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Todesgruß vom Gelben Drachen

Todesgruß vom Gelben Drachen

Titel: Todesgruß vom Gelben Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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flammten
auf. Sie postierten sich rund um den Vorplatz.
    Detl öffnete die Eingangstür, griff zur
Innenwand, machte Licht, holte tief Luft und trat ein.
    Widerstrebend blickte er in die Diele,
die in eine Halle überging, wo eine breite Freitreppe — ganz Marmor — aufwärts
führte.
    Nanu! Nirgendwo ein Toter!
    Detl schloß die Tür. Er stierte in jede
Richtung, auch hinter die Kommode, die als Ablage benutzt wurde.
    Verdammt! Hatte der Alte überlebt?
Hatte Scheffel sich getäuscht? Besaß Preff einen Eisenschädel, der mehr
vertrug? War der Alte nur bewußtlos gewesen?
    „Onkel Eeeeeduaaaard!“ rief er. „Ich
bin’s, der Detlef.“ Keine Antwort. Nur die gedehnten Vokale hallten schaurig
aus der Halle zurück.
    Das Fenster! Scheffel hatte ein Fenster
eingeschlagen, um Einbruch vorzutäuschen. Wo? Welches?
    Detl begann zu suchen. Er rannte im
Erdgeschoß von einem zum andern, dann auch im Obergeschoß. Aber alle waren
heil.
    Unbegreiflich! Oder hatte der Hehler
eine Dachluke zertrümmert?
    Das Telefon auf dem Eichensekretär in
der Halle schrillte. Detl stolperte hinunter und nahm den Hörer ab.
    „Detlef Drüstmann — bei Preff.“
    „Ich bin’s“, hörte er die Stimme seines
Onkels. „Nur damit du dich nicht wunderst, Detlef. Ich bin nach Kuhschnappl
gefahren. Ja, in das Dorf. Habe hier nämlich ein Hotel gekauft — den Birkenhof.
Gut, was?“
    Detl schluckte, keuchte, schnappte nach
Luft.
    „Heh, Detlef!“
    „Jjja.“
    „Was ist los? Hast du die Sprache
verloren?“
    „Mir... mir... ist nicht gut.“

    „Fühlst du dich krank?“
    „Ein... ein bißchen.“
    „Wo? Im Kopf?“
    „Da auch. Überall.“
    „Hau dir einen Schnaps rein! Ich komme
sowieso gleich nach Hause.“
    Preff legte auf.
    Eine Minute verging, ohne daß Detl sich
rührte.
    Scheffel, dachte er, hat mich
reingelegt. Nichts war. Gar nichts. Keine Rauferei, kein Unfall, kein Toter.
Vermutlich sind die beiden gar nicht zusammengetroffen. Aber dem Hehler gehört
jetzt mein Ferrari. Daran ist nicht zu rütteln. Scheffel hat alle Papiere — und
den Kaufvertrag mit meiner Unterschrift. Der Wagen steht bei Scheffel. Alles
ist rechtens. Außerdem wird er mir in 251 Tagen den Schuldschein unter die Nase
halten. 70 000 kriegt er dann. Was für ein Geschäftsmann! Aber du, Detlef, bist
der allerletzte Blödmann. Vorhin hattest du 62 000. Jetzt hast du eine Beule an
der Rübe — und ziemlich viel Schulden.
    Er schlurfte in Preffs Erkerzimmer, wo
auf einem Eichentisch viele Schnapsflaschen standen.
    Detl griff sich irgendeine. Und trank,
trank, trank.
    Als sein Onkel eine halbe Stunde später
aus Kuhschnappl zurückkehrte — per Taxi — , torkelte der Neffe in der Halle
umher: mit glasigem Blick und heraushängender Zunge.
    Preffs Feistgesicht drückte Wut aus — schon
als er hereinkam.
    Noch in Kuhschnappl hatte ihn eine
schlechte Nachricht erreicht.
    Jetzt schoß ihm der Ärger in die rechte
Hand.
    Detl fing sich ein paar Ohrfeigen ein,
die ihn aufjaulen ließen.
    „Hör... hör... auf!“ lallte er. „Bin...
verletzt. Man... hat mich überfallen. Nachmittags. Habe immer noch...
Kopfschmerzen.“
    „Und weshalb besäufst du dich?“ brüllte
Preff.
    „Weil... hicks... du einerseits nicht
tot bist... und deshalb andererseits... der Ärger entfällt. Scheffel... hat
dich... hicks... nicht erschlagen. Und kein Fenster... hicks... ist kaputt.
Aber... mein Ferrari ist futsch. Und den Schuldschein hat... er auch. Hätte ich
den... nur nicht... hicks... kennengelernt, den Heh... Heh... Hehler! Den
verdammten! Aber... wohin sollten wir sonst... hicks... mit dem Tippi... dem
Tippiriri... dem Tripitzki... dem Schmuck von der Alten? Häh?“
    Preff starrte ihn an.
    Sinn und Zusammenhang ergab das
Gestammel nicht.
    Aber es enthielt Reizworte, mit denen
Preff was anfangen konnte: Scheffel, Totschlag, Schuldschein, Schmuck.
    Preff bezwang seine Wut.
    „Du gehst ins Bad, Detlef. Und hältst
den Kopf unters kalte Wasser. Fünf Minuten lang. Ist das klar? Ich stelle die
Espresso-Maschine an. Und wenn du dich übergeben mußt, dann ziel gefälligst
richtig!“
    Nüchtern wurde Detl nicht.
    Doch sein Zustand besserte sich.
    Preff trichterte ihm drei Tassen
Espresso ein — und zusätzlich zwei Tabletten.
    Detls Blick klarte auf. Zwar lag ihm
die Zunge wie ein alter Stiefel zwischen den Zähnen, aber die Umwelt schwankte
nicht mehr so, die Halle fuhr nicht mehr Karussell, und es stand nur noch ein
Onkel da — statt deren drei, wie eben.
    Preff

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