Todesgier - Thriller
sie auch immer heißen mag, höchstwahrscheinlich die Sieben-Uhr-Nachrichten gesehen und hier angerufen hat. Das wäre um fünf hiesiger Zeit gewesen … Dann hätte ihre Freundin eine Stunde gehabt, sich aus dem Staub zu machen.«
»Die haben das bestimmt geplant«, sagte Barr. »Viel Zeit war das nicht. Das Benzin stand vermutlich schon in der Garage. Das Haus war gemietet, so dass sie nur ein paar Möbel und die Kaution verloren haben.«
»Die beiden sind clever«, bemerkte Lucas, als sie den Lincoln Boulevard entlangfuhren, auf dem eine Frau mit einem Hund an der Leine und drei kleinen Kindern in Shorts und Flipflops unterwegs war. »Mann, wenn wir diese Knofler erwischt hätten …«
Elena Diaz und Martha Knofler hatten in einem rosafarbenen Stuckhaus am Carroll Canal Court gewohnt, einem glatten, zweistöckigen Würfel mit abweisendem Garagentor aus Stahl davor und dem Kanal dahinter. Das Garagentor war mit einem Sonnenblumenornament geschmückt, das es wie die Tür zu einem Banksafe wirken ließ. Auf der Straße stand nach wie vor ein Löschwagen, aber die Schläuche waren bereits aufgerollt, und die Feuerwehrleute arbeiteten hemdsärmelig.
Ein Polizist namens Harvey Cason reinigte seine Zähne gerade mit einem Stück Zahnseide, als Lucas und Barr ausstiegen. Er ließ es auf den Boden fallen und sagte: »Den Rest des Tages werde ich nach Rauch stinken.«
»Also wie immer«, erwiderte Barr und stellte ihm Lucas vor.
»Vier Polizisten?«, fragte Cason.
Lucas nickte. »Zwei in New York, einer in Hudson, Wisconsin, und einer von meinen Leuten gestern Abend. Da haben sie außerdem noch eine unbeteiligte Frau getötet. Einen von denen hat’s auch erwischt. Mein Kollege hat ihn erschossen.«
»Gott segne ihn.« Cason bekreuzigte sich.
»Was haben Sie?«, fragte Barr Cason.
»Nichts Neues, seit Sie weg waren. Im ersten Stock gibt es ein paar Unterlagen, aber die sind durchweicht, und die Schrift ist verlaufen. Wir suchen noch nach Kreditkartenquittungen und anderen offiziellen Belegen. Die Spurensicherung sieht sich nach Fingerabdrücken, Haaren und Ähnlichem um. Wir haben die DNS, allerdings bis jetzt keine Fingerabdrücke. Die brauchen wir unbedingt …«
»Haben Sie schon die Nachbarn befragt?«, erkundigte sich Lucas.
»Ja. Wir dachten, vielleicht haben die Fotos von den beiden, aber sie scheinen ziemlich kamerascheu zu sein«, antwortete Cason. »Sie haben nie Nachbarschaftsfeste besucht, sind lieber für sich geblieben. Beide haben Yoga gemacht; wir wissen noch nicht, wo.«
»Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Man hat sie mit Yoga-Matten gesehen.«
»Was hatten sie für Autos?«
»Einen Toyota-Minivan und ein Lexus-SC430-Kabrio.«
Lucas warf von außen einen Blick in das Haus, in dem er auch nicht mehr finden würde als die Spezialisten von der Spurensicherung. Dann ging er einmal um das Gebäude herum, sah ein Dreirad im Kanal und wunderte sich. Ein Fahrrad, ja: Man klaut ein Rad, fährt eine Weile damit herum und wirft es in den Kanal, so ist das nun mal heutzutage. Aber ein Dreirad?
Als Lucas wieder zur Vorderseite kam, waren Barr und Cason nach drinnen gegangen. Lucas schlenderte über die Straße zu einer hübschen Frau zwischen vierzig und fünfundvierzig, die ihn von ihrem Eingang aus beobachtete.
»Hallo«, sagte Lucas.
Sie nickte. »Wie läuft’s da drüben?«
»Nicht so gut«, gab Lucas zu. »Man hat Sie gefragt, ob Sie Fotos hätten, stimmt’s?«
»Ja, haben wir leider nicht.«
»Und Fotos von der Straße überhaupt? Auf denen vielleicht ihre Autos zu sehen sind?«
»Glaub ich nicht, aber ich schau gern nach. Die beiden haben Polizisten umgebracht?«
Die Frau wirkte ausgesprochen kalifornisch mit ihrer korallenfarbenen Bluse und der blauen Hose, die ihr gut standen, und hatte lange, ein wenig zerzauste blonde Haare, ein Look, der beim Friseur nicht unter zweihundert Dollar zu kriegen war.
»Ja, und eine Frau. Eine Lobbyistin, die zufällig da war. Kaltblütig.«
»Wissen Sie das von der Polizei in Minneapolis?«
»Ich bin vom Staatskriminalamt Minnesota«, erklärte Lucas. »Und ich war am Tatort; der Ermordete gehörte zu meinen Männern. Die Frau …« Er hob die Hände. »Warum?«
»Scheußliche Sache. Ich werde meine Bilder durchgehen, bin mir aber zu neunundneunzig Prozent sicher, dass keine dabei sind. Wir machen nicht viele Fotos. Ich weiß nicht mal, wie das mit meinem Handy geht.«
»Danke.« Lucas blickte die Straße hinunter. »Sind keine Autos hier.
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