Todesgier - Thriller
der sich erkundigte, wer er sei.
»Davenport, Minnesota SKA. Unsere Dienststelle hat die Fotos rumgehen lassen.«
Der Einsatzleiter nickte in Richtung Leiche. »Charles hat ihn aufgespürt. Glauben wir jedenfalls.«
»War er allein? Wissen Sie, was genau passiert ist?«
»Ja, war er. Der Idiot hat keine Verstärkung angefordert.« Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel. Er wischte sie weg.
Der Einsatzleiter der Feuerwehr sagte: »Sehen Sie den schmalen Jungen da drüben?« Er deutete zur Motelrezeption, von wo aus ein junger Mann in schlecht sitzendem braunem Anzug und Krawatte sie beobachtete. »Mit dem hat Charles zuletzt geredet; der kann erklären, was geschehen ist.«
Lucas nickte. »Und das Feuer? War ein Brandbeschleuniger im Spiel? Wie lang hat es gedauert …?«
Der Mann von der Feuerwehr nickte ebenfalls. »Die Spezialisten sehen sich die Sache gerade an. Ihrer Ansicht nach war der Auslöser Benzin, wahrscheinlich auch Öl, eine Art Molotowcocktail. Da drin befinden sich die Reste eines Zehn-Liter-Benzinkanisters aus Plastik, am Fußende des Betts.« Rahmen und Lattenrost waren zu einem Metallklumpen verschmolzen.
Lucas schaute durch das Loch, das einmal ein Fenster gewesen war, in das Zimmer, in dem er ausschließlich Motelgegenstände erkannte: Betten, verkohlte Tische, Telefone,
Lampen, einen Fernseher, einen geschmolzenen Wecker, zwei angekokelte Bilderrahmen.
»Nicht gerade viel«, bemerkte Lucas.
»Stimmt. Die haben das Zimmer zuerst ausgeräumt, sagen die Spezialisten.«
»Keine Ahnung, warum dieser Cohn das gemacht hat«, sagte der Einsatzleiter. »Kaschieren konnte er mit dem Brand nichts …«
»DNS«, widersprach Lucas. »Er wollte keine Spuren hinterlassen. In dem Zimmer waren Haare, Hautpartikel, Blut, Sperma, was auch immer. Das Feuer …«
»Sie wissen doch, wer er ist.«
»Ja, aber wir können ihm nichts nachweisen«, erklärte Lucas. »Diese Typen haben in New York Cops umgebracht und dort das Hotelzimmer genauso abgefackelt wie hier. Die New Yorker Polizei hat keine brauchbaren Spuren entdeckt. Keine Fingerabdrücke, keine DNS, nichts.«
»New York? Warum hat man uns nicht gewarnt? Wenn wir das geahnt hätten …«
»Stand alles auf dem Foto. Bei den persönlichen Daten.«
Der Einsatzleiter sah einen Uniformierten um die vierzig mit sandfarbenen Haaren, Schnurrbart und kleiner runder Brille an, der achselzuckend den Blick abwandte und sagte: »Niemand hat gedacht, dass er tatsächlich was findet. Wir haben ihn hingeschickt, weil … ach, Sie wissen schon.«
»Weil er ein Versager war?«
»Weil wir mit anderen Dingen beschäftigt waren«, entgegnete der Uniformierte, doch sein Blick sagte: Ja, Charles war ein Versager.
»Wie hieß er?«, erkundigte sich Lucas.
»Charles. Charles Dee.«
Ein halbes Dutzend Motelangestellte hatte sich aufgeregt diskutierend im und vor dem Büro versammelt. Lucas winkte zwei von ihnen, Joshua Martin und Kyle Wayne, an die Treppe zum ersten Stock. »Schildern Sie mir genau, was Officer Dee zu Ihnen gesagt hat. Jedes Wort, von dem Moment an, in dem er durch die Tür getreten ist.«
Die beiden sahen einander an: Kyle hatte trübe graue Augen, hinter denen Lucas nicht allzu viel Intelligenz vermutete. Kyle zuckte die Achseln, während Joshua ihn bat: »Korrigier mich, wenn ich was Falsches sage, ja?«
Kyle nickte. »Schieß los.«
»Wir standen hinter der Rezeption …«
»Allein?«, fiel Lucas ihm ins Wort.
Joshua nickte. »Ja. Kyle hatte gerade für eine ältere Dame, die nicht sonderlich gut zu Fuß ist, etwas die Treppe raufgetragen. Ich hab das Kleingeld gezählt, als der Streifenwagen draußen hielt. Kurz darauf kam Charles rein …«
»Sie kannten ihn?«
»Jedenfalls wussten wir, wer er war. Manchmal haben sie ihn als Schülerlotsen eingesetzt. Er kam also mit einem Foto rein und hat uns gefragt, ob wir den Mann darauf schon mal gesehen hätten. Wir haben uns das Bild angeschaut, und Kyle hat gefragt: ›Ist das nicht dieser große Typ bei uns …?‹«
Kyle bestätigte Joshuas Aussage.
»Ich wusste nicht, wen er meint, aber Kyle hat gesagt, der wäre in Zimmer eins-zwanzig, das jetzt abgebrannt ist, also hatte er wahrscheinlich recht. Charles hat nachgehakt, ob Kyle sicher ist, und der sagte: ›Nein. Vielleicht auch nicht.‹«
Kyle korrigierte ihn: »Ich hab gesagt: ›Vielleicht ja, vielleicht nein.‹«
»Charles ist rübergegangen«, fuhr Joshua fort, »und Kyle ihm nach. Ich hab weiter das Geld
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