Todeshaus am Deich
bei deinem Tod dein Fell versoffen.
Du kannst nicht mitmachen, musst das aber trotzdem bezahlen, weil der ganze
Spaß von deiner Hinterlassenschaft bezahlt wird.«
*
Wenn Saskia Willich Urlaub genommen hatte, um die
Beerdigung ihrer Tante zu regeln, musste sie zu Hause anzutreffen sein, hatte
Christoph gemeint und sich der Versuchung Große Jägers widersetzt, das
telefonisch zu eruieren.
»Lass uns das Überraschungsmoment ausnutzen«, hatte
Christoph entschieden. Nun waren sie auf dem Weg zur kleinen Siedlung mit den
Mehrfamilienhäusern an der Kreuzerstraße.
Sie mussten nicht lange warten, bis Trude Beckerlings
Nichte öffnete.
Die Frau trug Leggins. Die Füße waren nackt. Ein enges
T-Shirt, unter dem eindeutig der Büstenhalter fehlte, unterstrich das Legere
ihres Outfits. Die Haare waren gewaschen, aber ungekämmt. Dass Saskia Willich
nicht vorhatte, die Wohnung zu verlassen, war auch daran erkennbar, dass sie
ungeschminkt war. Sie war eine unauffällige, aber nicht unattraktive Frau mit
durchaus ansehnlichen weiblichen Reizen.
Mit einem Seitenblick registrierte Christoph amüsiert,
dass dies auch Große Jäger bemerkt hatte. Jedenfalls beschränkte der
Oberkommissar seine Musterung der Frau nicht auf deren Gesichtszüge.
Sie wurden in die Wohnung gebeten und in das Christoph
bekannte Wohnzimmer geführt. Auf dem Sofa lag Bettzeug.
Frau Willich raffte es zusammen.
»Entschuldigen Sie, aber nach dem Tod meiner Tante
konnte ich das Schlafzimmer noch nicht wieder benutzen. Das ging vom Kopf her nicht.
Ich habe deshalb hier übernachtet.«
Sie trug die Bettwäsche hinaus und kehrte gleich
darauf zurück. »Nehmen Sie Platz«, forderte sie die beiden Beamten auf.
Ungefragt begann sie zu erklären: »Es gibt viel zu regeln. Ich bin nur im
Groben über die Angelegenheiten meiner Tante informiert, weil ich ihr in
manchen Dingen behilflich war. Trotzdem bleibt noch genug übrig.« Sie sah
Christoph an. »Ich habe mit dem Beerdigungsinstitut gesprochen. Die können noch
nichts unternehmen, da die sterblichen Überreste meiner Tante durch Sie
beschlagnahmt wurden. Können Sie schon Näheres sagen?«
Christoph schüttelte den Kopf. »Die Freigabe erfolgt
durch die Staatsanwaltschaft. Man wird sich aber mit Ihnen in Verbindung
setzen.«
Große Jäger rutschte unruhig auf seinem Platz hin und
her. Er konnte seine Frage nicht zurückhalten.
»Wollen Sie uns jetzt verraten, wo Sie in der
vergangenen Woche waren?«, platzte es aus ihm heraus.
Saskia Willich blickte auf einen imaginären Punkt auf
dem Teppich vor ihren Füßen. Sie hatte die Lippen zu einem schmalen Streifen
zusammengekniffen.
»Wir bekommen es doch heraus. Weshalb behindern Sie
uns in unserer Arbeit? Sie sollten nicht länger schweigen«, redete Große Jäger
auf sie ein.
»Ich will nicht …«, rutschte es aus der Frau heraus.
Mitten im Satz brach sie ab und winkte resigniert mit der Hand ab.
»Sie können sich uns anvertrauen«, sagte Christoph
betont ruhig und beugte sich dabei ein wenig vor. »Wir wollen das Dunkel um den
Tod Ihrer Tante aufklären. Sie ist offensichtlich gegen ihren Willen hierher
gebracht worden. Dann wurde ihr ärztliche Hilfe versagt. Das ist ein
strafwürdiger Tatbestand, über dessen Konsequenzen das Gericht zu entscheiden
hat. Wo waren Sie?«
Schweigen.
»Sie waren in Husum. Das wissen wir.«
Schweigen.
»Wir wissen auch, dass Ihre Tante wahrscheinlich von
Herrn von Hasenteuffel in Ihre Wohnung gebracht wurde.« Christoph war sich
bewusst, dass dies eine bloße Behauptung war. Er hatte es sich lediglich
zusammengereimt.
»Können Sie das beweisen?«, entgegnete sie prompt. Zumindest
hatte sie ihr Schweigen gebrochen.
»Sie profitieren vom Tod Ihrer Tante.«
»Wie können Sie so etwas behaupten«, entfuhr es ihr
giftig.
»Sie sind die Erbin«, mischte sich Große Jäger ein.
Sie funkelte den Oberkommissar böse an. »Es soll
vorkommen, dass alte Leute etwas hinterlassen. Ist das strafbar?«
»Nicht, wenn es auf legalem Weg erfolgt. Uns
interessieren aber die Fälle, in denen die Erben nicht bis zum natürlichen
Ableben des Erblassers warten wollen«, gab Große Jäger ungerührt zurück.
»Und deshalb glauben Sie, ich hätte meine Tante
umgebracht? Lächerlich!« Saskia Willich war erregt. Sie unterstrich ihre Worte
durch wildes Gestikulieren. Dann fuhr sie sich nervös mit der Hand durch das
struppige Haar.
»Wenn ein Mensch gegen seinen Willen aus dem Leben
scheidet, ist das alles andere als
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