Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
gefallen und vom Erdboden verschwunden. Wir wissen jetzt, wie er von der Fähre gekommen ist. Eine Sicherheitskamera auf Deck drei hat einen Mann mit Helm und Reflektorweste erfasst, der nicht als Mitglied der Mannschaft identifiziert werden konnte. Sein Gesicht war auf den Aufnahmen nicht klar zu erkennen, aber er hatte einen Tragekorb für Haustiere bei sich. In dem quadratischen grauen Plastikcontainer sollten sich eigentlich zwei Siamkatzen befinden, die jedoch später in einem Treppenschacht entdeckt wurden.
Eine weitere Kamera im Zollabfertigungsbereich hat die deutlichsten Bilder des unidentifizierten Mannes aufgenommen. Im Vordergrund werden LKW mit Wärmedetektoren nach
illegalen Einwanderern durchsucht. Aber im Hintergrund sieht man am Bildrand einen kürbisförmigen Wohnwagenanhänger hinter einem alten Range Rover. Mr. und Mrs. Jones aus Cardiff packen nach der Durchsuchung durch den Zoll ihre Duty-Free-Einkäufe wieder ein. Als der Wagen samt Anhänger losfährt, sieht man auf dem Asphalt neben dem Parkplatz eine graue Transportbox für Haustiere stehen.
Das walisische Paar wurde am Sonntag kurz nach Mittag auf der M4 östlich von Reading angehalten. Der Wohnwagen war leer, aber Pearls Fingerabdrücke wurden auf der Tischplatte und an der Aluminiumtür sichergestellt. Das Paar hatte an einer Autobahntankstelle an der M25 getankt. Ein Kassierer erinnerte sich daran, dass Pearl Fläschchen und Babynahrung gekauft hatte. Kurz darauf, um 10.42 Uhr wurde von dem angrenzenden Parkplatz ein Fahrzeug als gestohlen gemeldet, das bisher noch unauffindbar war.
Forbes leitet die Ermittlung, unterstützt von Spijker in Amsterdam, und die beiden beißen sich an dem Fall die Zähne aus. Sie vergleichen die Namen von den Listen der Fertilisationsklinik mit Unterlagen der britischen Einwanderungsbehörden.
Im Fall der entführten Zwillinge wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Das hat DI Forbes entschieden. Gestohlene Kinder verursachen dramatische Schlagzeilen, und er möchte Panik vermeiden. Vor einem Jahr wurde ein neugeborener Säugling aus einem Krankenhaus in Harrogate entführt, und in den ersten beiden Tagen meldeten sich 1200 Leute, die das Baby angeblich gesehen hatten. Mütter wurden auf offener Straße attackiert und wie Kidnapper behandelt. Es gab sinnlose Hausdurchsuchungen. Unschuldige Familien mussten leiden.
Die einzige öffentliche Erklärung betrifft Pearl, für den ein Haftbefehl erlassen wurde. Ein weiterer. Ich habe wieder angefangen, eine Waffe zu tragen. So lange er da draußen herumläuft, werde ich sie immer bei mir haben. Ich will Samira nicht noch einmal verlieren.
Seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus am Mittwoch wohnt sie bei mir. Hari hat das Gästezimmer geräumt und schläft auf der Couch im Wohnzimmer. Er scheint recht angetan zu sein von unserer neuen Mitbewohnerin. Er trägt neuerdings auch im Haus ein Hemd, weil er spürt, dass sie die Zurschaustellung seines nackten Oberkörpers missbilligt.
Mich erwartet ein Disziplinarverfahren. Pflichtvernachlässigung, vorsätzliche Falschaussage und Amtsmissbrauch sind nur drei der mir zur Last gelegten Verfehlungen. Dabei ist mein Nichterscheinen zum Dienstantritt in Hendon noch meine geringste Sorge. Barnaby Elliot hat Anzeige wegen Belästigung und Brandstiftung erstattet. Die Ermittlung wird von der Unabhängigen Polizei-Beschwerde-Kommission geleitet. Bis zum Beweis des Gegenteils gelte ich als schuldig.
Ein Stück den Flur hinunter rauscht die Toilettenspülung. Das Licht wird ausgeschaltet. Ein paar Minuten später folgen das Summen einer Maschine und das rhythmische Saugen der Brustpumpe. Samiras Milch ist eingeschossen, und sie muss sie alle sechs Stunden abpumpen. Das Geräusch der Pumpe ist eigenartig einschläfernd. Ich mache die Augen wieder zu.
Sie hat kein Wort über die Zwillinge gesagt. Ich frage mich die ganze Zeit, wann sie zusammenbrechen wird, ein Schatten ihrer selbst. Sogar als sie im Leichenschauhaus von Westminster ihren Bruder Hasan identifizierte, hat sie nichts herausgelassen.
»Man darf ruhig weinen«, erklärte ich ihr.
»Dafür hat Allah uns Tränen gegeben«, antwortete sie.
»Du glaubst, Gott hätte in all dem eine Rolle gespielt?«
»Er hätte mir dieses Leiden nicht aufgebürdet, wenn er nicht glauben würde, dass ich sie ertragen kann.«
Wie kann sie so abgeklärt, so duldsam sein? Glaubt sie wirklich, dass das Ganze Teil eines grandiosen Plans sein könnte oder dass Allah sie so grausam
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