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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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du nicht?«, fragte
Christoph.
    »Nee. Deshalb bin ich ja in die Disco. Es war ja nicht
auszuschließen, dass ich dort zufällig auf Sabrina gestoßen wäre. Oder auf
jemanden, der zumindest von ihr gehört hat. Aber statt des Mädchens habe ich
dort nur einen kampfeslustigen Kollegen getroffen.«
    Der Oberkommissar griff zum Glas. »Prost!« Dann sah er
Christoph an. »Nun erzähl bloß nicht, dass wir auf der Dienststelle sofort alle
Sabrinas des Landkreises ermitteln müssen, um die Adressen abzuklappern und
nach Althoff zu forschen. Auf die Idee bin ich auch schon gekommen.« Er griff
erneut zum Glas. »Prost!«
    »Das habt ihr nicht anders gewollt«, sagte Große Jäger
später, als das Bier ausgetrunken war und er sich über den Rotwein hermachte.
Zuvor hatte sich Karlchen standhaft geweigert, die Flasche Islay-Single-Malt,
die der Oberkommissar im Regal entdeckt hatte, mit Cola und Eis zu mixen.
    Der Sonntag war schon ein paar Stunden alt, als die
Runde sich auflöste.

SECHS
    Die Nacht war
sternenklar gewesen. Erst gegen Morgen hatte sich ein leichter Dunstschleier über
die Stadt ausgebreitet. Entsprechend kühl war es. Trotzdem hatte Mommsen, der
wie fast immer vor Christoph im Büro war, die Fenster zur Straße weit geöffnet.
    »Naturbursche?«,
fragte Christoph und rieb sich demonstrativ die Hände.
    »Frische Luft
schadet sicher nicht«, erwiderte Mommsen. »Insbesondere, wenn es hier nach
abgestandenem Qualm riecht.« Er zeigte auf Große Jägers Arbeitsplatz. Im
Aschenbecher lagen drei zerdrückte Kippen.
    »Wann hat er die
geraucht? Die Leute vom Reinigungsdienst leeren den Ascher doch zuverlässig
aus.«
    »Ich vermute,
Wilderich war heute bereits in aller Frühe hier.«
    »Hat er eine
Nachricht hinterlassen?«
    Mommsen sah
Christoph mit einem spöttischen Zug um die Mundwinkel an. »Fragst du das im
Ernst?« Dann blickte er auf die Uhr. »Ich werde mich mit dem Einwohnmeldeamt in
Verbindung setzen und sehen, was wir über Sabrina herausbekommen. Wenn wir das
Alter zwischen fünfzehn und dreißig Jahre eingrenzen, dürfte das der Zielgruppe
entsprechen.«
    »Wir sollten nicht
nur Husum prüfen, sondern auch die umliegenden Amtsverwaltungen«, schlug
Christoph vor.
    »Das hätte ich
ohnehin gemacht«, antwortete Mommsen, der zum Telefon griff und, nachdem er mit
dem entsprechenden Amt im Rathaus verbunden war, ein paarmal »So« und »Aha«
sagte.
    »Die Frau vom Einwohnermeldeamt
hat mir erzählt, dass dort bereits einer von uns herumtobt und Tabula rasa
macht.«
    »Darum war er so
früh im Büro.«
    Mommsen nahm sich
die Meldeämter der Amtsverwaltungen vor, die für die Verwaltung der ländlichen
Region rund um die Kreisstadt zuständig waren.
    Christoph rief Anna
an und bat darum, mit ihrem Chef verbunden zu werden. Der war mitten in einem
Patientengespräch und sagte zu, in den nächsten Minuten zurückzurufen.
    »Ich habe eine etwas
heikle Frage«, trug Christoph sein Anliegen dann vor. »Können Sie mir etwas
über Frau Dr. Michalke sagen?«
    Zuerst herrschte
Schweigen in der Leitung. Dr. Hinrichsen, intern kurz der Doc genannt, war für
sie oft als Polizeiarzt tätig, weil der Rechtsmediziner stets aus dem fernen
Kiel anreisen musste. Der Arzt war ein typischer Nordfriese: wortkarg und eher
geneigt, etwas ohne langatmige Erklärung zu verrichten. Er schätzte die knappe
Antwort.
    »Was wollen Sie
wissen?«, fragte er zögerlich.
    »Wissen Sie etwas
über die privaten Verhältnisse der Frau? Wie ist ihre Reputation als Ärztin?«
    »Sind Sie sich
sicher, bei mir an der richtigen Adresse zu sein?«, antwortete Dr. Hinrichsen
mit einer Gegenfrage.
    »Diese inoffizielle
Anfrage würde uns helfen, ein paar offene Punkte ins richtige Licht zu rücken«,
erklärte Christoph.
    »Ich mache das
ungern.«
    »Ich weiß, Herr
Doktor. Aber es geht nicht darum, Positionen gegen Dr. Michalke zu
sammeln.«
    »Sie untersuchen die
merkwürdigen Geschehnisse in der Seniorenresidenz«, zeigte sich der Arzt gut
informiert. »Die Kollegin praktiziert seit über zwanzig Jahren als Fachärztin
für innere Medizin in Husum. Sie gilt als tüchtig und ist bei den Patienten
beliebt. Entsprechend gut läuft ihre Praxis. Ich habe nie etwas Nachteiliges
über ihre Arbeit gehört. Persönlich habe ich keinen Kontakt zu ihr, obwohl man
sich als Berufskollegen schätzt.«
    Wer Dr. Hinrichsen
kannte, wusste, dass diese Aussage als Lob zu werten war.
    »Haben Sie einmal
etwas über fragwürdige Behandlungsmethoden oder

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