Todesjagd
Kleidungsstücke, unordentlich vor das Bett geworfen. Dann schaute er auf einen Stuhl in der Nähe der Badezimmertür. Dort lag, ordentlich gefaltet, die Kleidung der Frau. »Sie hat sich Zeit gelassen.«
»Wie wurden sie getötet?«
»Sie wurden erstickt«, sagte Quinn, ohne zu zögern.
»Bist du sicher?«
Quinn schaute noch einmal hin. Er konnte keine Wunden entdecken, und es war zweifelhaft, dass die Decke etwas verbarg, was das Leben beendet hatte. Und wenn sie etwas verborgen hätte, hätte er erwartet, dass Blut durch die Decke sickerte, sie befleckte. Aber es waren keine Flecken zu sehen. Und besonders auffällig war das Fehlen des durchdringenden Geruchs von Blut.
»Absolut.«
»Es hat kein Kampf stattgefunden?«
»Sie waren betäubt«, sagte Quinn. »Irgendeine Partydroge. Etwas, das leicht zu bekommen ist. Wären sie entdeckt worden, bevor wir hier gewesen wären, hätte es nach einer zufälligen Überdosis ausgesehen.«
»Warum sie also ersticken?«, fragte Durrie.
»Wer immer sie tötete, wollte keine Visitenkarte hinterlassen.
« Er sprach über eine Kugel, doch das brauchte er Durrie nicht zu erklären.
Quinns Mentor nickte vor sich hin.
»In Ordnung, du bist ein kluger Junge. Sag mir, wie.«
Quinn sah sich wieder im Zimmer um, nicht um zu überprüfen, ob er etwas übersehen hatte, sondern um sich zu vergewissern, dass seine Gedanken in die richtige Richtung gingen.
»Ich würde sagen, dass der Mörder das Kissen dort benutzte.« Er zeigte auf ein Kissen, das auf einer Truhe unter dem Fenster lag. »Es ist praktisch und nicht da, wo es hingehört.«
»Tatsächlich? Wo sollte es denn sein?«
»Es gehört aufs Bett, wenn niemand darin liegt. Auf dem Boden bei den Sachen des Mannes liegen noch drei andere. Das vierte sollte auch dort sein. Die Mörder waren schlampig.«
»War es denn mehr als einer?«, fragte Durrie.
»Wäre es nur einer gewesen, hätte er sie erschossen, gezielt zwischen die Augen, und er hätte sich einen Teufel um die Kugeln gekümmert. Er hätte ein Opfer nicht ersticken können, ohne befürchten zu müssen, dass das andere sich wehren würde. Demnach müssen es zwei gewesen sein. Für jedes Opfer einer.«
Durrie schwieg einen Moment und starrte in den Raum hinein. Endlich wandte er sich Quinn zu.
»Richtig«, sagte er, als habe er Quinns Antworten erwartet. »Dann wollen wir aufräumen.«
Wie sich herausstellte, war das der letzte Auftrag, den Quinn als Durries Schüler durchführte. Er war eben sechsundzwanzig geworden und hatte seine vierjährige Lehrzeit beendet. Und obwohl sie die nächsten Projekte gemeinsam bearbeiteten, waren sie Kollegen und nicht mehr Lehrer und Schüler. Quinn verdiente das Gleiche wie Durrie.
Es war Ironie des Schicksals, dass Quinn das Wertvollste
über seinen Job nach seiner Ausbildung lernte. Ein- oder zweimal war Durrie gezwungen gewesen, durch eine unzureichende Hilfskraft ihr Team zu ergänzen. Eine Schlamperei hatte einen Mann das Leben gekostet, und bei einem anderen Job waren Quinn und Durrie wegen der Inkompetenz eines Mannes beinahe verhaftet worden.
»Es sind die Menschen, mit denen du dich umgibst, die dich entweder gut oder schlecht aussehen lassen«, hatte Durrie gesagt, als sie nach der Beinahe-Verhaftung noch ein Glas miteinander tranken. »Wenn unser Klient erfährt, was heute passiert ist, bekomme ich vielleicht monatelang keine Arbeit. Vergiss das nie, Johnny.«
Quinn beherzigte es. Deshalb arbeitete er so gern mit Orlando. Er war überzeugt, dass es in der Branche kaum jemand Besseres gab, wenn es um die Spezialgebiete Informationsbeschaffung und Technologie ging. Aber es waren nicht nur die Bereiche, in denen sie ausgebildet war, die sie so wertvoll machten. Ihr scharfer Verstand erfasste auch alle anderen Aspekte, wenn sie bei einem Auftrag zusammenarbeiteten. Quinn ertappte sich oft dabei, dass er ihr Dinge überließ, nur um zu sehen, wie sie sie anpackte. Er vertraute ihr blind, etwas, das er von keinem anderen sagen konnte. Nate vielleicht, eines Tages. Aber er war noch weit entfernt davon.
Wenn ein Job mehr Personen als sie drei erforderte, heuerte Quinn nur Leute an, von denen er wusste, sie würden es richtig machen und, wenn nötig, auch improvisieren. Wenn er das Team nicht zusammenbekam, das er sich vorstellte, lehnte er das Projekt ab. Deshalb hatte er auch das hohe Niveau erreicht - ein viel höheres Niveau, als Durrie jemals gehabt hatte. Seine Klienten wussten, dass er nur hohe Qualität
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