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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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bekommen?«
    »Gestern Morgen, am Fünfzehnten. Ich hätte nie gedacht, dass da was dran sein könnte.«
    »Wer ist Ed?«
    »Edwin Fischer«, antwortete Ketledge. »Ein alter Freund. Arbeitet in der französischen Kommission.«
    »Was ist das?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Die Adresse ist 65 Broadway, einen Block von meinem Büro entfernt. Hab ich mir was zuschulden kommen lassen?«
    »Nein«, antwortete Littlemore. »Aber Sie bleiben erst mal und machen eine vollständige Aussage vor den Beamten hier. Jungs, ich schau mal schnell zum Broadway 65. Sagen Sie, Ketledge, sprechen die Englisch in der französischen Kommission?«
    Der Mann blies die Backen auf. »Da bin ich wirklich überfragt.«
     
    N ach mehreren Stunden meldete Colette, dass sie fast kein Verbandszeug mehr hatten. »Das Desinfektionsmittel geht auch aus. Ich muss zur Apotheke.«
    »Aber Sie kennen doch gar nicht den Weg«, erwiderte Younger.
    »Wir sind nicht mehr im Schützengraben, Stratham. Ich kann fragen . Ich muss sowieso nach einem Telefon suchen, um Luc anzurufen. Er macht sich bestimmt Sorgen.«
    »Na schön, nehmen Sie meine Brieftasche.«
    Sie küsste ihn auf die Wange, zögerte dann jedoch. »Erinnern Sie sich noch, was Sie gesagt haben?«
    »Ja. Dass in Amerika kein Krieg herrscht.«
    Am Fuß der Treppe stieß sie auf Littlemore. Der Detective
rief zu Younger hinauf: »Kann ich mir die Miss mal für eine halbe Stunde ausborgen, Doc?«
    »Sicher. Aber kommen Sie vorher noch kurz rauf.« Younger beugte sich über einen Patienten.
    »Was ist denn?« Der Detective stieg die Stufen hoch.
    »Ich glaube, ich hab was gesehen, Littlemore.« Der Arzt arbeitete konzentriert weiter. »Schwester, meine Stirn.«
    Als ihn die Krankenschwester abgewischt hatte, war das Tuch feucht und rot.
    »Ist das Ihr Blut, Doc?«, fragte Littlemore.
    »Nein«, log Younger. Anscheinend hatte ihn ein Metallsplitter gestreift. »Es war gleich nach der Explosion. Irgendwas ... hat da nicht gestimmt.«
    »Was?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, es ist wichtig.«
    Littlemore wartete darauf, dass sich Younger näher äußerte, aber der Arzt schwieg. »Wirklich hilfreich, Doc. Weiter so.«
    Kopfschüttelnd trottete der Detective die Treppe hinunter und verschwand mit Colette. Auch Younger schüttelte den Kopf, aber aus einem anderen Grund. Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm etwas Wichtiges entfallen war. Er konnte es fast greifen, bevor es am Rand seines Gedächtnisses im Nebel versank: eine Tafel — eine Tafel? — und jemand, der etwas darauf schrieb, aber nicht mit Kreide. Sondern mit ... einem Gewehr?
    »Sollten Sie nicht mal Pause machen, Doctor?«, fragte die Krankenschwester. »Seit Sie angefangen haben, haben Sie nicht mal einen Schluck Wasser getrunken.«
    »Wenn Wasser übrig ist«, antwortete Younger, »dann können Sie damit den Boden hier saubermachen.«

    Die Glocken der Trinity Church hatten bereits sieben geschlagen, als Younger endlich fertig war. Die Verletzten und Toten waren genauso verschwunden wie die Krankenschwester und der kleine graue Terrier.
    Es war ein unpassend heiterer Sommerabend. Noch immer sammelten einige Polizisten Schutt ein und deponierten ihn in nummerierten Segeltuchbeuteln, aber die Wall Street war fast leer. Littlemore näherte sich, staubbedeckt. Youngers Hemd und Hose waren durchnässt und verkrustet mit braunem Blut. Er klopfte seine Taschen nach Zigaretten ab, dann fasste er sich über dem rechten Ohr an den Kopf. Seine Fingerspitzen waren rot.
    »Sie sehen nicht gerade munter aus.« Littlemore spähte durch die Tür.
    »Mir geht’s gut«, erwiderte Younger. »Und wahrscheinlich würde es mir noch besser gehen, wenn Sie mir nicht meine medizinische Assistentin weggenommen hätten. Sie haben doch gesagt, Sie brauchen sie nur eine halbe Stunde.«
    »Colette? Länger war es auch nicht.«
    »Was?«
    »Ich hab sie nach einer halben Stunde zurückgebracht. Sie wollte in eine Apotheke.«
    Beide schwiegen.
    »Wo ist hier ein Telefon?«, fragte Younger. »Ich probier’s im Hotel.«
    Von der Börse aus rief Younger im Commodore Hotel an. Miss Rousseau, so erfuhr er, war seit dem frühen Morgen nicht zurückgekehrt. Er bat darum, zu ihrem Zimmer durchgestellt zu werden, damit er mit ihrem Bruder sprechen konnte.

    »Tut mir leid, Dr. Younger«, erwiderte der Rezeptionist, »aber er ist auch noch nicht zurück.«
    »Der Junge ist ausgegangen? Allein? «
    »Allein?« Die Stimme des Rezeptionisten klang seltsam.
    »Ja.

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