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Todesgruß vom Gelben Drachen

Todesgruß vom Gelben Drachen

Titel: Todesgruß vom Gelben Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Geldbündel durch. Jedes enthielt 50
Hunderter.
    „Scheint zu stimmen.“
    „Gebt acht, daß ihr nicht auffällig
werdet!“ warnte Scheffel. „Es wäre sehr dumm, wenn ihr mit dem Geld um euch
werft. Im übrigen kennen wir uns nicht. Klar?“
    Sie nickten. Armin schob das Geld in
seine Aktentasche. Man trennte sich ohne Händedruck. Über der Eingangstür
bimmelte wieder die Glocke, und in die Frostriegel-Gasse verirrten sich ein
paar matte Sonnenstrahlen.
    Mißtrauisch beobachtete Detl seinen
Kumpan. „Die Kohle teilen wir gleich.“
    „Doch nicht auf offener Straße.“
    „In der Einfahrt dort sind wir
unbeobachtet.“
    Im Schutz hoher Mauern fischte Armin
drei 5000-DM-Bündel aus der Aktentasche. Von einem vierten Bündel zählte Detl
zehn Hunderter ab.
    „So, Armin. 16000. Das sind 20 Prozent.
Kann ich die Tasche haben.“
    „Kostet 100 Mark.“
    „Das schäbige Ding?“
    „Dann eben nicht.“
    „Also gut. Hier!“ Er gab Armin den
Hunderter, warf noch einen Blick in die Aktentasche und ließ dann den Verschluß
einrasten. „Trinken wir einen?“
    Armin blickte an ihm vorbei. „Ich weiß
nicht, ob ich mit dir noch jemals einen trinke.“
    „Spiel dich nicht auf! Erst wolltest du
mich mit einem Trinkgeld abspeisen. Aber manchmal kommt’s eben anders.“
    Armin verminderte sein Grinsen auf den
schwächsten Anflug. „Ich habe noch was vor. Allein. Also tschüs!“
    Er marschierte zu seinem Motorrad. Detl
sah ihm nach, als er abfuhr.
    Du bist der letzte, den ich brauche,
dachte er.
    Mit der Aktentasche unterm Arm schnürte
er los.
    63 900 Mark! Unfaßlich! Im Moment
erschien ihm das mehr als die Millionen, die er demnächst erben würde.
    Sollte er feiern? Das würde
unweigerlich darauf hinauslaufen, daß er zum Schluß total betrunken war. So was
konnte er nicht riskieren, solange er das Geld bei sich hatte.
    Also erst mal nach Hause. Wo war der
nächste Taxistand?
    Detl lief zwei Straßen weit und kam
vorbei an einer Fahrradhandlung.
    Vor dem Schaufenster blieb er stehen.
    Ungezählte Male hatte er vor ähnlichen
Geschäften Stielaugen gemacht, sich die Nase an der Scheibe plattgedrückt und
seinen Wunschtraum angehimmelt: ein Mountain-Bike.
    Bekanntlich ist das ein
geländegängiger, unverwüstlicher Drahtesel, der über Kettenblätter mit 26/36
und 46 Zähnen soviele Gänge erlaubt, daß man auch steilste Berge hinauffahren
kann.
    Detl glotzte. Auch hier war ein
Mountain Bike ausgestellt: mit schwarzlackiertem Rahmen aus hochwertigem
Tange-Off-Road-Chrom-Molybdänstahl.
    Ein tolles Querfeldein- und
Bergauf-Instrument. Detl lief das Wasser im Mund zusammen. Die Waden begannen
zu zucken.
    Kostenpunkt: 1995 Mark.
    Eduard Preff, sein Onkel, hätte ihn
ausgelacht, wäre er ihm mit dem Wunsch gekommen.
    Aber jetzt...
    Detlef Drüstmann, dachte er. Mensch! Du
hast die Taschen voller Geld. Dem Alten sagst du, der Rundtreter wäre ein
Geschenk von ‘nem Freund. Ob der verdammte Edu das glaubt oder nicht... egal!
Jetzt oder nie!
    Er betrat die Fahrradhandlung.
    Ein kalbsäugiger Verkäufer fragte nach
dem Wunsch.
    Detl deutete auf das Mountain-Bike.
    „Aber nur, wenn ich’s gleich mitnehmen
kann.“
    „Das... äh... wäre möglich. Es kostet
1995 Mark — einschließlich Mehrwertsteuer.“
    „Ich kann lesen.“
    „Sie wollen es gleich bezahlen?“
    „Was denn sonst? Oder nehmen Sie mein
Geld nicht?“ Kalbsauge begriff, daß ein Geschäft zu machen war, und hätte sich
beinahe die Hände gerieben.
    Eilfertig erklärte er: „Naben und
Innenlager sind speziell abgedichtet. Der Zahnkranz hat ein Kassettensystem.
Die Schaltung ist leichtgängig und äußerst präzise. Mit Rastermechanismus. Sie
werden staunen über die Bremsen. Denn man muß ja auch wieder den Berg runter,
hahahah. Das Hebelsystem in Verbindung mit speziellen Bremsgummis sorgt da für
gefahrlosen Sturzflug, hahahah. Außerdem...“
    „Ich nehme es“, fiel Detl ihm ins Wort.
„Sie brauchen es nicht einzupacken. Ich steige gleich auf.“
    „Selbstverständlich“, nickte Kalbsauge,
„kann man das Bike auch im Straßenverkehr benutzen. Aber es ist ein
reinrassiges Sportgerät.“
    „Bin ganz verschossen. Heute nacht
stelle ich’s an mein Bett.“
    „Hahahah!“
    Der Verkäufer eilte zum Tresen und
schrieb die Rechnung. Detl bezahlte in bar, erhielt zwei Prozent Nachlaß und
als Zugabe ein Pflegemittel.
    Als er durch die Stadt strampelte,
fühlte er sich wie ein Herrenreiter hoch zu Roß.
    Anfangs kam er mit den Gängen nicht
klar.

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