Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
Sir.«
»Wollen Sie die erste oder die zweite Fähre nehmen?«
»Ich nehme die zweite.«
Er nickt. »Kennt irgendjemand die Wettervorhersage?«
Hokke ruft gerade bei P & O an, um zu erreichen, dass die Passagier-Gates noch ein wenig länger geöffnet bleiben. Offiziell schließen sie in einer Viertelstunde, was wir auf keinen Fall schaffen werden.
Unsere Vermutungen basieren auf zwei Prozent Detailwissen und achtundneunzig Prozent Wunschdenken. Selbst wenn Samira an Bord einer der Fähren ist, wird sie sich nicht unter die anderen Passagiere mischen. Man wird sie versteckt halten. Wie sollen wir sie finden?
Mein Herz brennt, wenn ich an sie denke. Ich habe ihr Versprechungen gemacht. Ich habe gesagt, ich würde Zala finden und auf sie aufpassen. Wie soll ich ihr das erklären?
De Souza hat mich gefragt, ob ich die Babys für mich will. Was für eine lächerliche Andeutung! Warum hat er das gesagt? Ich tue das hier für Cate und Samira. Für die Zwillinge.
Die Docks sind kilometerlang erleuchtet. Kräne und Kranbrücken fungieren als riesige Lichtmasten, die Schiffsrümpfe und Reihen gestapelter Container beleuchten. Das Wasser dazwischen wirkt massiv und dunkel, die Wellen wie Falten in einem zähen Strom.
Das Taxi hält vor dem P & O-Terminal. Ruiz ist schon halb ausgestiegen, bevor wir gehalten haben. Eine Woche quälender Schmerzen und voller Morphium kann ihn nicht bremsen.
»Viel Glück«, ruft er, ohne sich umzudrehen. »Ich finde sie als Erster.«
»Ja, klar. Sie werden die ganze Zeit kotzend über der Reling hängen.«
Er hebt seine Hand und streckt einen Finger aus.
Der Terminal der Stena Line liegt am westlichen Ende des Hafens, wo das Hoek van Holland in die Nordsee hinausragt. Das Taxi setzt mich ab, und ich verabschiede mich von Hokke.
»Das kann ich Ihnen nie zurückzahlen.«
»Und ob«, sagt er lachend und zeigt auf die Taxiuhr.
Ich gebe ihm alle Euro, die ich noch bei mir habe, weil er ja auch irgendwie wieder nach Hause kommen muss.
Er küsst mich drei Mal – linke Wange, rechte Wange und noch einmal die linke.
»Seien Sie vorsichtig.«
»Bin ich.«
Ich habe noch eine Stunde Zeit, bis die Stena Britannica ausläuft. Das Schiff überragt die Skyline und alle Gebäude der Umgebung. Es ist so lang wie zwei Fußballfelder und so hoch wie ein fünfzehnstöckiges Gebäude und hat zwei Schornsteine, die Geschwindigkeit suggerieren, ohne völlig zu überzeugen.
Möwen kreisen und jagen die Insekten im Licht der Scheinwerfer. In der Luft wirken sie so elegant, aber am Boden keifen sie wie Fischweiber. Und sie klingen unendlich traurig wie Geschöpfe, die in die Hölle verdammt worden sind.
Viele LKW und Wohnwagen sind schon an Bord. Ich sehe sie aufgereiht auf dem offenen Deck stehen, jeweils einen Meter voneinander entfernt, fest an der Heckreling verkeilt. Weitere LKW stehen auf der Laderampe Schlange. PKW und Vans werden zu einem anderen Parkplatz dirigiert, wo sie warten, bis sie auf das Schiff gelotst werden.
Die junge Frau an dem Ticket-Schalter trägt einen hellblauen Rock und eine passende Jacke wie eine Art maritime Stewardess. »Tragen Sie hier bitte die Angaben zu Ihrem Fahrzeug ein«, sagt sie.
»Ich habe kein Fahrzeug.«
»Es tut mir leid, aber für diese Fähre gibt es keine Fußgängerbrücke, sodass wir nur Passagiere mit Fahrzeug transportieren können.«
»Aber ich muss diese Fähre nehmen.«
»Das ist unmöglich.« Sie blickt über meine Schulter. »Vielleicht …?«
Ein älteres Paar ist in einem alten Range Rover vorgefahren, an dem ein altmodischer Wohnwagen hängt, der aussieht wie eine Cinderella-Kutsche. Der Mann hat eine Glatze und ein kleines Ziegenbärtchen, was jedoch auch einer nachlässigen Rasur geschuldet sein könnte. Seine Frau ist doppelt so breit wie er und trägt meterweise Jeans auf den Hüften. Sie sehen aus wie Waliser und klingen auch so.
»Was ist, Schätzchen?«, fragt sie, als ich sie bei einer Tasse Tee aus ihrer Thermoskanne störe.
»Man will mich als Fußgänger nicht an Bord dieser Fähre lassen. Ich muss aber dringend zurück nach England. Vielleicht könnten Sie mich mitnehmen?«
Der Mann sieht seine Frau an.
»Sind Sie eine Terroristin? «, fragt er.
» Nein.«
»Schmuggeln Sie Drogen?«
» Nein.«
»Wählen Sie konservativ?«
» Nein.«
»Sind Sie katholisch?«
» Nein.«
Er zwinkert seiner Frau zu. »In allen Punkten sauber.«
»Willkommen an Bord«, verkündet sie und streckt mir ihre Hand entgegen. »Ich bin
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