Todesjagd
Bierdosen und stießen an.
»Wenn man gute Arbeit will, muss man dafür bezahlen«, sagte Quinn und trank einen Schluck.
»Verdammt richtig«, sagte Ne Win.
Quinn lachte. Das war eine Redewendung, die er ihm beigebracht hatte.
Jetzt hob Ne Win die Dose an die Lippen und nahm einen tüchtigen Schluck. »Will Ihr Freund auch ein Bier?«, sagte er und nickte Nate zu.
»Ihm geht’s gut«, sagte Quinn.
»Vielleicht habe ich die Näherin das Kleid ein oder zwei Zentimeter zu klein machen lassen. Habe ihr gesagt, sie muss zugenommen haben, seit ich abgemessen habe.«
»So was machen Sie, nicht wahr?«, fragte Quinn.
»Hölle, ja. Auch schon früher. Sehr lustig.«
Sie tranken beide noch einen Schluck.
»Wie geht das Geschäft?«, fragte Quinn.
Ne Win zuckte mit den Schultern.
»Alle hier wollen immer Kleider. Manche eben wollen nicht Preis bezahlen wie in großem Kaufhaus. Meine Kleider sowieso schöner.«
»Das habe ich gehört.«
»Von wem haben Sie das gehört?«
»Nun ja … eigentlich von Ihnen.«
Ne Win gab ein gekünsteltes Lachen von sich und hob wieder die Dose an den Mund.
»Ich brauche ein paar Sachen«, sagte Quinn.
Ne Win hielt noch immer die Dose an die Lippen und trank, seine Miene war unverändert. Außer seinen Augen. Sie schienen den ganzen Raum zu überblicken, ehe sie sich auf Quinn konzentrierten. Er ließ das Bier sinken, schüttelte dann kaum merklich den Kopf, erst in die eine, dann in die andere Richtung.
»Ich nähe keine Männerhemden mehr«, sagte Ne Win mit unveränderter Stimme. »Aber ich habe Freund. Sehr gut.«
»Das wäre großartig«, erwiderte Quinn. »Ist er hier im Haus?«
»Nein, nein. Weiter die Straße runter.« Ne Win stellte die Dose auf die Kühlbox und wandte sich Quinn zu. »Ich zeige es Ihnen. Okay?«
»Was ist mit dem Laden?«
»Meine Tochter passt auf. Sie arbeitet nebenan.«
Ne Win schwieg, bis sie auf dem Gehsteig die Orchard Road westwärts entlanggingen.
»Irgendwo lauscht immer jemand, wissen Sie«, sagte Ne Win leise. »Weiß nie, ob jemand Wanze in meinem Laden versteckt.«
»Durchsuchen Sie ihn nicht?«, fragte Nate.
Ne Win kniff die Augen zusammen, musterte Nate von Kopf bis Fuß.
»Dumme Frage.«
»Das ist Nate«, sagte Quinn. »Mein Assistent.«
»Ah, das erklärt alles. Nun, Mr. Assistent. Suche ich nach Wanzen? Selbstverständlich. Glauben Sie, ich bin dumm? Jeden Morgen. Jeden Abend. Ich finde immer welche. Ein paarmal in der Woche.«
»Wer bringt sie dort an?«, fragte Nate. »Die Polizei?«
Ne Win schnaubte verächtlich.
»Polizei fasst mich nicht an.«
Nate sah verwirrt aus.
»Konkurrenz. Junge Kerle, Sie wissen schon. Arbeiten von Geylang aus. Möchten herausfinden, wer meine Klienten sind.«
»Warum stoppen Sie sie nicht einfach?«, fragte Nate.
»Genug gefragt«, sagte Quinn.
Der alte Mann lächelte.
»Eines Tages, wenn es mich langweilt, werde ich mich darum kümmern.«
Es war egal, welcher Tag es war, Hauptsache, die Geschäfte waren geöffnet. Die Orchard war gerammelt voll. Wie meist in Singapur tummelte sich dort eine bunte Menschenmenge - Chinesen, Weiße, Malaien, Inder und alle möglichen Kombinationen dazwischen. Und das waren nur die Bewohner. Es gab auch Touristen - Europäer, Japaner, Australier und ein paar Amerikaner -, alle genossen ein wenig Asien light.
Sie kamen an zwei Frauen mit Kinderwagen vorbei und blieben dann an einer Ecke stehen, um zu warten, bis die Ampel auf Grün wechselte.
»Das Übliche?«, fragte Ne Win.
»Für den Anfang«, sagte Quinn, der alte Mann wusste, welche Waffen er bevorzugte.
»Dann etwas für ihn?« Ne Win warf Nate einen raschen Blick zu. »Sie sind sicher, Sie können ihm mit einer Waffe vertrauen?«
Quinn lächelte.
»Er ist in Ordnung«, sagte er. »Ich brauche noch ein paar andere Dinge.« Er nahm eine Liste aus der Tasche und reichte sie dem alten Mann.
Ne Win überflog sie und nickte dann.
»Kein Problem.«
Die Ampel sprang um, und sie gingen über die Straße.
»Es gibt noch etwas«, sagte Quinn und kam zu dem anderen Grund seines Besuchs.
Quinns Lieferant straffte sich. Kaum merklich, aber Quinn hatte es gemerkt.
»Was denn?«, fragte Ne Win.
»Ich suche jemanden.«
»Viel Glück. Singapur ist große Stadt.«
Quinn machte eine kurze Pause.
»Jemanden, den Sie kennen.«
»Ich kenne viele Leute.«
Quinn sah den alten Mann an.
»Es ist Steven Markoff.«
Ne Win lächelte einer Frau zu, die vorüberging, sagte aber nichts.
»Haben Sie ihn
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