Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
hab
Zeit. Putz deine Glasaugen und kuck dir den Typ noch mal an.«
    »Ich sagte doch schon, das is Thorben.«
    »Und? Wo isser jetzt?«
    Der Wirt nahm einen Schluck aus einem Bierglas.
    »Keine Ahnung. Wieso?« Dann sprach er die anderen
Gäste an. »Habt ihr ‘ne Idee, wo Thorben is?«
    Ein breitschultriger Mann, er mochte Mitte zwanzig
sein, drehte sich zu Große Jäger und Hilke Hauck um.
    »Wer will ‘n das wissen?«
    Der Wirt zeigte auf die beiden Polizisten. »Die da.«
    Der Mann mit dem silbernen Ring im Ohr musterte die
Beamten. Er nannte eine Zahlenfolge und ergänzte: »Da werden Sie geholfen.«
    Sein Scherz wurde vom wiehernden Gelächter seiner
Kumpane begleitet.
    »Hör mal, du Bezirkscomedian, wenn ich mich schon
freiwillig in eine Gesellschaft wie deine begebe und Fragen stelle, dann habe
ich meine Gründe.«
    »Nu man sachte, Opa«, plusterte sich der Mann auf.
»Sei ruhig, trink dir einen und sauf deine Tussi schön.« Er sah über Große
Jägers Schulter Hilke Hauck an.
    Der Oberkommissar trat jetzt ganz dicht an den Mann
heran, sodass seine Füße auf dessen Fußspitzen standen. Dann verlagerte er sein
Gewicht. Der andere guckte ihn irritiert an, zog seine Schuhe unter denen des
Oberkommissars hervor und stieß ihn vor die Brust.
    »He, sag mal Alter. Tickst du nich richtig?«
    Jetzt mischte sich der Wirt ein. »Is genug, Wolle.
Halt dich zurück.«
    Der Mann wollte aber nicht klein beigeben. »Meinst du,
Michi, ich lass mich von jedem Scheintoten anmachen?«
    Große Jäger stand immer noch vor ihm. Er bohrte mit
seinem Zeigefinger schmerzhaft zwischen die Rippen seines Gegenübers, der
zurückzuckte.
    »Pass mal auf, Kumpel. Ich geb dir jetzt ‘nen Bier
aus. Dafür bist du friedlich und erzählst mir, wo dein Freund Thorben steckt.«
    Große Jäger streckte dem Mann die Hand entgegen, die
dieser mit einem verdutzen Gesichtsausdruck einschlug.
    »So«, mahnte der Oberkommissar, »und nun entschuldigst
du dich für deine Entgleisung bei meiner Tante Hilke.«
    »’tschuldige«, murmelte der Mann und bekam das Grinsen
von Hilke Hauck nicht mit.
    Der Wirt schob die Getränke über den Tresen. Die
beiden Männer prosteten sich zu.
    Große Jäger wischte sich mit dem Handrücken den Schaum
vom Mund.
    »Wo steckt Thorben?«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Auch für ‘n Bier verpfeif ich kein’ Kumpel.«
    »Nun hör mal zu«, sagte Große Jäger. »Meine Kollegin
wird dir nun von einem kleinen Jungen erzählen, der in Münster im Krankenhaus
liegt und um sein Leben kämpft.«
    Mit wenigen Worten berichtete Hilke, warum sie Thorben
Althoff suchten.
    »O Scheiße«, kommentierte der Wortführer der anderen
Gäste und legte seine Hand vertraulich auf Große Jägers Schulter. »Mensch,
Macker, warum hast das nich gleich gesagt? Klaro. Wir kenn’ Thorben. Hab ihn
aber schon ‘nen paar Tage nich mehr gesehn. Wenn wir ihn treffen, sag’n wir ihm
Bescheid. Okay?«
    Ihr Einvernehmen wurde noch mit ein paar weiteren
Bieren besiegelt. Und erst als Hilke nachdrücklich darauf hinwies, dass sie
auch gern Feierabend machen und zu ihrer Familie heimkehren würde, obsiegte
Große Jägers Ritterlichkeit über seinen Durst, und er begleitete seine Kollegin
wie ein Gentleman quer durch die dunkle Stadt zurück zur Poggenburgstraße, wo
ihr Auto stand.
    »Und dann erzählt Christoph immer, Husum wäre die
Stadt der kurzen Wege«, knurrte er unterwegs.

DREI
    Von der Straße her
drangen gedämpft die Geräusche der durchfahrenden Autos hinein. Sacht ließ
Christoph die Tür ins Schloss fallen und bemühte sich, die hölzerne Treppe ins
Obergeschoss des älteren Rotklinkerhauses zu erklimmen. Obwohl er wusste,
welche Stufen besondern knarrten, schrak er zusammen, als das Holz
durchdringende Geräusche von sich gab. Prompt öffnete sich hinter seinem Rücken
die Tür zum Erdgeschoss, und seine Vermieterin erschien im Türrahmen. Sie trug
ihren geblümten Morgenmantel. Das schlohweiße Haar war mit einem Netz
geschützt.
    »Herr Johannes?«,
hörte er die Stimme der alten Dame. »Sagen Sie bloß, Sie waren bis jetzt im
Dienst.«
    Er drehte sich auf
der Treppe zu seinem kleinen Apartment unterm Dach um und erwiderte den Gruß.
    »Nehmen die Leute
überhaupt keine Rücksicht mehr?« Sie ließ offen, ob sie mit den »Leuten« die
bösen Buben meinte, denen ihrer Meinung nach Christoph den ganzen Tag
hinterhereilte, oder die rücksichtslosen Vorgesetzten, die ihm einen Dienst
rund um die Uhr zumuteten.
    Christoph zuckte

Weitere Kostenlose Bücher