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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Zentrale.
    »Schickt eine Streife nach Rödemis«, sagte er, als er
sah, wie Althoff rechts in den Fußgängertunnel abbog, der unter den Bahngleisen
hindurchführte. Dann gab er eine Personenbeschreibung durch. Danach setzte er
sich in Bewegung und schlug den Weg ein, den Thorben Althoff auch gewählt
hatte.
    *
    Mit Große Jägers Rückkehr zur Dienststelle schien der
Missmut Einzug gehalten zu haben. Der Oberkommissar fluchte vor sich hin. Er
ärgerte sich über sich selbst, verteilte seinen Unmut aber gleichmäßig an die
Büromöbel, die unsortierten Schriftstücke auf seinem Schreibtisch und an seine
beiden Kollegen im Raum.
    Althoff war entkommen.
    »Es ist dumm, wenn Polizisten älter werden und beim
Hinterherlaufen das Nachsehen haben«, fluchte Große Jäger. Dann schlug er
zornig mit der flachen Hand auf die Arbeitsfläche. »Das ist saublöd. Was kann
der kleine Junge in Münster dafür, dass ich dem jungen Spund nicht folgen
konnte. So ein verdammter Mist.«
    Mit einem Krachen verschwand die Schublade, die sonst
permanent offen stand und ihm als Fußablage diente, im Schreibtisch.
    »Wenn ich diesen Idioten von Althoff erwische, dann
…«, drohte der Oberkommissar. »Es interessiert mich ‘nen feuchten Kehricht, wie
viel Dreck dieser Typ wo auch immer veranstaltet und wem er die Miete schuldig
geblieben ist. Ich denke nur an das Kind.«
    Noch einmal entlud sich Große Jägers Zorn. Er schlug
mit der rechten in die linke Handfläche, dass ein laut klatschendes Geräusch
den Raum erfüllte.
    »Wir haben morgen, gleich zu Schulbeginn, den Besuch
im Gymnasium auf dem Programm. Außerdem ist mir noch eine andere Idee
gekommen«, sagte Christoph. »Wir haben bisher die uns bekannten Kneipen und
Lokalitäten Husums abgeklappert und die Plätze abgesucht, von denen wir meinen,
dass sich Althoff dort am ehesten aufhalten könnte. Es gibt noch eine
Möglichkeit.«
    »Nun sag schon«, fuhr ihm Große Jäger ungeduldig
dazwischen.
    Christoph machte mit der Hand eine besänftigende
Winkbewegung.
    »Wir haben die Bestätigung unserer Vermutung, dass
sich Althoff noch in der Stadt aufhält. Und der Mann muss sich ernähren. Ich
denke, als nächsten Schritt sollten wir die Lebensmittelgeschäfte und
Supermärkte besuchen und den Kassenkräften ein Foto von Althoff vorlegen.
Vielleicht erinnert sich jemand an ihn, und wir erhalten einen Hinweis, wo er
regelmäßig seinen Grundbedarf deckt.«
    »Gute Idee«, stimmte Große Jäger begeistert zu und
sprang ungeduldig auf. »Ich fang schon einmal an.«
    Es hätte keinen Sinn gehabt, ihn von seinem Vorhaben
abzuhalten. Christoph und Mommsen sahen dem ungestüm Davoneilenden nach.
    »Wenn Wilderich weniger dynamisch gewesen wäre, hätten
wir uns die Arbeit teilen können«, stellte Mommsen fest.
    »Es ist das erste Mal, dass ich etwas Positives darin
erkennen kann, dass es einen Konzentrationsprozess im Einzelhandel gegeben
hat«, sagte Christoph. »So reduziert sich die Zahl der Geschäfte erheblich
gegenüber jener Zeit, als wir noch an jeder Ecke einen Tante-Emma-Laden hatten.«
Er sah auf die Uhr. »Jetzt ist es schon wieder nach halb sechs. Ich habe den
Eindruck, uns rinnt die Zeit zwischen den Fingern davon.«
    Mommsen nickte beiläufig. »De Tied, dat Oos, dat geiht
so gau«, kommentierte er.
    Christoph widmete sich der unvermeidlichen
Schreibtischarbeit, deren Anteil von Außenstehenden oft unterschätzt wird und
die mit Sicherheit auch einen Effizienzverlust des gesamten Polizeiapparats
bedeutete.
    Es war kurz vor sieben Uhr, als er seine Unterlagen
zusammenlegte. Mommsen hatte sich vor einer halben Stunde verabschiedet. Jetzt
war es auch für Christoph Zeit, an den Feierabend zu denken.
    Er verließ das Gebäude durch den Hintereingang, ging
über den nur mäßig beleuchteten Hof und stieg in seinen Volvo-Kombi. Dann fuhr
er über die Gaswerkstraße und die Klappbrücke, die den Binnen- vom Außenhafen
trennte. Links lag das verlassene Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs. Er
folgte der Einbahnstraßenregelung und bog rechts Richtung Neustadt ab. Es waren
nur wenige Fahrminuten bis nach Hause. Zur rechten Hand tauchte der alte
Wasserturm auf und markierte den Eingang zum Schlosspark. Unweit davon befand
sich die Stelle, an der Große Jäger vor einem halben Jahr den ›Schubser‹
überwältigt und mit herabgelassener Hose an einen Baum gefesselt hatte, obwohl
der Oberkommissar das bestritt.
    Hinter dem um diese Tageszeit verlassenen
Gebäudekomplex der

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