Todesjagd
vor ein paar Stunden, als er sich schlafen gelegt hatte. Er schloss die Augen und überlegte, wie er Jenny dazu bewegen konnte, ihre Mission aufzugeben und sich irgendwo in Sicherheit
zu bringen. Bei ihrem letzten Treffen hatte sie ihm nur allzu deutlich zu verstehen gegeben, dass er sie auch persönlich nicht überreden konnte, mit ihm zu kommen.
»Ich denke, ich weiß vielleicht, was wir tun können«, sagte Orlando.
Quinn schlug die Augen auf und sah sie an.
»Wir wissen, dass sie sich für den Kongressabgeordneten Guerrero interessiert, und wenn sie die Chance bekommt, wird sie versuchen, Verbindung mit ihm aufzunehmen.«
»Warum sollte sie das tun?«, fragte Nate. »Er versucht sie umzubringen.«
»Das glaubt sie aber nicht«, entgegnete Quinn. »Sie hat mir gesagt, sie müsse ihn warnen. Sie würde niemanden warnen wollen, von dem sie denkt, dass er sie töten will.«
»Richtig«, sagte Orlando. »Und da habe ich mir gedacht, wir könnten das zu unserem Vorteil nutzen.« Sie blickte auf den Computer und klickte eine geöffnete Datei an. »Ich habe hier eine Kopie von Guerreros Reiseroute. Die meiste Zeit wird er mit privaten Treffen verbringen. Aber er hat auch ein paar öffentliche Auftritte. Morgen Nachmittag soll er einen Straßenhändlermarkt besuchen - die Singapur-Version einer Fressmeile in einem Einkaufszentrum - und dann einige Zeit mit Einkäufen verbringen, ehe er am Abend in die Staaten zurückkehrt. Für heute Abend aber ist ein Empfang des amerikanischen Kongress-Ausschusses in einem Restaurant namens Rivera auf der Orchard Road vorgesehen. Eigentlich ist die Veranstaltung nicht öffentlich, aber das Restaurant ist in einem Einkaufszentrum.«
»Da kommt man leicht hinein«, sagte Quinn, der zu begreifen begann, worauf sie abzielte.
Sie nickte.
»Ich habe gedacht, du könntest über das Internetforum
vom Sandy Side Kontakt mit Jenny aufnehmen und ihr von dem Empfang erzählen. Ihr vielleicht sogar mitteilen, dass der Kongressabgeordnete dort sein wird.«
»Widerspricht das nicht unserem ursprünglichen Plan?«, fragte Nate. »Ich dachte, wir wollten sie von Guerrero fernhalten.«
»Er ist nur der Köder«, erklärte ihm Orlando. »Wir wollen sie aus ihrem Versteck locken. Wir greifen sie uns, bevor sie die Gelegenheit hat, sich Guerrero zu nähern.«
»Klingt riskant«, sagte Nate.
»Hast du eine bessere Idee?«, fragte Quinn.
Quinn und Orlando sahen Nate abwartend an.
»Nein«, sagte Nate schließlich.
Das Rivera war in einem neuen, noblen Einkaufszentrum auf der Orchard Road. Es lag in einem Atrium in der ersten Etage und nahm den größten Teil der Ostseite des Gebäudes ein. Zweifellos eine Eins-a-Lage.
In Los Angeles wäre das Rivera eines jener Restaurants gewesen, in denen Berühmtheiten verkehrten, um gesehen zu werden. Vornehm, teuer, ein Schickimicki-Lokal eben. Wahrscheinlich wäre es bereits nach einem Jahr out und von der Bildfläche verschwunden gewesen, da bereits neuere und noch schickere Lokale eröffnet worden waren. Aber Singapur war nicht L. A., und hier hatte das Rivera eine faire Chance, zu überleben.
Quinn und Nate trugen dunkle Anzüge, unter denen sie ihre Waffen gut verbergen konnten und die ihnen, falls nötig, die Gelegenheit gaben, sich beim Empfang unter die Menge zu mischen.
Sie kamen früh im Restaurant an. Während sie sich ein verspätetes Mittagessen gönnten, sahen sie sich ein bisschen um.
Zuvor hatte ihnen der Kellner freundlich, aber nachdrücklich mitgeteilt, dass das Restaurant in einer Stunde schließen werde. Ohne dass er es direkt sagte, war klar, was er meinte: Falls ihr bis dahin mit dem Essen nicht fertig seid, habt ihr Pech gehabt.
Gleich neben dem Eingang war eine Bar und rechts davon der Speisebereich. Hinter dem Speiseraum lagen die Küche und die Toiletten. Das einzig Auffällige an dem Restaurant war das dunkle, warme Dekor.
Quinn hoffte, Jenny schon vor dem Restaurant abfangen zu können. Wenn sie es schaffte, hineinzukommen - und der Kongressabgeordnete würde zweifellos seine Männer dabeihaben - konnte es schwierig werden. Und das wollte Quinn auf jeden Fall verhindern. Gut vorbereitet zu sein gehörte zu seinem Job. Daher musste er sich vorher mit der Umgebung vertraut machen.
Bald nachdem ihr Essen gebracht worden war, betraten zwei Frauen und ein Mann das Restaurant. Der Mann trug einen grauen Straßenanzug, die beiden Frauen die passende Abendgarderobe. In einer Hand hatte der Mann ein Klemmbrett und in der
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