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Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Titel: Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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sonst irgendeiner Weise verstümmelt. Hasan hatte Brandnarben an den Armen.
    »Es muss eine gefährliche Arbeit gewesen sein.«
    Samira hält ihre Hände hoch und präsentiert ihre Finger. »Ich bin eine von denen, die Glück hatten.« Sie klingt fast enttäuscht. »Mein Vater hat bei der Explosion eines Sprengkörpers beide Daumen verloren, mein Onkel Yusuf seinen rechten Arm und seine Frau ihren linken. Sie haben sich gegenseitig beim Kochen, Nähen und Autofahren geholfen. Meine Tante hat geschaltet, und mein Onkel hat gelenkt. Fahad, der ältere Bruder meines Vaters, hat bei einer Vorführung seine Finger verloren. Davor war er ein sehr guter Spieler, aber nachdem er die Karten nicht mehr mischen konnte, verlor er meistens.
    Meinen Großvater habe ich nie kennen gelernt. Er kam vor meiner Geburt bei einer Explosion in der Fabrik ums Leben. Mit ihm starben zwölf weitere Menschen, darunter zwei seiner Brüder. Mein Vater hat gesagt, das wäre ein Opfer gewesen,
das nur unsere Familie bringen konnte. Eine Hand reicht für die Sünde, sagte er, und eine für die Erlösung.«
    Sie blickt auf das dunkle Rechteck des Fensters. »Das war unsere Berufung – wir haben am Himmel gemalt. Mein Vater glaubte, eines Tages würde unsere Familie eine Rakete bauen, die den Weg in den Himmel erleuchtete. Bis dahin wollten wir Raketen machen, die den Blick Allahs auf sich lenkten, in der Hoffnung, dass er unsere Familie mit Glück und Gesundheit segnen würde.« Sie hält inne und sinnt der Ironie dieser Worte nach. Vollkommen still sitzt sie über den Tisch gebeugt, fest und doch zerbrechlich, und ihr Starren scheint tief aus ihren Augenhöhlen zu kommen.
    »Was ist mit der Fabrik passiert?«
    »Die Taliban haben sie geschlossen. Feuerwerk wäre Sünde, haben sie behauptet. Bei ihrer Machtübernahme haben die Leute gefeiert, weil sie dachten, die Taliban würden die Warlords aufhalten und die Korruption beenden. Es gab auch Veränderungen, aber nicht zum Guten. Mädchen durften nicht zur Schule gehen. Fensterscheiben wurden angestrichen, damit man die Frauen dahinter nicht sehen konnte. Es gab keine Musik, kein Fernsehen und keine Videos, keine Kartenspiele und keine Flugdrachen. Ich war zehn Jahre alt und wurde gezwungen, eine Burka zu tragen. Ich durfte nichts bei männlichen Ladenbesitzern kaufen. Ich durfte nicht mit Männern reden und nicht in der Öffentlichkeit lachen. Frauen mussten einfach sein. Unsichtbar. Unwissend. Meine Mutter hat uns heimlich unterrichtet. Wir haben jeden Abend die Bücher versteckt und die Hausaufgaben vernichtet.
    Männer mit Bart und schwarzem Turban patrouillierten durch die Straßen und lauschten nach Musik oder Videos. Sie schlugen die Leute mit nassen Peitschen und Ketten. Manche wurden abgeholt und kamen nicht zurück.
    Mein Vater brachte uns nach Pakistan. Wir lebten in einem Lager. Dort starb meine Mutter, und mein Vater gab sich die
Schuld daran. Eines Tages verkündete er, dass wir heimkehren würden. Er sagte, er würde lieber in Kabul verhungern, als wie ein Bettler zu leben.«
    Sie verstummt und rutscht auf ihrem Stuhl hin und her. Der Kühlschrank springt mit einem leisen Klirren an, und ich spüre, wie der gleiche Schauder auch durch meinen Körper fährt.
    »Die Amerikaner haben Flugblätter abgeworfen, auf denen stand, dass sie uns befreien würden, aber es war niemand mehr da, von dem sie uns befreien konnten. Trotzdem jubelten wir, weil die Taliban wie verängstigte Hunde geflüchtet waren. Aber die Nordallianz war auch nicht viel anders. Wir hatten gelernt, ohne große Erwartungen zu leben. In Afghanistan schlafen wir auf Dornen und nicht auf Blüten.«
    Die Anstrengung der Erinnerung hat sie schläfrig gemacht. Ich spüle die Becher aus und folge ihr nach oben. An meiner Tür bleibt sie stehen und will mich etwas fragen.
    »Ich bin nicht an die Stille gewöhnt.«
    »Du findest London still?«
    Sie zögert. »Kann ich in deinem Zimmer schlafen?«
    »Ist irgendwas mit deinem Zimmer nicht in Ordnung? Ist das Bett unbequem?«
    »Nein.«
    »Hast du Angst?«
    »Nein.«
    »In dem Waisenhaus haben wir alle in einem Raum auf dem Boden geschlafen. Ich bin es nicht gewöhnt, alleine zu schlafen. «
    Mein Herz krampft sich zusammen. »Warum hast du das nicht früher gesagt? Natürlich kannst du bei mir schlafen.«
    Sie holt ihre Decke und breitet sie neben dem Kleiderschrank auf den Boden.
    »Mein Bett ist groß genug. Da passen wir beide rein.«
    »Nein, so ist es besser.«

    Sie rollt

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