Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Bullerei? Die vom Gesundheitsamt kennen wir alle.«
    »Rat mal«, gab Mommsen trocken zurück.
    Sie beugte sich ins Auto hinein. Mommsen roch ein
auffälliges, aber nicht aufdringliches Parfüm. Ein abschätzender Blick musterte
ihn vom Kopf bis zu den Knien, die hinter dem Lenkrad verschwanden. Dann
spitzte sie den Mund.
    »Leckeres Bürschchen. Ich tippe auf Polizei.« Sie
wirkte keineswegs beunruhigt.
    »Stimmt.«
    Mit dem manikürten rechten Zeigefinger fuhr sie über
den Rand der herabgelassenen Scheibe.
    »Du musst doch nicht draußen stehen«, sagte sie und
war sich der Doppeldeutigkeit der Worte offenbar bewusst. »So was wie du
bekommt auch einen Sonderpreis. Das ist nicht als Bestechungsversuch gedacht,
um keinen Verdacht aufkommen zu lassen, sondern einfach so, weil du so ‘n
smarter Typ bist. Manchmal wollen unsere Mädchen auch ein wenig Spaß bei der
Arbeit.«
    »Danke. Aber ich habe kein Interesse.«
    »Na, so was. Ein so flotter Typ ist doch viel zu
schade für nur eine Frau«, flötete sie. »Oder bist du dienstlich hier?«
    Mommsen antwortete mit einer Gegenfrage: »Der Mann,
der eben gekommen ist … Kommt der öfter?«
    Sie ließ ein gurrendes Lachen hören.
    »Du meinst den ollen Fiete?«
    Dass sie Kubelka kannte, beantwortete seine Frage
schon.
    »Der ist gelegentlich hier. Hat immer mächtig viel
Spaß bei uns. Wer sagt denn, dass man in seinem Alter nichts mehr mit Sex am
Hut hat? Der Opa ist ganz schön krekel. Gönn ihm doch das Vergnügen. Was hat er
denn ausgefressen?«
    »Lässt er viel Geld bei euch?«
    Sie lachte laut auf und tippte Mommsen mit dem
Zeigefinger auf die Nasenspitze.
    »Du bist blauäugig mein Schatz. Nicht nur unter deinen
hübschen Wimpern. Eine solche Frage beantworte ich weder meinem Steuerberater
noch dem Finanzamt. Glaubst du, dass du eine ehrliche Antwort kriegst?«
    Dann sollten wir einmal der Frage nachgehen, über
welche wirtschaftliche Potenz Kubelka verfügt, dachte Mommsen und musste
unwillkürlich lächeln, weil ihm die Doppeldeutigkeit seines Gedankens auch
bewusst wurde.
    »Willst du denn nicht drinnen warten? Kriegst auch
‘nen Kaffee. Ganz ohne Verpflichtung und Hintergedanken.«
    »Vielen Dank für das Angebot«, erwiderte Mommsen und
griff zum Zündschlüssel, um den Motor zu starten.
    »Habe ich dich jetzt vertrieben?«, scherzte sie. »Das
kommt nicht oft vor, dass Männer vor mir davonlaufen.«
    »Ich laufe ja nicht, sondern fahre«, sagte Mommsen
sibyllinisch und sah im Rückspiegel, wie sie ihm kokett einen Handkuss
hinterherwarf.
    *
    Christoph starrte auf das brüchige Leder von Große
Jägers Weste. Der Oberkommissar hatte es sich an seinem Schreibtisch bequem
gemacht. Die Füße befanden sich in »Schonstellung« auf der Schublade. Über dem
Kopf stieg eine gekräuselte Rauchsäule zur Zimmerdecke empor. In unregelmäßigen
Abständen ächzte der Stuhl, wenn Große Jäger sich vorbeugte, um zu seinem
Kaffeebecher zu greifen und deutlich hörbar daran zu nuckeln.
    Er nuschelte etwas, das Christoph galt. Die Hälfte
verschwand allerdings im Inneren des Trinkgefäßes, das Große Jäger vor seinem
Mund hielt.
    »Bitte noch einmal«, sagte Christoph.
    Große Jäger drehte sich zu ihm um und grinste.
    »Im Alter soll das Gehör ja nachlassen«, murmelte er
halblaut. Dann tippte er mit seinem schwarz geränderten Fingernagel auf einen
Aktendeckel.
    »Unter den persönlichen Sachen von Trude Beckerling
wurde kein Testament gefunden. Ich habe beim Amtsgericht nachgefragt. Auch dort
ist keines hinterlegt. Derzeit müssen wir davon ausgehen, dass Saskia Willich
die Erbin ist. Einen anderen nahen Verwandten kennen wir nicht.«
    Große Jäger klopfte erneut auf den Aktendeckel.
    »Es sind Kontoauszüge gefunden worden. Frau Beckerling
hatte ein Sparkonto mit einem relativ aktuellen Saldo von knapp über
siebenundzwanzigtausend Euro. Keine Hinweise auf weiteres Vermögen, Depots oder
dergleichen.«
    »Das klingt so, als würde Mord aus Habgier
ausscheiden«, sagte Christoph.
    Große Jäger war damit nicht einverstanden. »Es wurden
schon Menschen für einen geringeren Betrag ermordet.«
    »Das ist richtig. Frau Willich ist keine Verwandte des
ersten Grades. Folglich gehen vom Erbe noch die Steuern ab. Dann wären die
Kosten der Beerdigung anzusetzen. Viel bleibt nicht übrig. Und wenn sie noch
einen Mitwisser hatte, wenn wir vermuten, dass von Hasenteuffel die alte Frau
in die Wohnung gebracht hat, dann lohnt sich das Risiko eines Mordes kaum.
Zumal wir

Weitere Kostenlose Bücher