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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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das?« Aus den Augenwinkeln
beobachtete er den Mann an seiner Seite. Der schritt unbeirrt weiter geradeaus.
Und schwieg.
    Sie mochten wohl
hundert Meter dem Deich gefolgt sein, als Christoph seine Frage wiederholte.
    »Haben Sie die Frau
in die Kreuzerstraße gefahren?«
    Abrupt blieb von
Hasenteuffel stehen und sah Christoph an.
    »Ist die Frage ernst
gemeint?«
    »Immer dann, wenn
ein Mensch durch Fremdeinwirkung stirbt, ist jeder Spaß fehl am Platz«, sagte
Christoph mit Bestimmtheit.
    Der Baron steckte
beide Hände in die Taschen seines Anoraks.
    »Wenn Sie so klug
sind, wie Sie vorgeben, finden Sie bestimmt selbst eine Antwort auf Ihre
Frage«, antwortete er.
    Der Mann neben ihm
war seltsam, überlegte Christoph. Was verband ihn mit der Nichte? Weshalb
hatten die beiden sich getroffen? Christoph machte sich Vorwürfe, weil er die
Frau am vergangenen Sonnabend nicht angesprochen hatte. Aber es hatte keinen
Anlass dazu gegeben. Und sein Plan, dass Anna die beiden observieren sollte,
war fehlgeschlagen. Außerdem war er wegen Seelig plötzlich in die
Seniorenresidenz gerufen worden. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände
gewesen.
    Von Hasenteuffel
neben ihm schritt weiter mit kräftigen Schritten den Deich entlang.
    »Ich habe für die
Zeit, in der Frau Beckerling verschwunden ist, ein Alibi«, erklärte er
plötzlich. »Ich war mit den anderen bei McDonald’s. Das haben Sie doch selbst
gesehen. Anschließend haben Sie uns in die Stadt verfolgt. Erinnern Sie sich?«
    Christoph antwortete
nicht. In diesem Punkt hatte der Baron recht.
    »Danach war ich in
der Buchhandlung in der Krämerstraße. Dort bin ich Ihnen erneut begegnet, als
Sie das Kaufhaus verlassen haben. Sie sind mir bis zur Bahnunterführung
gefolgt, als ich zu Fuß zurück zur Seniorenresidenz gegangen bin.« Von
Hasenteuffels Worte kamen nahezu fröhlich über seine Lippen. »Ein besseres
Alibi kann man kaum vorweisen.«
    Statt zu antworten,
sah Christoph über das Watt. Zur rechten Hand tauchte der Küstensaum der Insel
Nordstrand auf. Geradeaus, auf der anderen Seite der Fahrrinne zum Husumer
Hafen, lag die Hallig Südfall. Nur der Vogelwart lebt auf dem winzigen,
durch keinen Deich vor dem Hochwasser geschützten Eiland. Und das auch nur im
Sommer. Die Hallig war ebenso vom leichten Dunstschleier über dem Watt
verschluckt wie die Insel Pellworm, die sich noch weiter draußen befand.
    »Danach habe ich in
meinem Zimmer gesessen und am Computer gearbeitet«, unterbrach der Baron die
Stille.
    »Aber keiner hat Sie
an diesem Nachmittag mehr gesehen«, stellte Christoph fest.
    Von Hasenteuffel tat
erstaunt. »Sie haben sich bereits über mich erkundigt? Ich war nicht zum
Abendessen, weil ich von dem Besuch im Schnellrestaurant hinreichend gesättigt
war.«
    »Ihr Alibi, wenn Sie
es selbst so bezeichnen möchten, ist nicht sehr stichhaltig.«
    Der Mann an
Christophs Seite war stehen geblieben.
    »Sie sind Hauptkommissar,
nicht wahr?«
    »Ja. Warum?«
    Von Hasenteuffel
suchte umständlich nach einem Taschentuch und schnäuzte sich, bevor er
antwortete.
    »Das entspricht dem
Hauptmann. Ein interessanter Dienstgrad. Immerhin Offizier. Trotzdem.« Er legte
eine Kunstpause ein. »Ich bin als Oberst pensioniert worden.«
    Christoph fixierte
den Älteren.
    »Was wollen Sie
damit sagen?«
    Der Anflug eines
Lächelns zeigte sich auf von Hasenteuffels Antlitz.
    »Dann strengen Sie
sich an, damit Sie es kraft Ihrer Intelligenz zuwege bringen, den Nachweis
über meine Zeitverwendung zu erschüttern.«
    *
    Große Jäger saß an seinem Schreibtisch und blätterte
lustlos in Papieren, die vor ihm lagen. Unkonzentriert las er die
Überschriften, um das jeweilige Blatt auf einem anderen Stapel abzulegen, als
Hilke Hauck ins Zimmer trat, gefolgt von einem jungen Mann.
    »Das ist Herr Hoang Thanh Tho«, stellte sie
vor. »Er kennt Thorben Althoff und hat ihn heute noch gesehen.«
    Große Jäger sah auf. Der Besucher hatte einen
unverkennbar asiatischen Einschlag. Warum fällt es uns Langnasen immer schwer,
Chinesen von Japanern zu unterscheiden, überlegte er, obwohl der Name eher
vietnamesisch klang.
    »Guten Tag«, grüßte Tho höflich und deutete
eine Verbeugung an.
    Große Jäger zeigte mit dem Finger auf den
Besucherstuhl. Zögerlich setzte sich der Mann, nicht ohne vorher einen
angstvollen Blick auf Blödmann zu werfen. Der Hund lag jetzt zu seinen Füßen.
    »Sie kennen Althoff?«
    »Ich komme aus Vietnam und habe eine richtige
Aufenthaltserklärung.

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