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Todesgruß vom Gelben Drachen

Todesgruß vom Gelben Drachen

Titel: Todesgruß vom Gelben Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Halbstarker, dachte
Amalie, einer im schwarzen Lederanzug und mit silbrigem Helm.
    Er preschte vorbei.
    Aus der Tiefgarage stieß ein
Kleinlaster hervor — rückwärts. Offenbar rutschte dem Fahrer der Fuß von der
Kupplung. Denn statt zu halten und erstmal nach rechts und links zu sehen,
rollte der Wagen auf die Straße.
    Der Kradfahrer schoß darauf zu.
Halsgefährlich eng wurde es für ihn. Ganz nach rechts zum jenseitigen Bordstein
mußte er ausweichen. Und ausgerechnet dort glänzte eine Öllache im Licht des
Nachmittags.
    Amalie schrie auf, als das Unglück
passierte.
    Plötzlich schlitterte die Maschine über
den Asphalt, als hätte man sie weggerissen unter dem Fahrer.
    Der drehte einen Salto in der Luft und
krachte auf den Boden, ein Bein — verdreht — unter sich.
    Das Motorrad wurde von einer Hauswand
gestoppt, stieß scheppernd dagegen und rutschte ein Stückchen zurück.
    Der Kleinlaster stand jetzt in
Fahrtrichtung, kehrte dem Verunglückten das Heck zu.
    Amalie sah, wie der Lkw-Fahrer
ausstieg, ein robuster Typ im blauen Arbeitskittel — mit dickem Rollkragen
unter dem Kinn.
    „Mann!“ rief er. „Meine Schuld ist das
nicht. Du bist gerast wie ein Irrer.“
    Der Kradfahrer hockte auf dem Boden,
als wäre es dort gemütlich, hatte ein Bein angewinkelt und betastete das
andere. Er antwortete nicht.
    „Brauchst du Hilfe?“ fragte der
Lkw-Fahrer, in dem Amalie jetzt den Herrn Heinrichsen erkannte, der weiter
unten sein Geschäft hatte und hier nur den Wagen unterstellte.
    „Nein, alles in Ordnung!“ quäkte der
Verunglückte. Er rückte an seinem Helm, den er nicht verloren hatte. „Brauche
keine Hilfe. Sie können fahren.“
    Heinrichsen ließ sich das nicht zweimal
sagen. Offensichtlich war er froh, nicht helfen zu müssen.
    So schätzte Amalie ihn auch ein.
    Eilig machte er sich mit seinem Wagen
davon.
    Der Kradfahrer richtete sich auf. Das
gelang erst beim dritten Versuch. Offensichtlich konnte der Mann den rechten
Fuß nicht belasten.
    O Gott! dachte Amalie.
    Der Schwarzlederne hüpfte auf einem Fuß
zu seiner Maschine, nahm ein Paket vom Sozius-Sitz, das dort aufgeschnallt war,
und hüpfte zum HONGKONG.
    Etwa 30 Meter waren das — bis zum
Eingang.
    Der Mann schaffte es und verschwand
durch die Tür.
    Sehr vernünftig! dachte Amalie.
Sicherlich will er telefonieren. Natürlich braucht er Hilfe.
    Es wurde kühl. Bevor Amalie das Fenster
schloß, blickte sie zu den Wohnungen hinüber, die in ihrem Blickfeld lagen.
    Nur die alte Frau Meyer und — natürlich
— die neugierige Lücke-Scheibler nahmen von dem Unfall Notiz. Frau
Lücke-Scheibler hatte die Gardine beiseite gerafft — und lachte sogar.
     
    *
     
    Pause!
    Fünfzig Tritte, dachte Tim, hätte ich
noch drauf gehabt. Aber es reicht auch so.
    Lam lächelte zu ihm herauf. „Unglaublich
gut, Tim. Den großen Kung Fu-Kämpfer zeichnet es aus, daß er in jeder Situation
gefährlich bleibt.“
    „Wenn Sie mich nun noch an den Füßen
aufhängen, Lam, kann ich mich nur mit dolchspitzen Blicken verteidigen.“
    Lam betrachtete die Vorderseiten der
dick gepolsterten Lederpratzen. Tims Tritte hatten tiefe Spuren hinterlassen.
    In diesem Moment kreischte eine Stimme.
    „Lam Wung Chung!“ schrie die Stimme.
    Der Schrei kam aus dem Restaurant.
    Zwei der Rückfenster wiesen auf den
Hof, hatten allerdings grüne Scheiben aus geriffeltem Glas, denn der Ausblick
auf Mülltonnen und leere Bierfässer war kein Augenschmaus für die Gäste.
    Immerhin — eins der Oberlichter war
offen. Das Restaurant sollte sich mit Frischluft füllen, bis es nachher
aufmachte — in etwa einer halben Stunde.
    „Wer ist denn das?“ murmelte Lam. „Augenblick,
Tim. Bin gleich zurück.“
    Er legte die Lederpratzen auf den Boden
und verschwand durch die Hintertür.
    Tim begann zu schaukeln. Langsam drehte
er sich. Da er mit den Füßen in Augenhöhe war, befand sich sein oberes Ende — das
mit dem Kopf - etwa 3,5 Meter über dem Boden.
    Tim konnte schräg durch das geöffnete
Oberlicht ins Restaurant sehen.
    Er sah gedeckte Tische, die
Gewürzbehälter und chinesischen Schnickschnack — alles, was er schon kannte.
    Und er sah den Mann.
    Er war — wie vorhin — in schwarzes
Leder gekleidet und hatte den Silber-Helm auf dem Kopf. Eine Hand stützte sich
auf eine Stuhllehne. Mit dem anderen Arm preßte er ein Paket an den
Lederblouson. Das rechte Bein hielt er angewinkelt. Der rechte Fuß hing
schlapp, als wäre der Motorradstiefel leer, und schwebte über dem

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