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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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über alle profanen Werte erhaben ist. Jóhann Sigurjónsson lässt Loftur kurz vor seinem Tod sagen: ›Wer nie gesündigt hat, ist kein Mensch. Die Sünde birgt ein geheimnisvolles Glück. Alle guten Taten sind gedankenlose Nachahmungen. Durch die Sünde wird der Mensch zu dem, was er ist. Die Sünde ist der Ursprung alles Neuen.‹ Ich bin davon überzeugt, dass diese Anschauung die Gedanken und die Erfahrungen des Autors widerspiegelt. Er stellt sie anderen Anschauungen gegenüber, die er ebenfalls in sich trägt und die miteinander konkurrieren. Der dramatische Kampf zwischen den gegensätzlichen Polen macht das Stück so außergewöhnlich.«
    Dieser Junge ist auch ziemlich außergewöhnlich, dachte ich bei der Aufnahme des Interviews.
    Eine tiefe, sanfte Stimme mit einem ruhigen, betörenden Klang, braune, glänzende Augen. Das schulterlange, braune Haar in der Mitte gescheitelt und ein männliches, attraktives Gesicht mit dichten Augenbrauen. Wenn Skarphéðinn seine dunklen Bartstoppeln nicht abrasiert hätte, hätte er an das Jesusbild eines naiven Malers erinnert.
    Obwohl der Junge ein altmodisches Kostüm trug, war ihm in erster Linie daran gelegen, dem modernen Zuschauer die Anschauungen von Jóhann Sigurjónsons Protagonisten Loftur näherzubringen.
    »Überleg doch mal«, sagte er und hob seine Hände eindringlich in die Höhe, so dass seine muskulösen, behaarten Arme unter dem weißen Hemd zum Vorschein kamen, »Klassen- und Standesunterschiede sind ein ständiges Thema zwischen Loftur, dem Sohn des Verwalters von Hólar, und seiner Freundin Steinunn, die er schwängert und dann wegen der Bischofstochter Dísa verlässt. Und auch zwischen Loftur und seinem Jugendfreund Ólafur, der ebenfalls in Steinunn verliebt ist. Heutzutage, wo die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird und die Konflikte zwischen gebürtigen Isländern und Einwanderern immer heftiger werden, haben die Leute mit genau denselben Gefühlen zu kämpfen, auch wenn sie andere Kleidung tragen und einen Computer besitzen.«
    Darauf wusste der Reporter des
Abendblatts
nicht mehr viel zu sagen.
    »Oder die Frage nach der Macht des Menschen über neues Leben, ob wir es nun Kindesaussetzung oder Abtreibung nennen. Hat das etwa keinen Bezug zur Gegenwart?«
    Der Reporter des
Abendblatts
nickte.
    »Im Leben dreht sich alles um die Suche nach dem Glück«, fuhr Skarphéðinn fort und war kaum mehr zu bremsen, »um die Bemühung, unsere Träume zu verwirklichen, und um die Wege, die wir dabei einschlagen.«
    Beim letzten Satz klingelte in Lofturs Hosentasche ein Handy. Just in dem Moment, als er das in einer rotbraunen, verzierten Lederhülle steckende Gerät herausholte, war auch seine Rede beendet. Oder konnte er sich einfach nur verdammt gut vermarkten?
     
    Ist diesem talentierten jungen Mann etwas zugestoßen? Warum wird er nur wenige Stunden vor der Premiere übers Radio gesucht?
    Ich habe die fast greifbare Spannung und Erwartung der Ensemblemitglieder noch in guter Erinnerung. Sie hatten den kurz vor der Auflösung stehenden Schultheaterverein gerade erst übernommen und ihm neues Leben eingehaucht. Und das erste Projekt sollte die ambitionierte Inszenierung von
Loftur, der Magier
mit Premiere am Originalschauplatz Hólar im Hjaltatal sein.
    »Wir möchten die erste Vorstellung an diesem historisch und theologisch bedeutsamen Ort, der sieben Jahrhunderte lang Nordislands Hauptstadt war, aufführen. Die weiteren Vorstellungen sollen dann im alten Gemeindehaus in Akureyri stattfinden«, hatte die Vorsitzende des Theatervereins, Ágústa Magnúsdóttir, mir erzählt.
    Als Jóa und ich die Sporthalle mit den verhängten Kletterwänden und Basketballkörben verließen, waren wir beide der Meinung, dass diese
Loftur
-Inszenierung bestimmt einen Besuch wert sei. Aber jetzt, wo die Vorsitzende und der Regisseur Örvar Páll Sigurðarson den Hauptdarsteller suchen, scheint es ungewiss, ob wir die Gelegenheit dazu bekommen werden.
     
    Als sich ein Schlüssel im Haustürschloss dreht, werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Die Tür geht auf, und Jóa betritt das Wohnzimmer.
    Ich habe nicht bemerkt, dass sie hinausgegangen war. Ihre Zimmertür war noch genauso verschlossen wie in der Nacht, als ich nach Hause kam.
    »Hi«, rufe ich aus dem Esszimmer. »Warst du spazieren?«
    »Was? Nein, nein«, antwortet sie, kommt in ihrer Daunenjacke ins Zimmer und setzt sich an den Tisch.
    »Nicht?«, wundere ich mich.
    Jóa sieht ein klein bisschen

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