Todeshaus am Deich
keiner
alarmiert. Was ist denn los?«
Mommsen schilderte den Vorfall.
»Es ist purer Zufall, dass wir«, dabei wies Christoph
auf Anna, die dem Geschehen mit offenem Mund folgte, »hier erschienen sind.«
Der Oberkommissar winkte ab. »Ist schon recht. An
deiner Stelle wäre ich auch erst gekommen, wenn die Gefahr vorüber ist.
Insbesondere wenn man in Damenbegleitung ist.« Er lächelte Anna an. Dann
stutzte er. »Soll das heißen, dass du dich zu deinem eigenen Vergnügen hierher
begeben hast?«
Christoph machte mit der rechten Hand eine
Drehbewegung. »Nicht ganz.« Dann beugte er sich zu Große Jäger hinüber, damit
Anna seine Worte nicht mitbekam. »Wir haben einen Zug durch das Husumer
Nachtleben unternommen. Dabei habe ich – so ganz nebenbei – versucht, etwas
über Thorben Althoff zu erfahren. Ich hatte gehofft, dass er in der
Sonnabendnacht am ehesten unterwegs ist. Aber was treibt euch drei hierher? Du
bist auch alles andere als eine Idealbesetzung für diese Umgebung.«
Große Jäger klopfte Christoph kameradschaftlich auf
die Schulter.
»Wir sind doch ‘n gutes Team, nicht wahr? Stell dir
vor: Ich hatte die gleiche Idee.«
»Und dann hast du zufällig Mommsen und Karlchen
getroffen.«
»So ist es.«
Mommsen wollte Karlchen zurückhalten, konnte aber
nicht verhindern, dass der vorlaut ausplapperte: »Ist ja nicht zu fassen. Wir
haben auch nach diesem Typen geguckt.«
»Dann lasst uns die Ergebnisse unserer Suche
miteinander austauschen«, schlug Christoph vor.
Karlchen war Feuer und Flamme. »Wir haben noch eine
gute Flasche Wein im Keller. Ich schlage vor, wir fahren zu uns.«
»Gibt’s da auch ‘n Bier?«, brummte Große Jäger.
Wiederum war Karlchen ein wenig schneller als der
stille Mommsen. »Ich glaube, ein oder zwei Flaschen stehen noch im Kühlschrank.
Wir trinken nämlich selten Bier.«
»Dammich, das wird ‘ne trockene Veranstaltung«, meinte
Große Jäger und wurde in seiner Rede durch die wiedereinsetzende lautstarke
Musik unterbrochen.
*
Christoph und Mommsen hatten Große Jäger angeboten,
ihn in ihrem Fahrzeug mitzunehmen, aber der Oberkommissar bestand darauf,
selbst zu fahren. So fuhren drei Autos in die nächtlich ruhige Parkstraße und
hielten vor dem älteren Backsteinhaus mit dem verwilderten Garten. Vom
Obergeschoss, das Mommsen und Karlchen bewohnten, hatte man bei Tage einen
herrlichen Blick auf den gegenüberliegenden Schlosspark. Doch zu dieser Stunde
zeigte sich nur gähnende Dunkelheit.
Anna hatte es sich in einem Sitzsack gemütlich
gemacht, Große Jäger schaukelte in einem Lehnstuhl.
»Ich wollte sowieso um die Häuser ziehen«, sagte der
Oberkommissar. »Dabei habe ich mir gedacht, dass ich die Gelegenheit nutzen
könnte, nach Althoff Ausschau zu halten. Irgendwann muss der Bursche aus seinem
Loch herauskommen.«
»Wir haben tatsächlich einen jungen Mann ausfindig
gemacht, bei dem Althoff bis Anfang der Woche untergeschlüpft war. Montag früh
hat er seinen Gast aber vor die Tür gesetzt, weil der die Wohnung seines
Gastgebers in einen Saustall verwandelt hat. Wo Althoff abgeblieben ist, konnte
der Mann nicht sagen. Seiner Meinung nach ist der Gesuchte aber mittellos und
auf Hilfe angewiesen. Das bedeutet, wir können uns das Abklappern von Hotels
und Pensionen sparen. Auch dürfte damit feststehen, dass Althoff noch in der
Region ist. Ohne Geld wird er nicht weit kommen«, berichtete Mommsen.
Große Jäger fuhr sich mit der Hand über seine
Bartstoppeln, was ein deutlich vernehmbares Kratzgeräusch verursachte.
»Ich bin noch einmal bei Michi, ihr wisst, die Kneipe
in der Neustadt, gewesen. Ein Gast, den ich neulich schon gesehen hatte, hat
mir gesteckt, dass Althoff eventuell bei einem Girlie untergeschlüpft ist. Er
hat mir eine junge Frau beschrieben, von der er nur weiß, dass sie Sabrina
heißt. Die könnte vielleicht mehr wissen – meint Wolle, der Typ aus der
Kneipe.«
»Und wie hat er Sabrina beschrieben?«, fragte
Christoph.
Große Jäger lachte auf. »Lange blonde Haare, schmales
Gesicht, lange Beine. Sehr sexy.«
»Toll«, mischte sich Karlchen ein. »Damit hat er die
Hälfte der weiblichen Jugend Nordfrieslands beschrieben.«
»Immerhin«, verteidigte der Oberkommissar sich,
»müssen wir jetzt nicht nach einer Yvonne, Lena oder Frauke suchen. Auch nicht
nach einer Hilke. Die steht mir ohnehin wieder am Montag ins Haus«, setzte er
ein wenig leiser hinzu, was bei den anderen Heiterkeit auslöste.
»Weitere Anhaltspunkte hast
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