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Todesgruß vom Gelben Drachen

Todesgruß vom Gelben Drachen

Titel: Todesgruß vom Gelben Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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eingreifen?“ fragte Gaby.
    „Selbstverständlich. Aber das Bild muß
stimmen. Nämlich so aussehen, als wäre Lam — mit dem ich alles vereinbart habe
— total unbeteiligt an der Aktion. Wir werden..
    Er erklärte auch das. Dann schwang sich
die TKKG-Bande auf ihre Drahtesel und strampelte zur Altmarkt-Straße.
     
    *
     
    Hungs Taxi wartete am Bordstein mit
laufendem Motor. Die Abgas-Schwaden ballten sich zu Wolken und wurden vom Wind
in den Mozart-Park gedrückt, wo einige Jogger hechelten und dabei von sauberer
Luft träumten.
    Hung stand in der Telefonzelle, stützte
sich auf seine Krücke und hielt den Hörer in der anderen Hand.
    „...deshalb, Lu“, sprach er halblaut, „kann
ich nicht riskieren, ins Hongkong zu gehen. Zwar sehe ich keinen Beschatter,
aber ich bin sicher: Irgendein Bulle ist mir auf den Fersen. Ich verhalte mich
mustergültig, und du mußt den Stoff holen.“
    Der Triade am anderen Ende der Leitung
hieß Lu Manchu.
    „Ich werde Lam sofort aufsuchen“,
erwiderte er. „Bevor der aus unserem Stoff eine Soße macht, heheheh.“
     
    *
     
    Die Dunkelheit half.
    Zwar brannten Laternen in der
Altmarkt-Straße, und aus den Schaufenstern der Läden fiel Licht — doch in
Torwegen, Einfahrten, Hauseingängen und Einmündungen der Gassen mischten sich
Abenddämmerung und aufkommender Nebel.
    Karl postierte sich hinter einer
Mauerkante, straßauf in Richtung Linnberger Platz.
    Gaby stand am Eingang eines
Selbstbedienungs-Ladens. Dort fiel sie nicht auf.
    Klößchen wachte schräg gegenüber des
HONGKONG in einer engen Gasse.
    Die drei bildeten vorgeschobene Posten.
Pfiffe sollten Tim verständigen, sobald Hung oder — was wahrscheinlicher war — dessen
Komplice auftauchte.
    Ein Pfiff bedeutete: Der Heroin-Abholer
betritt das Restaurant. Zwei Pfiffe signalisierten: Der Typ sockt in die
Hofeinfahrt. Damit die Pfiffe nicht auffielen, wurde jetzt schon geübt. Eben
ließ Karl vier besonders schrille Rattentöne hören. Er benutzte Zeige- und
Mittelfinger.
    Gaby griff sich nicht in den Mund,
sondern flötete mit gerundeten Lippen. Es mangelte ihr an Lautstärke.
    Immerhin — Tim hörte, daß sie die
Tonleiter pfiff: do — re — mi — fa — so — la — ti — do...
    Klößchen pfiff, ziemlich falsch, das
Lied vom ,Borstenvieh und Schweinespeck’ aus der Operette Zigeunerbaron. Ein
Lied, dessen Text von Schokolade handelt, fiel dem Fabrikantensohn leider nicht
ein.
    Auf dem Hinterhof des HONGKONG
herrschte Finsternis. Zwar strahlten die Milchglas-Küchenfenster etwas Licht
ab. Aber das reichte nicht in die Winkel.
    Tim stand an der Mauer, neben einer
Reihe von Mülltonnen, hatte sein Rennrad in die hintere Ecke gestellt, wartete.
    Mit Lam war verabredet, daß er das
Heroin-Paket auf keinen Fall im Restaurant übergeben sollte. Dort hatte ein
Dutzend Gäste schon drei oder vier Tische besetzt; und die chinesische Vorsuppe
dampfte in Porzellanschalen.
    Heroin — das war klar — übergibt man
auf dem Klo, auf dunklen Höfen, in parkenden Autos oder an der Theke von
Spelunken — wenn niemand zuguckt.
    Lam händigt das Paket auf dem Hof aus,
dachte Tim. Das muß der Abholer einsehen. Was sollen die Gäste sonst denken!
    Er spitzte die Ohren.
    Auf der Altmarkt-Straße verstummten die
Pfiffe.
    Jetzt flötete Gaby zweimal: tüt...
tüt...
    Klößchen fiel ein, hatte aber den Mund
voller Schokolade, weshalb aus seinen Pfiffen Piepser wurden.
    Tim hörte das Flap-flap-Geräusch
schlecht aufgepumpter Drahtesel-Reifen. Kam der Triade auf dem Rad?
    Tims Augen hatten sich an die
Dunkelheit gewöhnt. Er sah fast so gut wie eine Katze — und gewahrte die
Gestalt, die in diesem Moment durch die Einfahrt heranrollte.
    Ein Radfahrer, tatsächlich. Aber ohne
Lampe am Stahlroß. Er hielt, stieg ab, schob an den Küchenfenstern vorbei. Tim
duckte sich, obwohl er im Dunkeln stand.
    Es war ein Chinese mit Geier-Profil,
das sich deutlich vor dem hellen Hintergrund der Fenster abhob. Die Jacke hatte
Karo-Muster. Vor dem dunklen oder farbigen Hemd baumelte eine Krawatte. Er
lehnte sein Rad an die Mauer und schlug mit der Faust an die Hintertür.
    „Lam Wung Chung“, jaulte eine
befehls-gewohnte Stimme.
    Über der Hintertür flammte die Lampe
auf. Helligkeit füllte den Hof. Sofort tauchte Tim hinter eine Mülltonne.

    Im Obergeschoß beugte sich Lam aus dem
Fenster. Er trug die randlose Brille, die er benutzt, wenn er prüft, ob die
Frühlingsrollen auch wirklich frühlingshaft aussehen.
    „Ja?“ fragte

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