Todesgeil
tun.«
Stirnrunzelnd blickte Julie zu ihr auf. »Weshalb denn nicht?«
»Weil du das Ding beinahe leer geschossen hast. Viel zu viel Lärm.« Missy ließ sich auf die Knie sinken und starrte auf Zoe hinab.
Das Lächeln des Mädchens war merkwürdig gelassen. »Junge, jetzt hast du dich ganz schön selber gearscht, Mädchen. Ich wollte es wirklich tun, weißt du. Dich am Leben lassen, wenn Chuck uns dabei hilft, die anderen zu erledigen.«
Zoe schluckte noch mehr Blut, als sie sich darum bemühte, trotz des Revolverlaufs in ihrem Mund zu sprechen. »Das ... konnte ich nicht zulassen.«
Missy lachte. »Oh, natürlich nicht.«
Julie nahm ihr den Lauf aus dem Mund. »Ja. Du bist total edel und der ganze Scheiß. Vor ein paar Minuten hat sich das alles noch ganz anders angehört.«
Missy schüttelte, noch immer lächelnd, den Kopf. »Das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Du wirst sterben, so wie die anderen.«
Zoes Augen füllten sich mit Tränen, düstere Hoffnungslosigkeit überkam sie. »Bitte ...«
Missy beugte sich näher, ihr Gesichtsausdruck gespannt.
»Sag’ das noch mal ...«
»W-was?«, stotterte Zoe.
»Was du gerade gesagt hast. Sag’ es noch mal!«
Zoe hatte Schwierigkeiten, klar zu denken. Ihre Furcht dominierte alles. Sie konnte sich nicht daran erinnern, was sie vor einer Sekunde gesagt hatte. Dann fiel es ihr wieder ein und sie zwang ihre Lippen, das Wort erneut zu formen. »Bitte.«
»Noch mal.«
»Bitte«, wimmerte sie.
»Bitte was?«
Ein weiteres Wimmern. »Bitte bringt mich nicht um.«
Missys Kehle entrang sich ein genießerischer Laut. Ein Laut, den man von sich gab, wenn man etwas Köstliches aß. »Darauf stehe ich am meisten, wenn sie anfangen zu betteln.«
Mittlerweile wirkte Julie beinahe gelangweilt. »Also, was machen wir jetzt mit ihr?«
Missy hob den Kopf und blickte aufs Meer hinaus. Bei Nacht klang das Rauschen der Flut lauter. Zoe musste daran denken, wie beruhigend das Geräusch bisher immer auf sie gewirkt hatte. Doch nun kam es ihr nur noch bedrohlich vor.
Missy richtete sich in die Hocke auf und lehnte sich auf den Hacken nach hinten. »Ich habe eine Idee.«
Einer von Julies Mundwinkeln verzog sich nach oben. »Ja?«
»Ich habe mir gerade gedacht, ich glaube, ich habe noch nie jemanden ertränkt.«
»NEIN!«
Das Wort brach einfach aus Zoes wunder Kehle hervor, nur eine einzige heftige Silbe, so voller Qual und blankem Entsetzen, dass sie zur Gänze das Grauen ausdrückte, das sie empfand. Sie war verzweifelt und warf sich mit aller Gewalt hin und her, und um ein Haar wäre es ihr gelungen, das jüngere Mädchen abzuwerfen. Doch dann legte Missy ihr die Hände um den Hals und fing an zuzudrücken. Sie hatte erstaunliche Kraft, ihre Hände waren wie ein stählerner Reif um ihren Hals, der sich immer mehr zuzog. Der Druck ließ erst nach, als sie aufhörte zu zappeln.
Missy ließ ihre Kehle los. »Komm, wir tun es.«
Sie zerrten Zoe hoch und begannen sie zum Meer zu schleppen. Sie war geschwächter als zuvor und anfangs ließ sie sich mitschleifen. Sie fühlte sich wie betäubt. Geschlagen. Ihr stand ein grässlicher Tod bevor und sie konnte nichts dagegen unternehmen. Als das Salzwasser zentimeterhoch über ihre Füße schwappte, flammte der Schmerz in ihren Wunden erneut auf. Sie schrie und versuchte sich aus dem Griff der beiden zu befreien. Doch es nützte nichts. Sie ließen nicht los und zerrten sie ins tiefere Wasser. Sie trat auf einen Stein, der unter der Oberfläche nicht zu sehen war, und schrie erneut auf. Und dann vernahm sie das Allerschlimmste. Das Gelächter der beiden. Sie weideten sich auch noch an ihrer Qual. Gott, das waren keine Menschen mehr. Sie wateten noch weiter mit ihr hinaus. Sie trat auf weitere Steine und Muscheln. Als sie schließlich stehen blieben, reichte ihnen das Wasser bis zur Hüfte und Zoe war vor lauter Schmerz nur noch ein schlotterndes, nahezu besinnungsloses Häufchen Elend. Sie konnte nicht mehr schreien. Noch nicht einmal mehr betteln.
Missy lachte. »Und jetzt hol’ tief Luft.«
Julie hatte ihr die Hände an die Hüfte und ins Kreuz gelegt, Missy die eine Hand im Genick, die andere hielt ihren Oberarm fest. Sie wollten es wirklich tun. Sie ertränken. Wie konnte irgendjemand, ganz gleich wie grausam er auch sein mochte, so etwas seinem Mitmenschen antun?
Ehe die beiden sie ins Wasser tauchten, holte sie tief Luft. Sie schlug um sich und versuchte sich loszureißen. Falls es ihr gelang sich zu befreien,
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