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Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Titel: Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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glitschig, aber ich renne, als ob mein
Leben davon abhinge. Ich sage mir, dass ich die Kurve eng, ganz eng nehmen muss, um dann auf der Geraden den Spurt anzuziehen. Meine Beine und meine Lunge brennt mit jedem Schritt, aber ich fliege.
    Die zweihundert Meter waren meine klassische Distanz. Ich habe nicht die Ausdauer für die Mittelstrecke.
    Die Medienmeute ist vor mir. Samira steht abseits und tritt von einem Fuß auf den anderen wie ein ängstliches Kind. Schließlich stürzt sie sich ins Getümmel und drängt sich zwischen den Menschen hindurch. Ein Reporter sieht sie und weicht zurück. Ein anderer folgt seinem Beispiel. Weitere Leute machen Platz, weil sie eine Story wittern.
    Samiras Mantel ist offen. Sie hält etwas in der Hand, in dem sich das Licht spiegelt – einen Glaselefanten mit winzigen Spiegeln. Meinen Elefanten.
    Shawcroft ist zu beschäftigt, um sie zu bemerken. Sie schlingt von hinten ihre Arme um ihn, drückt ihre linke Faust auf sein Herz und ihren Kopf an seinen Rücken. Er versucht, sie abzuschütteln, aber sie lässt nicht los. Zwischen ihren Fingern steigt kräuselnd Rauch auf.
    Irgendjemand schreit, und die Leute gehen in Deckung. Sie sagen, es sei eine Bombe. Wie das?
    Mein Schrei geht in einer Explosion unter, die die Luft zerreißt und erschüttert. Shawcroft dreht sich langsam um und sieht mich fragend an. Das Loch in seiner Brust ist so groß wie ein Speiseteller. Ich kann direkt hineingucken.
    Samira fällt in die andere Richtung mit gespreizten Knien zu Boden. Sie schlägt mit dem Gesicht auf, weil ihr linker Arm ihren Fall nicht bremsen kann. Ihre Augen sind offen. Sie streckt ihre Hand zu mir aus. Aber da sind keine Finger. Da ist keine Hand .
    Leute rennen schreiend davon und kreischen wie die Verdammten, die Gesichter mit Glasscherben übersät.
    »Eine Terroristin«, ruft irgendjemand. »Vorsicht.«

    »Sie ist keine Terroristin«, antworte ich.
    »Es könnte weitere Bomben geben.«
    »Es gibt keine weiteren Bomben.«
    In Samiras Arm stecken Glas – und Spiegelscherben, aber ihr Gesicht und ihr Körper sind, abgeschirmt durch Shawcroft, unverletzt geblieben.
    Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es kommen sehen sollen. Seit wann hat sie es geplant? Seit Wochen, vielleicht noch länger. Sie hat meinen Elefanten vom Nachttisch genommen. Hari hat ihr unwissentlich geholfen, indem er Modellraketenmotoren voller Schwarzpulver gekauft hat. Sie muss die Zündung an ihren Unterarm geklebt haben. Deshalb wollte sie auch den Mantel nicht ausziehen. Der Elefant aus Glas und Spiegeln löste bei dem Metalldetektor keinen Alarm aus.
    Der ausgefranste Saum ihres Ärmels glimmt noch, aber sie blutet erstaunlicherweise kaum. Die Explosion scheint das Fleisch um den zerfetzten Knochen kauterisiert zu haben. Sie wendet den Kopf. »Ist er tot?«
    »Ja.«
    Sie schließt zufrieden die Augen. Zwei Sanitäter legen sie behutsam auf eine Trage. Ich versuche aufzustehen, taumele jedoch nach hinten. Ich will immer weiter fallen.
    Ich dachte, ich wüsste alles über Freundschaft und Familie, über ihr Glück und ihre schlichte Freude. Aber es gibt eine andere Seite der Hingabe, eine Seite, die Samira versteht. Sie ist schließlich die Tochter ihres Vaters.
    Eine Hand reicht für die Sünde, und eine für die Erlösung.

Epilog
    Gestern Nacht habe ich geträumt, dass ich in einem weißen Kleid heirate, nicht in einem Sari. Mein Vater stürmte den Mittelgang hinunter und hielt mir eine Strafpredigt, worauf die Hochzeitsgäste in spontanen Applaus ausbrachen, weil sie das Ganze für eine Art Unterhaltungseinlage nach Art der Sikhs hielten.
    Samira war auch da und hatte Jasper im Arm, der aufgeregt strampelte, kicherte und winkte. Hari hielt Claudia über den Kopf, damit sie etwas sehen konnte. Sie wirkte viel ernster und den Tränen nahe. Die vergoss meine Mutter natürlich eimerweise. Sie könnte gleich für zwei Länder heulen.
    Solche Träume habe ich in letzter Zeit oft. Fantasien von einem vollkommenen Leben, in dem alles perfekt zusammenpasst, wie beim Happy End einer Seifenoper. Das zeigt nur, was für eine Heulsuse ich geworden bin. Ich war nie ein Mädchen, das bei traurigen Filmen geweint hat oder beim Anblick von Babys ganz gefühlsduselig wurde. Heute muss ich mir auf die Lippe beißen, um die Tränen zurückzuhalten, und möchte bis an die Decke schweben. Ich liebe sie so sehr.
    Jasper ist immer fröhlich und lacht ohne erkennbaren Grund, während Claudia die Welt mit besorgtem Blick

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