Todesgier - Thriller
hier.«
»Was?«, fragte Lindy überrascht. »Wo steckt er?«
»Er ist weg.«
»Könnte er sauer sein …?«
»Er ist weg«, wiederholte Cohn mit eiskalter Stimme.
Ah. Jetzt begriff sie. Mit starr nach vorne gerichtetem Blick sagte sie: »Gut.« Und dann: »Vielleicht vorher.«
»Dann wäre er in der Lage gewesen, ihnen zu verraten, wo wir wann sind.«
Wieder Schweigen, dann stellte Lindy fest: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einer von den Jungs war.«
»Ich auch nicht. Die gehören zum Team. Wenn sie uns verpfiffen hätten, wäre die Polizei schon längst aufgetaucht. Sie waren alle da bei der Sache mit Spitzer.«
»Sogar Rosie, oder wie sie auch immer heißen mag …«, bemerkte Lindy.
»Ja, sogar sie.« Doch er erinnerte sich an Rosie Cruz’ Kritik an dem Mord und an ihre Erklärung, die ihm nun nicht mehr so überzeugend erschien.
»Vielleicht verpfeift Rosie dich nicht nur. Verstehst du, was ich meine?«
»Ich glaube schon. Aber sprich’s aus.«
»Möglicherweise spielt sie ein doppeltes Spiel, von dem wir nichts ahnen. Sie ist ziemlich … durchtrieben. Woher hat sie die ganzen Informationen? Was hat sie wirklich vor?«
»Sie hat schon eine Menge Aktionen mit uns durchgezogen«, sagte Cohn. »Und drei mit Jerry, vor seinem Unfall.«
»Was wohl aus dem Typ geworden ist, der Jerrys Herz gekriegt hat?«, fragte Lindy.
»Keine Ahnung …« Cohn schüttelte den Kopf. »Ich muss weiter über Rosie nachdenken. Sie würde uns nicht hängenlassen, weil sie dann selbst in der Luft hinge. Und warum sollte sie uns warnen, wenn sie eigentlich vorhat, uns zu verpfeifen? Nein, da läuft was anderes.«
Lindy deutete nach vorn: »Da kommt die Ausfahrt.«
Der neue Unterschlupf war ihr Versteck für den Notfall, organisiert von Rosie Cruz, in einem halb leerstehenden
Eigentumskomplex. Bei der Anmietung der möblierten Musterwohnung für einen Monat hatte sie dem Makler gesagt, dass er sie in der Zeit nicht herzeigen könne.
»Ich habe schon drei Monate lang keine Besichtigung mit Kaufinteressenten mehr durchgeführt«, hatte er gestanden. »Außerdem ist da noch eine andere, die ich herzeigen kann.«
Der Makler vermutete, dass Rosie Cruz für die Republikaner arbeitete, die die Musterwohnung für geheime Treffen nutzen wollten, und dass sie nicht vorhatte, irgendetwas mitgehen zu lassen. Bettzeug und Decken, Handtücher, Seife und Toilettenpapier hatte Rosie Cruz kaufen müssen, aber fast alles andere war in dem Apartment vorhanden.
Cohn lenkte den Wagen in die Einfahrt zur Parkgarage, gab den Code ein und fuhr zu ihrem Stellplatz. Dort stiegen sie aus und gingen die Innentreppe zum vierten Stock hinauf. Oben angekommen, sahen sie sich auf dem Flur um. Als sie niemanden entdeckten - von den sechs Wohnungen auf dieser Etage waren nur zwei belegt -, eilten sie zu Nummer 402, schlossen die Tür auf und traten ein.
Drinnen rief Cohn Rosie Cruz an, die mit dem Wagen unterwegs nach St. Paul war.
»An dem Motel schaut es inzwischen aus wie bei einer Polizeikonferenz«, berichtete sie. »Hast du den Cop ins Jenseits befördert?«
»Ja, ging nicht anders«, antwortete Cohn. Er sah zum Fenster hinaus, auf einen kleinen Park, in dem zwanzig oder dreißig Friedensaktivisten ein wenig verloren herumschlenderten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite schob ein Mädchen ein Rad den Gehweg entlang, lehnte es gegen eine Parkuhr, trat an einen weißen Van mit der Aufschrift »Channel 3« und klopfte ans Fenster.
Erst nach einer ganzen Weile sagte Rosie Cruz zu Cohn: »Bin in zehn bis fünfzehn Minuten da.«
Drüben wurde die Tür des Vans für das Mädchen geöffnet.
Frank und Lois aßen Pizza im hinteren Teil des Vans. Frank warnte Letty: »Wenn du das Rad so stehen lässt, wird’s dir geklaut.«
»Meinst du wirklich?«, fragte Letty.
»Ja. Sind ziemlich viele Menschen unterwegs.«
Also ging Letty noch einmal hinaus, löste das Schloss vom Sitz, schlang es um die Parkuhr und kehrte in den Van zurück. Lois, eine groß gewachsene, schlanke Frau mit stacheligen, kurz geschnittenen schwarzen Haaren, sagte mit einem Blick auf die Pizza: »Pilze und Peperoni.«
Erst als Letty ein Stück davon nahm, merkte sie, wie hungrig sie war. Sie wandte sich Frank zu. Frank hatte kurzes, lockiges Haar, ein rundes Gesicht, eine kurze, fleischige Nase, schmale, rosige Lippen, einen rostroten Bart mit grauen Strähnen und trug eine randlose Brille. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Kameramann, sondern bei Channel
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