Todeshaus am Deich
augenblicklich Ruhe
geben und die Ermittlungen weiterhin massiv stören, werden die beiden Kollegen
einschreiten.« Christoph warf einen Blick auf die beiden Beamten, die ein
Schmunzeln nicht unterdrücken konnten.
»Wer hat Sie
benachrichtigt?«, fragte Brodersen erneut.
»Das geht Sie nichts
an. Und nun ist endlich Ruhe. Punktum«, sagte unmissverständlich Christoph in
barschem Ton. Dann sah er Schwester Dagmar auffordernd an.
»Regina hat den
Toten gefunden«, erklärte sie. »Als er sich heute Morgen nicht rührte und auch
auf das Klopfen und das Telefon nicht reagierte, hat sie nachgesehen und die
traurige Entdeckung gemacht.«
»Wo ist Ihre
Kollegin jetzt?«
»Sie ist im
Schwesternzimmer. Ich habe sie dorthin geschickt, damit sie sich von diesem
Schock erholt.«
»Papperlapapp«,
mischte sich Brodersen ein. »Schock! Dass Leute sterben, gehört bei uns zum
Alltag. Jeder unserer Mitarbeiter hat schon Tote gesehen.«
»Das trifft zu, aber
nicht in so kurzen Zeitabständen und unter solch merkwürdigen Umständen«, trat
ihm Dagmar entgegen und nahm Christoph das Argument vorweg.
Eigenartig, dachte
Christoph. Gestern bin ich mit dem Mann lange am Deich entlanggewandert. Dort
hat er weder Schwäche noch sonstige Anzeichen einer Erkrankung gezeigt.
»Wissen Sie von
einer gesundheitlichen Vorbelastung des Mannes?«, fragte Christoph.
»Nein«, kam prompt
Schwester Dagmars Antwort. »Wir haben hier viele Patienten, über deren
Erkrankungen wir gut informiert sind. Ganz abgesehen von den Pflegefällen. Aber
bei Herrn von Hasenteuffel … Da liegt uns nichts vor. Obwohl …« Sie zögerte
einen Moment und legte die rechte Hand an die Schläfe. »Gestern Nachmittag war
die Ärztin bei uns im Haus, um routinemäßig einige ihrer Patienten zu
besuchen.«
Ȁrztin? Sie meinen
Frau Dr. Michalke?«
Oberschwester Dagmar
nickte. »Ja, die. Ich glaube, sie war auch beim Baron.«
Christoph stutzte.
»War das außergewöhnlich?«
»Schon. Ich kann
mich nicht erinnern, dass sie sonst bei ihm Hausbesuche gemacht hat.«
»Betreut Frau Dr.
Michalke alle Bewohner Ihres Hauses?«
»Gottlob nicht«,
mischte sich Brodersen ein. »Das wäre schlimm. Wir haben freie Arztwahl. Und
die Senioren suchen sich den Doktor ihres Vertrauens selbst aus. Manche gehen
zu dieser Frau, andere zu Dr. Hinrichsen oder einem anderen Arzt. Wichtig ist,
dass der Doktor auch bereit ist, Hausbesuche zu machen. Aber ich habe es gleich
gesagt. Irgendetwas stimmt nicht mit Dr. Michalke. Auch die anderen beiden
Toten waren ihre Patienten.«
»Sie meinen Paul
Schüttemann und Frau Beckerling?«
»Genau.« Der
Heimleiter zeigte mit ausgestrecktem Finger auf Christoph. »Sie sollten die
Dame einmal genauer unter die Lupe nehmen. Ich frage mich die ganze Zeit, warum
die ein solches Brimborium veranstaltet und offenbar normale Todesfälle so
aufbauscht.«
»Ich bin es leid,
mit Ihnen diese überflüssigen Diskussionen zu führen«, fuhr ihn Christoph an.
Dann wandte er sich wieder an Schwester Dagmar. »Wir benötigen einen Arzt, der
den Totenschein ausstellt. Anschließend werde ich den Leichnam zur
Rechtsmedizin bringen lassen.«
»Warum das denn?«,
giftete der Heimleiter los, aber Christoph beachtete ihn nicht weiter. Er griff
zum Handy und rief in der Praxis von Dr. Hinrichsen an.
»Na, hast du
Sehnsucht? Es ist ein ungünstiger Zeitpunkt. Das Wartezimmer ist voll, ich habe
viele Blutabnahmen und Verbände vor mir, und der Doktor wird auch gleich
kommen. Da sitzen schon einige und warten auf ihn«, begrüßte ihn Anna.
»Mit dir flirte ich
später. Zuerst einmal muss ich den Doc haben. Er muss umgehend in die
Hauke-Haien-Residenz kommen und einen Todesfall beurteilen.«
»O neee, ne«, maulte
Anna. Es klang so, als wäre Christoph persönlich dafür verantwortlich. »Kann
das nicht ‘n anderer machen? Bei uns ist wirklich Hochbetrieb.«
»Sei ein liebes
Mädchen und sag deinem Chef Bescheid. Desto eher ist er wieder bei dir und
schaufelt dein Wartezimmer leer. Du kannst ja Karlchen anrufen. Der unterhält
in der Zwischenzeit deine Kunden. Dann freuen sich alle über die Einlage, und
keiner will als Erster zum Doc in die Sprechstunde.«
»Blödmann«, hörte er
Anna sagen und antwortete mit einem »Wuff – wuff«.
Sie antwortete mit
einem schmatzenden Geräusch, das einem Kuss ähnlich klang, und legte auf.
Wenig später
erschien Dr. Hinrichsen.
Er warf einen kurzen
Blick auf den Toten und murmelte: »Äußerlich ist nichts
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