einen Scheißkerl und fing wieder an zu schluchzen.
Ein plötzliches lautes Geräusch aus der Ferne und Robs Blick ruckte zur Balkontür. Das Geräusch kam abermals und diesmal erkannte er, worum es sich handelte – Revolverschüsse. Julie war da draußen und ballerte am Strand herum. Um diese Nachtzeit war der Strand wahrscheinlich ziemlich verlassen, aber jemand aus der Nachbarschaft könnte die Schüsse hören und die Cops rufen. Oder vielleicht auch nicht, schließlich war es schon spät. Rob nahm an, die Chancen standen fifty-fifty. Merkwürdigerweise hatte er jetzt aber nicht mehr Angst als zuvor.
»ZOE!«
Rob zuckte zusammen.
Der Typ, den er geschnitten hatte – Chuck –, starrte ebenfalls auf die offene Balkontür. Er kriegte sich kaum noch ein. Rob konnte es ihm nicht verübeln. Immerhin war es seine Freundin, auf die da draußen geschossen wurde. Er war gut gebaut. Ein Fitness-Junkie. Jeder Muskel in seinem Körper trat hervor. Es sah aus, als hätte er unter der Haut ein Nest voller Schlangen, die ausbrechen wollten. Von der klaffenden Wunde an seiner Wange lief ihm das Blut übers Gesicht, rann ihm über die Lippen und das Kinn herab.
Als in der Ferne ein weiterer Schuss knallte, stieß er einen Wutschrei aus, riss sein rechtes Bein hoch, um es von der verbliebenen Lage Klebeband zu befreien, stemmte sich mit dem Fuß vom Boden ab und stürzte sich vornüber auf Rob.
Rob kreischte auf und versuchte zurückzuweichen, doch vor lauter Zorn flog der Kerl mit solcher Wucht auf ihn zu, dass es unmöglich war, rechtzeitig wegzukommen. Er rammte ihm den Schädel so fest in den Magen, dass es ihm die Luft aus der Lunge drückte. Beide schlugen hart auf dem Boden auf. Rob stürzte flach auf den Rücken, sein Angreifer landete unbeholfen, den Stuhl noch immer ans linke Bein gebunden.
Die anderen schrien und feuerten Chuck an, drängten ihn,
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