Todesgeil
anders hätte laufen können. Er hatte Trost gebraucht und sie war da gewesen. Und es war gut. Sehr, sehr gut. Dennoch konnte er nicht vergessen, wie sie gelacht hatte, als er in ihren Armen lag und weinte.
Das war einfach ... zum Kotzen.
Schlimm.
Die Welt um ihn herum verschwamm, fast so, als wäre er unter Wasser. Ihm brummte der Schädel. Er sackte über dem Tresen zusammen, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von der Holzplatte entfernt, nah genug, um die Wirbel in der Maserung zu erkennen. Er schüttelte den Kopf und setzte sich auf. Die Uhr an der Wand hinter dem Tresen zeigte 3:17 Uhr an. Vor über einer Viertelstunde war Sperrstunde gewesen. Chuck fuhr auf seinem Hocker herum und blickte sich um.
Verdammte Scheiße ...
Außer ihm war niemand mehr in der Bar. Die Leuchtreklame im Fenster, die OFFEN anzeigte, war ausgeschaltet. Die Stühle standen verkehrt herum auf den Tischen. Das Deckenlicht brannte nur noch gedämpft.
Er runzelte die Stirn. »Wo sind alle ...?«
Mitten im Satz wurde ihm das Wort abgeschnitten, als jemand in seinem Rücken ihm etwas um den Hals schlang und fest zuzog. Es fühlte sich an wie ein Lederriemen. Ein Gürtel vielleicht. Chuck schnappte nach Luft und griff mit vom Alkohol schlaffen Fingern nach dem Riemen. Der Angreifer zerrte ihn von seinem Hocker, wobei sich die Schlinge um seinen Hals noch fester zuzog. Das Blut schoss ihm ins Gesicht und seine Schläfen pochten. Seine Augen fühlten sich an, als wollten sie gleich aus den Höhlen treten, während er nach hinten gezerrt wurde. In dem Versuch, die Reise nach wo auch immer sein Widersacher in hinbringen wollte, aufzuhalten, ließ er sich auf die Knie sinken, doch der Kerl war zu stark für ihn und schleifte ihn einfach weiter. Chuck reckte den Kopf nach hinten und blickte in das grinsende Gesicht des Barkeepers. In dem gedämpften Licht sah die Narbe unter seinem Auge feuerrot aus.
Die nackte Angst und ein Adrenalinschub durchschnitten den Alkoholnebel.
Oh, Scheiße! Der Kerl bringt mich um!
Einem Teil von ihm war klar, dass sein Leichtsinn schuld daran war.
Ich hätte nicht so mit dem Geld um mich werfen sollen.
Und mich auch nicht wie ein Arschloch aufführen sollen.
Ihm war klar, dass es genau so zutraf. Und er war sich ebenfalls verdammt sicher, dass er nie eine Chance haben würde, aus diesen wertvollen Lektionen, die ihn das Leben lehrte, Nutzen zu ziehen.
Gleich werde ich sterben! OH, SCHEISSE!
Der Barkeeper zerrte ihn durch eine Tür in ein Hinterzimmer. Hier war die Beleuchtung heller. Er sah Stapel von Bier- und Schnapskisten vor sich, kleine Fässer und weitere für eine Bar typische Vorräte. In dem Raum befanden sich noch zwei Leute. Eine billig aussehende Wasserstoffblondine in Minirock und schulterfreiem Top und ein weiterer stämmiger Typ, der aus dem gleichen Hinterwäldler-Holz geschnitzt schien wie Pedro oder wie auch immer der Kerl heißen mochte.
Chuck wurde in die Mitte des Raumes geschleift. Der Barkeeper nahm den Gürtel von seinem Hals und warf ihn beiseite. Ihm blieb nur eine einzige Sekunde, um Luft zu holen, ehe Joe Bob ihm eine eisenharte Faust in den Magen rammte, sodass er einfach zu Boden sackte. Er wälzte sich auf den Rücken und starrte in drei hässliche Grimassen, die auf ihn herabstierten.
Endlich kam er wieder zu Atem und winselte hilflos: »Bitte ... ich habe Geld. Viel Geld. Ihr ... ihr könnt ... es haben ... alles.«
Joe Bob grinste. »Das ist ja mächtig großzügig von dir, Kumpel. Und wir werden dein Geld auch nehmen. Aber so einfach kommst du uns nicht davon.«
Auch der andere Kerl grinste nun. »Wie ich höre, muss man dir Manieren beibringen, Junge.«
Die Frau stellte ihm die Sohle ihrer High Heels auf die Kehle und drückte fest zu. In ihren Augen glitzerte blanker Hass. Er konnte sich gut vorstellen, weshalb Joe Bob sauer auf ihn war, aber was hatte er den anderen hier getan?
Er versuchte sich an den Abend zu erinnern.
Stundenlang hatte er an der Bar gesessen und sich volllaufen lassen. Getrunken und hin und wieder abfällige Bemerkungen gemacht, wenn jemand versucht hatte, ein Gespräch anzufangen. Vage Erinnerungen an Bosheiten und Gehässigkeiten.
Scheiße.
Die Frau grinste ihn spöttisch an. »Jetzt werden wir dich ordentlich rannehmen, mein Hübscher.«
Die Kerle lachten.
»Genau das«, sagte Joe Bob. »Und du wirst zu niemandem ein Sterbenswort davon sagen, es sei denn du willst, dass meine Bikerfreunde bei dir vorbeischauen und deine ganze verfickte
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