Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Schlüsseln gefunden.«
    »Wenn daran auch noch ein metallenes ›S‹ ist, dann
handelt sich um die Schlüssel meiner Tante.«
    Der uniformierte Beamte nickte, als Christoph ihn
ansah.
    »Haben Sie eine Erklärung dafür, wie Ihre Tante
hierhergekommen ist? Und warum?«
    Saskia Willich sah Christoph aus verschleierten Augen
an.
    »Nein«, sagte sie bestimmt.
    Es klingelte an der Tür, und Mommsen traf ein.
    Der zweite Beamte zog den jungen Kommissar aus dem
Raum, und Christoph hörte ein leises Murmeln.
    »Und Sie wollen mir nicht sagen, wo Sie sich die
letzte Woche aufgehalten haben?«, versuchte es Christoph erneut.
    Die Frau schüttelte nur den Kopf.
    Sie mussten noch eine weitere Viertelstunde warten,
bis Dr. Hinrichsen eintraf. Er warf einen Blick durch die Zimmertür auf Saskia
Willich.
    »Eine Angehörige?«, fragte er. »Benötigt sie Hilfe?«
    »Ich glaube nicht«, erwiderte Christoph und folgte dem
Arzt ins Schlafzimmer.
    Während sich der Arzt die Handschuhe überstreifte,
informierte ihn Christoph über den Verdacht, den der Notarzt geäußert hatte.
    »Der Tod ist schätzungsweise vor vier bis sechs
Stunden eingetreten«, murmelt Dr. Hinrichsen halblaut vor sich hin, während
seine schlanken Finger über Trude Beckerlings Körper glitten. »Der Kollege mag
recht haben«, fasste er das Ergebnis seiner Untersuchung zusammen. Er wies mit
der Hand auf die Stirn der alten Frau. »Wenn Sie genau hinsehen, erkennen Sie
noch einen leichten Schweißfilm. Wenn die Nieren ihre Funktion nicht mehr
wahrnehmen können und sie den Körper nicht entgiften, steigen die Giftstoffe im
Körper schnell an. Hauptsächlich handelt sich um Harnstoffe, und die vergiften
die anderen Organe. Ein äußeres Anzeichen ist die Gelbfärbung der Augen. Der
Patient ist aufgedunsen, weil der Wasserspiegel steigt. Außerdem riechen Sie es
an der Haut.«
    Der Arzt beugte sich über den Körper der Frau und sog
die Luft tief und hörbar durch die Nase ein. Mit dem Finger zeigte er auf die
Haut der Frau und forderte Christoph durch diese Geste auf, es ihm
nachzumachen.
    Mit einem leichten Unbehagen folgte Christoph dem
Beispiel des Arztes. Jetzt nahm er auch den leichten Uringeruch wahr.
    »Hat sie gelitten?«, fragte Christoph.
    Dr. Hinrichsen wiegte den Kopf. »Schwer zu sagen.
Vermutlich nicht. Sie werden schläfrig. Müde. Fallen ins Koma. Das ist
schmerzlos. Dialysepatienten haben im Allgemeinen weniger Blutvolumen als
gesunde Menschen. Daher steigt der Blutdruck, sie werden unruhig und bekommen
Fieber. Der Kreislauf bricht zusammen, und eine mögliche Todesursache ist eine
Tachykardie.«
    Christoph sah den Arzt fragend an.
    »Das ist eine stark beschleunigte Herztätigkeit mit
hoher Pulsfrequenz. Man nennt es auch Herzjagen.«
    »Wie lange dauert es bis zum Tod, wenn man jemanden
von der Dialyse fernhält?«
    Der Arzt hatte die Handschuhe abgestreift und kratzte
sich mit zwei Fingern am Hals. »Ich würde sagen: so etwa vier bis fünf Tage.«
    Christoph überschlug kurz. Am Donnerstag war Frau
Beckerling aus der Seniorenresidenz verschwunden. Heute war Montag. Das waren
vier Tage. Da die alte Frau auch durch andere Erkrankungen gesundheitlich
vorbelastet war, hatte dieser Zeitraum ausgereicht, sie zu töten.
    »Ich stehe vor einer schwierigen Entscheidung«,
überlegte der Arzt, mehr zu sich selbst gewandt. »Es sieht alles wie ein
natürlicher Tod aus.«
    Das haben wir schon beim Ersticken des alten Paul
Schüttemann geglaubt, dachte Christoph. Er war sich sicher, dass jemand auf
sehr intelligente Weise die alten Menschen in den Tod schickte und es dabei wie
ein natürliches Dahinscheiden aussehen ließ.
    »Ich werde die Spurensicherung benachrichtigen«,
beschloss Christoph. »Die sollen die Wohnung überprüfen. Und die Tote schicken
wir zur Rechtsmedizin nach Kiel.«
    »Ich kann Ihnen die Entscheidung nicht abnehmen«,
sagte der Arzt. »Aber ich glaube, Sie handeln richtig.«
    Während Mommsen versuchte, die Spurensicherung in
Flensburg zu erreichen, kehrte Christoph ins Wohnzimmer zurück.
    Saskia Willich saß immer noch nahezu apathisch auf dem
Sofa.
    »Wir werden noch einige Untersuchungen in der Wohnung
vornehmen müssen«, erklärte Christoph. »Wollen Sie mir wirklich nicht sagen, wo
Sie die letzte Woche waren?«
    Sie ließ Christophs Frage unbeantwortet.
    »Haben Sie jemanden, zu dem Sie heute Abend fahren
können? Der sich um Sie kümmert?«
    »Nein«, flüsterte sie. »Da gibt es niemanden.«
    Mommsen war an Christoph

Weitere Kostenlose Bücher