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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Fall knallte die Faust so heftig auf den Schreibtisch, dass es vom Bücherschrank widerhallte. Dann senkte er die Stimme. »Und sie werden es wieder machen. Was sollte sie davon abhalten?«
    »Sie glauben also, dass Russland hinter dem Anschlag steckt, Mr. Senator?«
    »Und ob. Wer sonst würde es wagen, gegen die Vereinigten Staaten von Amerika Krieg zu führen? Sie wissen, dass wir letztes Jahr unsere Armee nach Sibirien geschickt haben. Im Grunde haben sie sogar das Recht auf einen Gegenschlag. Welches andere Land hat ein Motiv? Welches andere Land ist so daran interessiert, uns zu Fall zu bringen?«
    »Das weiß ich nicht, Mr. Fall.«
    »Aber ich.« Der Senator fuchtelte mit dem Arm. »Hören Sie mir gut zu, mein Junge. Ich erzähle Ihnen jetzt, wie die Geschichte verlaufen sollte — und zwar bis zum Ende des Jahrhunderts. Wir haben eine Armee von über einer Million gut ausgebildeter Soldaten, die jederzeit mobilisiert werden können. Wir könnten dieser sowjetischen Diktatur den Garaus machen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür, danach ist es nämlich zu spät. In Polen sind sie gerade geschlagen worden. Sie haben einen Bürgerkrieg am Hals. Das russische Volk will keine Diktatur. Inzwischen hat Lenin schon fünfzig-, sechzigtausend Leute ins Gefängnis geworfen, nur weil sie sich gegen den Bolschewismus geäußert haben. Das russische Volk will Freiheit. Wir können ihm helfen. Und wenn wir es nicht tun, mein Junge, dann kann diesen roten Moloch niemand mehr aufhalten. Im Augenblick tut sich eine historische Chance auf, aber damit ist es bald vorbei. Denn diese
Kommunisten haben es nicht nur auf Russland abgesehen. Das sind rücksichtslose Schweinehunde — ja, spitzen Sie nur die Ohren –, die die ganze Welt beherrschen wollen. Sie haben richtig gehört: Die ganze Welt wollen sie beherrschen. Sie hassen die Freiheit. Sie hassen Christus. Hundert Jahre lang werden sie Dunkelheit über die Welt bringen. Und in dieser Regierung gibt es niemanden, der auch nur das Geringste dagegen unternimmt. Wilson ist ein Krüppel. Bill Flynn ist ein Trottel. Houston ist ein Erbsenzähler. Wer soll dieses Land schützen, gottverdammt? Wer soll die Welt schützen?«
    Der Senator hatte sich wieder in Fahrt geredet und schüttelte die Faust. Das Klatschen von zwei Händen ließ Littlemore hochfahren. Mrs. Cross applaudierte.
    »Sparen Sie sich das.« Fall beruhigte sich wieder. »Sie meint, dass ich mich zu ernst nehme. Vielleicht hat sie sogar Recht. Entscheidend ist aber nur eins. Wollen Sie es in dieser Stadt zu was bringen? Dann müssen Sie auf das richtige Pferd setzen. In drei Wochen wird Warren Harding zum Präsidenten gewählt. Danach wird Houston nicht mehr Minister sein. Ich schon. Wollen Sie etwas für Ihr Land tun? Houston interessiert sich nur für das Gold. Mir geht es um die Freiheit. Mir geht es darum, dass unsere Bürger weiter in Frieden auf die Straße gehen können, ohne von unseren Feinden in die Luft gejagt zu werden. Dieser Hohlkopf Flynn mit seinen italienischen Anarchisten! Die Russen waren es, verflucht nochmal, und wenn wir das beweisen können, erklären wir ihnen den Krieg. Deswegen brauche ich Sie, Littlemore. Wenn Sie Houston Beweise – stichhaltige Beweise – für die Schuld der Russen vorlegen, wissen Sie, was er dann tun wird? Nichts. Totschweigen wird er sie. Weihen Sie
mich einfach ein, wenn Sie Beweise finden. Mehr verlange ich nicht. Sind Sie dazu bereit?«
    Littlemore hatte noch nicht geantwortet, als es an der Haupttür zum Büro des Senators klopfte. Eine gehetzte Sekretärin trat ein, dicht gefolgt von einem tadellos gekleideten Herrn. »Verzeihung, Mr. Senator. Ich habe ihm gesagt, dass Sie beschäftigt sind.« Mehr konnte die Frau nicht vorbringen, ehe sich der Mann, der bis auf ein drahtiges Haarbüschel über jedem Ohr völlig kahl war, dreist und unbeholfen nach vorn drängte.
    Es war Mr. Arnold Brighton, der Eigentümer von Fabriken, Ölquellen und Bergwerken, der fünfundzwanzigtausend Dollar für den Marie-Curie-Radiumfonds gespendet hatte.
    »Meine Leute sollen aus Mexiko verjagt werden«, rief er, ohne sich vorzustellen. »Das sind alles Amerikaner, Fall. Sie sind in Gefahr.«
    »Zu spät, Brighton«, antwortete der Senator. »Lassen Sie sich einen Termin geben. Stellen Sie sich hinten an.«
    »Ich wollte mir ja einen Termin geben lassen.« Brighton klang tief gekränkt. »Aber da hieß es nur, dass Sie beschäftigt sind.«
    »Und ich bin beschäftigt«, rief Fall.

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